Ein Angebot, das auch den Pflegenden hilft

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Brigitte Meyer kümmert sich Zuhause um ihren schwerstpflegebedürftigen Ehemann Horst. Die Tagespflegeeinrichtung würde sie entlasten. Davon ist die 76-Jährige überzeugt. Foto: Alexander Hartmann
Brigitte Meyer kümmert sich Zuhause um ihren schwerstpflegebedürftigen Ehemann Horst. Die Tagespflegeeinrichtung würde sie entlasten. Davon ist die 76-Jährige überzeugt. Foto: Alexander Hartmann

Angehörige, die sich Zuhause um Pflegebedürftige kümmern, sollen vielerorts im Landkreis Kulmbach durch Tageseinrichtungen Unterstützung erfahren.

Brigitte Meyer (76) ist mit ihren Kräften nicht selten am Ende. Kein Wunder, ist die Betreuung ihres schwerstpflegebedürftigen Ehemanns Horst (77) in den eigenen vier Wänden doch ein kräftezehrender 24-Stunden-Job. Zeit für sich selbst bleibt Brigitte Meyer kaum.

Das könnte sich aber bald ändern. Dann, wenn 2018 in Thurnau eine Tagespflegeeinrichtung eröffnet wird. "Ich glaube, dass das für mich eine große Entlastung bringen wird", sagt die 76-Jährige. Würde ihr Mann dort an dem einen oder anderen Wochentag tagsüber betreut, könnte sie in aller Ruhe Einkäufe tätigen oder den Arzt besuchen. "Das kann ich normalerweise nicht."


Für 1,7 Millionen Euro

"Viele, die Angehörige Zuhause pflegen, könnten von so einem Angebot profitieren", betont Irmgard Hoffmann von der Diakonie Thurnau-Hutschdorf. Der Wohlfahrtsverband wird die Thurnauer Tagespflegeeinrichtung in einem Neubau betreiben, den die Manfred-Jarosch-Stiftung für 1,7 Millionen Euro im Baugebiet "Alte Allee" errichtet. Wann das Projekt realisiert wird? In diesem Jahr wird gebaut. "Ich hoffe, dass wir im Frühjahr 2018 starten können", sagt Irmgard Hoffmann.


Weitere Vorhaben

Noch sind solche Angebote im Landkreis Kulmbach eine Seltenheit. Früher gab es einmal die Tagespflege in der Kulmbacher Schützenstraße, heute werden zwei private Häuser im Stadtsteinacher Raum betrieben. Doch die Zahl der Tagespflege-Angebote wird steigen. Davon ist Norbert Lawatsch, der die Geschäfte der Thurnauer Diakonie führt, überzeugt. Das Pflegestärkungsgesetz lege ein besonderes Augenmerk auf die ambulante Pflege, habe dabei auch die Pflegenden im Blick.


Die Zeichen der Zeit erkannt

Die Wohlfahrtsverbände scheinen die Zeichen der Zeit erkannt zu haben, denn nicht nur in Thurnau wird die Initiative ergriffen. Der Awo-Kreisverband will im Trebgaster Bahnhofsgebäude ein Senioren-Begegnungszentrum mit Tagespflegestätte errichten, der Diakonie-Verein Kasendorf-Wonsees hat eine Tagespflegestätte im früheren Düll-Gebäude im Visier.


14 Plätze in Thurnau

14 Pflegeplätze sind in Thurnau vorgesehen. "Angesichts der demografischen Entwicklung und der Tatsache, dass wir ein großes Einzugsgebiet haben, ist die Einrichtung damit sicher nicht zu groß ausgelegt", stellt Norbert Lawatsch fest.


Kein Heim, sondern ein Zuhause

Nicht wie im Heim, sondern wie Zuhause sollen sich die Patienten fühlen, betont Irmgard Hoffmann. Dafür würden auch bauliche Voraussetzungen geschaffen. In einem zweigeschossigen, barrierefreien Gebäude entstünden im Erdgeschoss rund 240 Quadratmeter Fläche für die Pflege und im ersten Stock Wohnungen, die von zu Pflegenden und deren Angehörigen gemietet werden könnten.

"Wir wollen das Angebot so individuell wie möglich gestalten", erläutert die Diakonie-Stationsleitung. Patienten, deren Gesundheit es noch erlaube, könnten bei der Zubereitung des Essens helfen oder im großzügigen Garten im Hochbeet Gemüse pflanzen. Ruheräume und Spielecken seien vorgesehen, natürlich aber auch Pflegebetten und -sessel.


Wohlfühl-Atmosphäre

"Wir wollen den zu Betreuenden eine Wohlfühl-Atmosphäre bieten." Davon, dass sich Betroffene die Hilfe finanziell leisten können, ist Hoffmann überzeugt. Denn die Kosten würden zu großen Teilen von der Pflegekasse getragen. Patienten mit Pflegegrad 2 erhielten für Tages- und Nachtpflege als teilstationäre Leistungen beispielsweise monatlich 689 Euro, die des Grads 3 bekämen 1298 Euro. Zwei bis drei Tage in der Tagespflege seien pro Woche damit sicherlich für viele zu finanzieren, so Hoffmann, nach deren Worten die Pflegesatzverhandlungen mit Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände noch geführt werden müssen.


Kraft tanken

Dass solche Angebote an Bedeutung gewinnen werden, da ist Uwe Oetter von der Heimaufsicht am Kulmbacher Landratsamt sicher. "Tagespflegeeinrichtungen bieten eine wichtige Entlastung für all die, die Zuhause Angehörige pflegen und da unter einer extremen Belastung stehen." Die Pflegenden könnten so wieder etwas Kraft schöpfen, meint Oetter.

Kraft, die auch die Thurnauerin Brigitte Meyer tanken möchte, die mit der Pflege ihres Ehemanns oft an die Grenzen ihrer physischen wie psychischen Belastbarkeit kommt.