Die Ortsumgehung Kauerndorf wird eine Herkulesaufgabe

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2011 hatten die Kauerndorfer symbolisch den Spatenstich für den Tunnel vorgenommen - eine Realisierung lag da in weiter Ferne.J. Gärtner
2011 hatten die Kauerndorfer symbolisch den Spatenstich für den Tunnel vorgenommen - eine Realisierung lag da in weiter Ferne.J. Gärtner
 

Bei der Ortsumgehung für Kauerndorf reden alle vom Tunnel - doch die Maßnahme ist nicht nur deswegen eine echte Herausforderung für alle Beteiligten.

Was haben die berühmte Berliner Deutschlandhalle und das Bauvorhaben zur Ortsumgehung Kauerndorf gemeinsam? Es ist folgende Kennziffer: 300 000 Kubikmeter. So viel umbauten Raum bot einst der 2011 abgerissene Veranstaltungssaal in der Hauptstadt. Und so viel kommt voraussichtlich an Erdaushub zusammen, der bei den Arbeiten an Tunnelröhren, Brückenbauwerk und Stützmauern anfällt. Das Mammutprojekt soll Kauerndorfs Bürger ein für allemal vom Lärm der B 289 befreien.

Welche Herkulesaufgabe mit der Ortsumgehung auf Planer und Firmen wartet, das erläuterten Vertreter des staatlichen Bauamts Bayreuth am Montagabend in einer Sondersitzung des Ködnitzer Gemeinderats, der auch zahlreiche Anlieger beiwohnten. Projektleiter Fritz Baumgärtel bemühte in seinen Ausführungen des öfteren den Konjunktiv, sprach von würde, könnte und müsste. "Das ist der Tatsache geschuldet, dass wir noch mit diversen Unwägbarkeiten zu kalkulieren haben."


Was schlummert im Untergrund?

Einige davon beziehen sich auf die Beschaffenheit des Geländeuntergrunds. Damit die Planer wissen, mit welchen geologischen Gegebenheiten zu rechnen ist, sind umfassende Voruntersuchungen nötig: Einzelbohrungen, aber auch seismische Tests und Probeschürfungen. Allein für die Baugrund-Erkundungen, die in diesem Frühjahr anlaufen sollen, sieht das Bauamt fast zwei Jahre vor. Das zu erarbeitende Bauablaufkonzept wiederum sei Voraussetzung, damit sämtliche Modalitäten zum Thema Grunderwerb geklärt werden können.

Aber nicht nur deswegen gelte es, besondere Sorgfalt walten zu lassen, wie Baumgärtel ausführte. "Wir befinden uns hier mitten im Trinkwasserschutzgebiet, ein Teil der Baumaßnahme im Westen läuft in der Nähe der Versorgungsbrunnen für die Stadt Kulmbach ab. Insofern brauchen wir auch einen entsprechenden Notfallplan für den Fall einer möglichen Baustellenhavarie."


Wohin mit dem Verkehr?

Weitere zentrale Fragen, mit denen sich die Behörde auseinandersetzen muss: Welche Bauart wählt man für die nötigen, zum Teil massiven Stützmauern? Wie leitet man das Oberflächenwasser ab? An welcher Stelle steht das für den späteren Tunnelbetrieb notwenige Betriebsgebäude? Nicht zu vergessen: Wohin mit dem Verkehr während der mehrjährigen Bauzeit? "Wir können die Bundesstraße ja schlechterdings fünf Jahre einfach mal sperren", verdeutlichte Baumgärtel.

Und was wird aus dem erwähnten Erdaushub? "Wir liebäugeln mit der Idee, die 300 000 Kubikmeter auf dem Plateau des Mühlbergs zu lagern. Wir könnten das Material mit einer Bandförderanlage hinaufschaffen, das ist eine bewährte Methode. Und wir ersparen somit den Anwohnern den Abtransport mit Lastwagen - bei der Menge reden wir von mindestens 20  000 Lkw-Ladungen."

Ein Großteil des zu erwartenden Erdüberschusses wird beim Bau des 720 Meter langen Tunnels entstehen. Für die Röhre haben sich die Bayreuther Planer Unterstützung von Experten aus Süddeutschland geholt. "Auch wenn es für uns als Ingenieure eine absolut reizvolle Aufgabe ist - wir bauen schließlich nicht jeden Tag eine Straße durch einen Berg."


Kein klassischer Vortrieb

Baumgärtels Kollege Alexander Siller sagte, in Kauernburg werde man vermutlich ohne die klassische Vortriebslösung auskommen, wie man sie etwa von derartigen Maßnahmen im Hochgebirge kennt. "Wir gehen davon aus, dass wir das Loch in klassischer Weise mit einem Bagger herausschälen." Sprengungen dürften wohl dafür nicht nötig sein, schätzt er. Zusätzlich zur eigentlichen Hauptröhre mit dem neuen Straßenverlauf werde ein Rettungsstollen benötigt. Für die jeweiligen Voreinschnitte in den Hängen vor den Tunnelportalen werden in großem Umfang Stützmauern nötig sein, die eventuell als Bohrpfahlwände mit gesonderter Lärmschutzverkleidung ausgeführt werden, so Siller. Die Natur solle später vieles von den baulichen Eingriffen wieder überdecken.


Zeithorizont bis 2026

Was den zeitlichen Ablauf des Gesamtprojekts Ortsumfahrung angeht, nannte Fritz Baumgärtel einen Zeithorizont bis zum Jahr 2026, wenn Restarbeiten wie etwa die Elektrifizierung der Tunnelröhre abgeschlossen sind. "So weit der Plan, wenn wirklich alles glatt geht. Das hängt freilich unter anderem stark davon ab, wie reibungslos die zahlreichen Genehmigungsverfahren und Ausschreibungen über die Bühne gehen - schließlich ist der Bund der Bauherr und daher Herr des Verfahrens."

Apropos Bund: Ex-Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte Ende Juni vergangenen Jahres die Mittel in Höhe von 47 Millionen Euro für das Projekt freigegeben. "Das hat uns in gewisser Weise genauso überrascht wie Sie", sagte Baumgärtel an die Adresse der Anlieger und Gemeinderäte.

Reinhold Dippold (Wählergemeinschaft Ködnitz), der sich als Kauerndorfer seit langem für die Ortsumgehung eingesetzt hatte, wollte wissen: "Besteht die Gefahr, dass das Projekt im letzten Moment doch noch gekippt werden könnte?" "Das", entgegnete Baumgärtel, "das liegt nicht in unseren Händen."