Frank Walther hat seinen ersten Termin am Montag bei Ebay versteigert. 350 Euro brachte die außergewöhnliche Aktion für den guten Zweck ein.
Friseur Frank Walther und sein Team freuen sich riesig, dass sie am Montag ihren Laden in Melkendorf wieder öffnen und Haare schneiden können. Seit Tagen schon telefonieren sie alle Kunden ab, um die lang ersehnten Termine auszumachen. Der erste Termin aber am Montag um punkt 9 Uhr ist etwas ganz besonderes. Den konnte man nämlich nicht einfach vereinbaren. Nein, den konnte man nur bei Ebay ersteigern - und zwar für einen guten Zweck.
Die Idee für diese außergewöhnliche Aktion, die übrigens auch ein Bayreuther Kollege umgesetzt hat, hatte der Obermeister der Kulmbacher Friseurinnung schon seit längerem im Lockdown. Der Grundgedanke dahinter: "Wir wollten einfach etwas Gutes tun und etwas für Kinder machen." Von einigen seiner Kunden weiß er, dass gerade die Kinder und Jugendlichen besonders unter den Einschränkungen der Pandemie leiden. Deshalb fiel seine Wahl auf die Kinderwohngruppe der Geschwister-Gummi-Stiftung. Da seine eigene Kasse nach der monatelangen Schließung des Friseursalons nicht mehr so gut gefüllt ist, hatte er den Einfall, seine Arbeitskraft anzubieten, um Spenden zu sammeln. "Einen Versuch war es wert."
Mit folgendem Wortlaut startete Frank Walther beim Internet-Auktionshaus Ebay unter der Rubrik "Dienstleistungen" seine Versteigerung, die er auf seinen Social-Media-Kanälen bewarb: "Wir freuen uns so sehr, endlich wieder für euch da zu sein! Und der Start am 1. März sollte mit einer guten Tat verbunden werden! Deshalb versteigern wir unsere Arbeitskraft: 1 Stunde Chefbehandlung (z.B. waschen, schneiden, föhnen) oder 1 Stunde Barbershop (z.B. Haare und Bart bei Alaa). Der Erlös geht an die Kinderwohngruppe der Geschwister-Gummi-Stiftung in Kulmbach. Wir hoffen, dass mit dieser Auktion ein guter Betrag zustande kommt. Kinder sind unsere Zukunft, das sollten wir nie vergessen!"
Zehn Tage dauerte die Auktion, 59 Gebote gingen ein. Das Höchste - 350 Euro - stammte von "Namenlos1979". "Ich war total überrascht von dem Ergebnis, ich hatte vielleicht mit 200 Euro oder so gerechnet. Dass es am Ende so viel wird, hätte ich nie gedacht", sagt Frank Walther. Für ihn war die Versteigerung auch deshalb spannend, weil die meisten unter Pseudonymen ihre Gebote abgegeben haben "und ich ja nicht sehen konnte, wer da mitbietet".
Wer ist "Namenlos1979"?
Umso größer war die Überraschung am Auktionsende bei der Kontaktaufnahme mit dem Höchstbietenden. Denn hinter "Namenlos1979" verbirgt sich der Kulmbacher Koch und Inhaber des Steakhauses "Müllers KU", Jonas Müller, und der war bislang nicht einmal Kunde in Frank Walthers Friseursalon und Barbershop. Müller hatte von einem Freund von der pfiffigen Aktion erfahren und war sofort begeistert. "Es ist schon krass, wenn jemand, der seit Monaten kein Geschäft hat, so eine Aktion für den guten Zweck startet." Das sagt ein Gastronom, der ja selbst mit massiven Einschnitten durch den Lockdown zu kämpfen hat. "Wir haben viel Unterstützung vom Staat und von unseren Stammkunden erfahren, und da wollten wir auch mal etwas zurückgeben", betont Jonas Müller, der sein Steakhaus im Oberhacken während der vergangenen Monate mit einem Liefer- und Abholdienst am Laufen gehalten hat. "Wir durften ja die ganze Zeit noch arbeiten, aber die Friseure gar nicht."
Und dringend nötig hat Jonas Müller einen professionellen Haarschnitt wohl auch, denn das letzte Mal war er im August beim Friseur. "Meine Frau hat zwischenzeitlich mal den Langhaarschneider angesetzt", erzählt er mit einem Lachen. Er darf sich nun mit gutem Gewissen auf eine Stunde im Barbershop freuen, wo ihm Alaa fachmännisch Haare und Drei-Tage-Bart stutzen wird.
Doch damit ist die Benefizaktion von Frank Walther noch lange nicht am Ende, denn die Resonanz darauf war riesig. "Viele Kunden und Bekannte haben mich angeschrieben und gesagt, dass sie auch noch etwas spenden wollen. Und auch Mitarbeiter und Stammkunden von Jonas Müller wollen noch etwas drauflegen. Frank Walther ist sich sicher: "Da kommt noch ein bisschen was zusammen." In der ersten Öffnungswoche wird der Friseurmeister außerdem in seinem Laden eine Spendendose aufstellen und weitersammeln, "und den Betrag runden wir dann am Ende der Woche auf".
Kommentar
Respekt!
Es gibt Menschen, die jammern. Und es gibt Menschen, die anpacken. Zu letzteren gehören definitiv die beiden Kulmbacher Frank Walther und Jonas Müller. Was auf den ersten Blick einfach nur wie eine verrückte Idee wirkt - ein Friseur versteigert seinen ersten Termin nach der Lockdown-Schließung bei Ebay - geht bei genauerem Hinsehen viel tiefer. Man muss sich das mal überlegen. Da ist ein Geschäftsmann monatelang gezwungen, seinen Laden zu schließen, seine Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken und seinen Lebensunterhalt vom Ersparten zu bestreiten. Und das erste, was er macht, als er wieder arbeiten darf, ist es, Spenden für andere zu sammeln. Und auf der anderen Seite der Höchstbietende und damit erste Friseurkunde (ein Mann, wohlgemerkt!): Er ist als Gastronom selbst vom Lockdown betroffen, sagt aber, es gibt Menschen, denen es noch schlechter geht und die Hilfe benötigen. Wow! Das sollten sich die, die immer nur jammern, mal hinter die Löffel schreiben. Und wir alle können uns an diesen beiden ein Beispiel nehmen. Ich ziehe jedenfalls meinen Hut vor so viel Großmut und Tatkraft. Denn da geht es um weit mehr als "bloß" Haare schneiden.