Drogendealer will nicht reden

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Weil der Kronzeuge gestern vor Gericht die Aussage verweigert, war den fünf Angeklagten eine Beteiligung an Rauschgiftgeschäften nicht nachzuweisen. Symbolbild: Frank Leonhardt/dpa
Weil der Kronzeuge gestern vor Gericht die Aussage verweigert, war den fünf Angeklagten eine Beteiligung an Rauschgiftgeschäften nicht nachzuweisen.  Symbolbild: Frank Leonhardt/dpa

Weil der Kronzeuge schwieg, war den fünf Angeklagten eine Beteiligung an Rauschgiftgeschäften nicht nachzuweisen.

Glück gehabt oder Pech gehabt - je nachdem, von welcher Seite man es betrachtet. Gestern erschien der Kronzeuge im Drogenprozess gegen fünf Angeklagte vor dem Jugendschöffengericht. Der Mann, der selbst gehörig Dreck am Stecken hat, hatte die jungen Leute zwischen 18 und 22 Jahren belastet. Aber der Kronzeuge sagte gestern: nichts. Glück für die Angeklagten - Pech für das Gericht und den Staatsanwalt.

Der mutmaßliche Drogendealer, gegen den selbst ermittelt wird, ist heuer in Kulmbach aufgeflogen. Er soll einen schwunghaften Handel mit Rauschgift betrieben haben. Wie der Sachbearbeiter der Bayreuther Kripo bestätigte, habe der Beschuldigte nach seiner Festnahme bei der Polizei Kunden und Hintermänner preisgegeben.

Wöchentlich eingekauft

Die fünf Angeklagten müssen sich wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vor Gericht verantworten. Sie sollen zwischen Juli 2018 und April 2019 jede Woche für 100 Euro bei dem Dealer eingekauft haben. Ein 20-Jähriger hat sich angeblich in sechs Fällen sogar selbst als Kleinhändler betätigt.

"Für die Angeklagten geht es um viel, Sie sind der zentrale Zeuge", sagte Jugendrichter Christoph Berner, "es geht um die Rauschgiftgeschäfte zwischen Ihnen und den Angeklagten". Wie es Vorschrift ist, belehrte Berner den Mann vorab, dass er keine Fragen beantworten müsse, wenn er sich damit selbst belastet. Der Zeuge gab an, dass gegen ihn ein Strafverfahren läuft wegen der Tatvorwürfe, zu denen er befragt werden soll. Deswegen mache er von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch.

Sein Auftritt dauerte drei Minuten, dann war der 25-Jährige wieder entlassen. "So ist das", meinte der Richter. Die Entscheidung des Zeugen sei zu akzeptieren. Berner verhehlte nicht, dass man sich in einer "prozessual schwierige Situation" befinde.

Lieferkette der Drogen

Immerhin gab es noch den Sachbearbeiter der Kriminalpolizei. Er konnte von der Beschuldigtenvernehmung des 25-Jährigen berichten. "Er hat damals ein Geständnis abgelegt, alle seine Abnehmer und auch seine Hintermänner benannt", so der Zeuge gestern vor Gericht. Die Erkenntnisse, die die Polizei durch die Vernehmung des Mannes gewonnen hat, seien weit über die Ergebnisse der Telefonüberwachung und der anderen Ermittlungen hinausgegangen. Der Dealer habe Haschisch kiloweise in Kulmbach verkauft und den Stoff von einem Großlieferanten aus Holland und über einen Zwischenhändler in Herne bezogen.

Lügenmärchen

Nach Angaben des 48-jährigen Polizeibeamten sind aufgrund der Angaben des Kronzeugen bereits sieben Beschuldigte aus der Drogenszene rechtskräftig verurteilt worden. Was der Mann sagte, habe sich in allen Verfahren stets bestätigt. "Deshalb habe ich keine Zweifel, dass er auch hier die Wahrheit sagt", so der Kriminalhauptkommissar. Gerade diesmal wäre es schwierig, sich ein Lügenmärchen einfallen zu lassen, weil fünf Angeklagte widersprechen könnten.

Allerdings konnte der Beamte aus der Vernehmung des Beschuldigten nicht rekonstruieren, was jeder der Angeklagten genau gemacht hat. Die Angaben des Dealers seien sehr pauschal gewesen. Er habe meist mit dem 20-Jährigen Kontakt gehalten und ihm die Drogen übergeben. "Die haben halt immer Geld zusammengelegt und im Schnitt für 100 Euro eingekauft. Ich kann nicht sagen, wie die Drogen weiter verteilt wurden", sagte der Ermittler.

Tatnachweis unmöglich

Da auch die nochmalige Auswertung der Telefonüberwachung ("szenetypische Gespräche") nicht erfolgversprechend erschien, kam das Gericht zu der Überzeugung: Die Aussage des Polizeibeamten reiche nicht aus, "um ein Urteil darauf zu stützen." Berner: "Das Gericht hat Zweifel, dass die Angeklagten die Wahrheit gesagt haben. Das Gericht hält es für möglich, dass die Rauschgiftgeschäfte stattgefunden haben. Aber wir können den Tatnachweis nicht führen."

Eine Einschätzung, die Staatsanwalt Klug teilte. Da die Angaben des Kronzeugen immer gepasst haben, falle es ihm schwer zu glauben, "dass da nichts war". Er warnte die Angeklagten: "Sie bewegen sich auf sehr dünnem Eis.Passen Sie auf, wir haben Sie auf dem Radar."

"Ist kein Freispruch"

Das Verfahren gegen die fünf jungen Leute wurde eingestellt. "Das ist kein Freispruch", betonte der Richter, "wir halten es nicht für ausgeschlossen, dass Sie mit Rauschgift zu tun hatten."