Der Umzug des historischen Mitropa-Speisewagens aus dem Deutschen Dampflokomotiv Museum nach Halle sorgte gestern für großes Aufsehen in Neuenmarkt.
Bereits in den frühen Morgenstunden rückte der Tross der Schmidbauer-Gruppe kurz nach 6 Uhr in der Birkenstraße an, um mit den umfangreichen Vorbereitungen für den Abtransport zu beginnen. Nicht weniger als sieben Stunden waren notwendig, um den Speisewagen, der dem Deutschen Dampflokomotiv Museum (DDM) über viele Jahre als gastronomische Einrichtung diente, mit zwei riesigen Autokränen von einem Abstellgleis auf einen Tieflader zu heben. Nach einem Zwischenstopp an der Turnhalle in Himmelkron wurde das rund 23 Meter lange und 50 Tonnen schwere Gefährt gegen 14.30 Uhr auf einen 45 Meter langen Schwertransporter umgeladen. Dann konnte die gesicherte Fahrt auf der Autobahn starten.
Ein Transport über das Schienennetz war nicht mehr möglich gewesen, da sich die Räder des Waggons nicht mehr drehten. Museumsleiter Jürgen Birk: "Den Speisewagen für die Schiene transportfähig zu machen, wäre teurer gekommen als jetzt der Umzug mit dem Schwertransport."
Der Mitrupa-Speisewagen wurde laut Museumsleiter Birk 1935 gebaut. 1976 kam er nach Neuenmarkt. Das stark renovierungsbedürftige Exponat musste dem neuen Eingangsgebäude des Dampflokmuseums weichen, doch es wird nach umfangreichen Instandsetzungsarbeiten aller Voraussicht nach Ende des Jahres wieder als Speisewagen am Bahnhof Bad Wildbad genutzt werden. Jürgen Birk: "Der Speisewagen war für den gastronomischen Betrieb nicht mehr zugelassen, und wir hätten größere Umbaumaßnahmen mit größeren Investitionen vornehmen müssen. Seit fünf, sechs Jahren stand er still und wurde auch nicht mehr genutzt."
Ein Glücksfall
Das Interesse der "Bahnhof Bad Wildbad" GbR an einem Speisewagen war für das DDM ein Glücksfall. In Neuenmarkt wäre der Speisewagen auf dem Kohlenhofgelände mehr oder weniger entsorgt worden, aber am Bahnhof Bad Wildbad wird er wieder seiner früheren Nutzung zugeführt. Museumsleiter Jürgen Birk: "Der Käufer des Bahnhofs Bad Wildbad hat einen Speisewagen gesucht, wir sind eigentlich mehr zufällig zusammengekommen. Es hat sich ein Jahr hingezogen, bis alles soweit war, weil der Käufer auch die Kosten für den Abtransport übernimmt." Und der ist mit rund 40 000 Euro nicht gerade gering. Auch die Logistik für den Abtransport war nicht einfach. Ohne Sondergenehmigung, Begleitfahrzeuge und teilweiser Polizeibegleitung wäre er gar nicht möglich gewesen. "Es war schon Einiges an Vorarbeiten notwendig. Selbst der Standplatz für die beiden Schwerlastkräne wurde eigens hergerichtet", so Birk.
Mit einem 220- und 160-Tonnen-Kran gingen die Männer der Schmidbauer-Gruppe gestern kurz nach 8 Uhr ans Werk. Einsatzleiter Thorsten Engster vom Technischen Außendienst der Niederlassung in Bindlach: "Ich habe das alles geplant und begleite die Arbeiten auch, damit alles passt." Die Kräne waren notwendig, denn der Speisewagen musste zehn Meter hoch über das Fahrsignal gehoben werden.
Mit Lucas Sperr verfolgte der Sohn des Eigentümers vom Bad Wildbader Bahnhof den Abtransport des Speisewagens von der ersten bis zur letzten Minute: "Mein Vater hat im Internet gesucht und ist zufällig auf den Speisewagen im DDM gestoßen. Wir werden den Wagen erst einmal nach Halle/Saale transportieren lassen, dort wird er dann von außen restauriert und von innen entkernt. Danach wird er wieder zum Speisewagen mit einer Imbissmöglichkeit ausgebaut. Die historischen Sitzmöbel und Tische werden dabei wieder aufbereitet. Man hat uns gesagt, dass dafür 150 Tage notwendig wären."
Neuer Eingang wird gebaut
Am Standort des Speisewagens wird noch in diesem Jahr ein neues Eingangsgebäude entstehen. Museumsleiter Jürgen Birk: "Wir haben jetzt im März die Vergabesitzung für diese Arbeiten. Wir hoffen, dass wir spätestens im April mit der Baustelle anfangen können. In dieses neue Eingangsgebäude kommt das Laufwerk der 01 mit rein, das uns von der Eisenbahnstiftung zur Verfügung gestellt wurde und wird dann auch in Bewegung gesetzt. Man sieht es von außen. Damit wird das Eingangsgebäude zugleich aufgewertet."