Was die Politik tun könnte, um die Situation zu entschärfen? Jörg Garzke sieht dringenden Handlungsbedarf, was den Einstieg in den Beruf angeht. "Es würde uns sehr helfen, den Fahrlehrer als normalen Ausbildungsberuf einzurichten, dann könnten Interessierte auch gleich nach der Schule bei uns anfangen." Ein Problem: die Arbeitszeiten. "Es stimmt, wir müssen halt auch abends und am Wochenende bereitstehen, arbeiten also nicht selten dann, wenn andere frei haben. Ein Ansatz wäre: Bis maximal 20 Uhr - länger hat ein Supermarkt ja auch nicht offen."
Geänderte Voraussetzungen
Für Harald Ködel ist bei den jüngsten Reformen zumindest einiges in die richtige Richtung angeschoben worden. Dass etwa der Lkw-Schein keine Pflichtvoraussetzung mehr ist, habe den Zugang für Neulinge immerhin erleichtert. Jörg Garzke sieht das wiederum mit gemischten Gefühlen. "Da geht auch viel Wissen verloren. Ein Fahrlehrer muss nach meinem Dafürhalten alle Verkehrsteilnehmer bedienen können und demzufolge auch aus eigener Erfahrung einschätzen können, mit welchen Problemen und Herausforderungen Motorrad- und Lastwagenfahrer konfrontiert sind."
Die Kosten sind ein Faktor
Weiteres Hemmnis: die Kosten. Fahrlehrer zu werden, ist nicht billig. Darin sieht Jürgen Kopp, Vorsitzender des Landesverbands Bayerischer Fahrlehrer, ein grundlegendes Problem. Sinnvoll sei es, den Zugang zu Fördertöpfen zu erleichtern, um die finanzielle Belastung für die Anwärter zu mindern. "Am Münchner Verkehrsinstitut kostet so eine Ausbildung 11700 Euro. Immer mehr Fahrschulen übernehmen die Gebühren ganz oder teilweise."
Fördermöglichkeiten gebe es, beispielsweise das Aufstiegs-BAföG oder Bildungsgutscheine der Arbeitsagentur. Ein weiterer Anreiz, so Kopp, seien die Verdienstmöglichkeiten. Mit 200 Unterrichtseinheiten im Monat könne man auf 3600 Euro brutto kommen. Das Gehalt sei deutlich besser als vor zehn Jahren. Das kann Harald Ködel bestätigen. "Der Verdienst ist vergleichbar dem eines Handwerkers."
Und die Belastung? "Manchmal ist der Stress schon spürbar", sagt Ködel. Die Fahrschülerzahlen seien deutlich gestiegen - nicht zuletzt wegen der Zuwanderer, von denen viele den Führerschein wegen ihrer Arbeitsstelle brauchen. "Da ist vor allem bei älteren Menschen die Sprachbarriere ein Problem. Hinzu kommt: Viele stammen aus Ländern, in denen es kaum Verkehr gibt und schon gar keinen vergleichbaren mit einem Autoland wie Deutschland."
Das Verkehrsaufkommen selber habe nochmals deutlich angezogen. "Jetzt gibt es so gut wie keine Straße mehr ohne Gegenverkehr. Das muss man als Fahrschüler und -lehrer aushalten können."
"Ja, der Fahrlehrermangel ist real", bestätigt Michael Möschel. Der Geschäftsführer der Verkehrsakademie Kulmbach macht die Entwicklung an mehrerem Punkten fest. "Dass die Situation so ist, rührt insbesondere daher, dass über Jahrzehnte der Bedarf durch Bundeswehrfahrlehrer gedeckt worden ist. Das fiel weg." Zuletzt seien auch die Anforderungen an die Ausbildung eines Fahrlehrers gestiegen. "Es ist mit der einjährigen Grundausbildung nicht getan: Es gehören Schulungen dazu, Hospitanzen und mehr. Das freilich steigert wiederum die Kosten." Fahrlehrer seien zuletzt von vielen Förderungen für Weiterbildungen ausgeschlossen gewesen, sagt Möschel. "Das hat sich mittlerweile geändert, jetzt gibt es wieder Unterstützungen vergleichbar dem Meister-Bafög."
Dennoch bleibt als Problem, dass angehende Lehrer über einen Zeitraum von zwölf Monaten quasi ohne Einkommen sind. "Es sei denn, der Bewerber findet eine Fahrschule, die ihn während der Ausbildung über Wasser hält und anschließend fest einstellt." Eine Alternative sähe Möschel in der Einführung einer Berufsfachschule, "ähnlich wie in anderen Mangelberufen wie der Altenpflege". Dort findet die komplette Ausbildung statt. "Mit dem Vorteil, dass die fertigen Kräfte sofort loslegen könnten."
Dieser Vorschlag aber sei "weit weg vom politischen Willen zur realen Umsetzung", bedauert Möschel. Aber: "Wer Mobilität will, muss eine ordentliche Fahrlehrerausbildung gewährleisten." Die Akademie selber betreibt seit 1994 eine solche Ausbildungsstätte in Zella-Mehlis mit dem Einzugsbereich für Nordbayern, Thüringen und Westsachsen.jn