Eine Kulmbacher Witwe trauert um ihren Mann. Sie wollte ihm etwas Besonderes aufs Grab legen - dann stahl ein Unbekannter das Gesteck. Vorher waren nur Blumen abhanden gekommen.
Die Kulmbacherin kniet am Urnengrab ihres Mannes und wischt den Schnee vom Kreuz. Sie kann es noch immer nicht fassen. Jemand hat ihr den Schmuck vom Grab gestohlen. Sie wollte um ihren verstorbenen Mann trauern. "Wer macht so etwas?", fragt sie. Es geht ihr nicht um den materiellen Schaden. Sie ist bestürzt, dass es jemanden gibt, der keinen Respekt vor den Toten und den Trauernden hat. "Wieder ein Stück mehr, das mir entrissen wurde", erklärt die Witwe, die ungenannt bleiben will, und ist den Tränen nahe.
Die Kulmbacherin wollte am Geburtstag ihres Mannes etwas Besonderes aufs Grab legen. Sie hatte sich sehr viel Mühe gegeben. Die Witwe kaufte ein aus Zweigen und Tannenzapfen geformtes Herz, das sie mit einem kleinen Blautannenzweig und zwei weißen Röschen verziert hatte. Durchsichtige Perlen auf dem Gesteck glitzerten wie Schneeflocken.
Als sie am Totensonntag zu Ehren ihres Mannes ans Grab kam, war das Herz verschwunden. Die Kulmbacherin ist entsetzt. Sie ist sich sicher, dass es gestohlen wurde. "Der Wind kann es nicht verweht haben. Dafür war es zu schwer." Außerdem liegt das Grab abseits von den Hauptwegen. "Da muss jemand absichtlich hingegangen sein. Da kommt man nicht einfach dran vorbei", schildert die Witwe.
Niemand hat etwas gesehen Sie fragte andere Friedhofsbesucher. Doch keiner hatte etwas beobachtet. Nach anfänglichem Schock durchkämmte sie die Reihen der Gräber. Doch der Friedhof ist groß, über 6000 Gräber sind auf dem Areal. Der Herz blieb verschollen.
Auch der Friedhofsverwaltung sagte die Witwe Bescheid. Silvia Strobel von der Friedhofsverwaltung bedauert den Diebstahl sehr. "Wer das macht, hat doch kein Herz", schimpft Strobel auf den dreisten Dieb und meint damit nicht das Schmuckstück.
Derzeit sind die Gräber verschneit, das Herz zu finden, gleicht dem Suchen einer Nadel im Heuhaufen. Die Mitarbeiter sind die mehr als 6000 Gräber abgelaufen, doch auch sie fanden das Herz nicht. Bisher kam so ein Diebstahl am Friedhof nicht vor. "Es ist der einzige Fall dieser Art, der uns bekannt ist." Mit Blumendiebstahl haben sie es jedoch öfter zu tun. Gerade im Frühjahr. "Da werden Blumen ausgerissen und woanders eingepflanzt", weiß Strobel.
"Da kann man nichts machen" Täglich arbeiten Hunderte an den Gräbern. Es ist unmöglich herauszufinden, wer sie an den fremden Gräbern bedient. "Wenn man die Leute nicht gerade persönlich kennt, kann man nichts machen." Es könnten ja auch Töchter, Geschwister oder Freunde der Verstorbenen sein. Deshalb macht die Witwe der Verwaltung keine Vorwürfe. Legen Angehörige besonderen Schmuck auf das Grab, sollten sie es vorsichtshalber kennzeichnen. "Am besten ist es, die Rückseite mit Farbe zu markieren", rät Strobel. Auch ein Foto ist sinnvoll. Dadurch steigt die Chance, den Schmuck wiederzufinden und später beweisen zu können, das es der eigene ist. "Vielleicht schreckt die Markierung den Dieb auch ab."
Die Witwe appelliert an den Dieb, sich einmal ernsthaft Gedanken darüber zu machen, was sein Handeln bei den Angehörigen auslöst, und dass er so etwas künftig nie wieder macht. Jetzt überlegt sie, ob sie das Grab für Weihnachten schmücken soll - ihrem geliebten Mann zu Ehren. Ihre Sorge um einen erneuten Schmerz lässt sie zögern.