Jetzt ist auch die Brunnen-Apotheke in Kasendorf Geschichte. Die Entwicklung sei besorgniserregend, sagt Hans-Peter Hubmann, der Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes ist.
Sind Apotheken auf dem flachen Land ein Auslaufmodell? Man kann den Eindruck gewinnen, wenn man einen Blick in den Raum Kasendorf/Thurnau wirft. 2017 hat Hans-Otto Meyer die Thurnauer Marktapotheke in der Bahnhofstraße geschlossen. Mit 73 ist er nach 44 Jahren Apothekerdasein in den Ruhestand gegangen - einen Nachfolger hat er nicht gefunden. In Thurnau gibt es seitdem nur noch die Schlossapotheke, deren Kundenkreis sich jetzt erweitern könnte, denn vor wenigen Tagen hat auch die Brunnen-Apotheke im vier Kilometer entfernten Kasendorf dichtgemacht. Aus vielerlei Gründen, wie Apotheker Gert Clemens im Gespräch mit der Bayerischen Rundschau mitteilt.
Nach 29 Jahren ist Schluss
Clemens hat die Apotheke 29 Jahre geführt, in den vergangenen Monaten altersbedingt einen Nachfolger gesucht, wie Hans-Otto Meyer aber keinen gefunden. In der Apotheke wären hohe Investitionen erforderlich gewesen. Schon zu Jahresbeginn hätte die Telematikinfrastruktur für E-Rezepte stehen müssen. Clemens hätte dafür die EDV-Anlage erneuern müssen. Was die Suche nach einem Nachfolger laut Clemens zusätzlich erschwert hat: Die alles andere als rosigen wirtschaftlichen Aussichten für Apotheker auf dem flachen Land. Mittelfristig hätte zudem ein barrierefreier Eingang errichtet werden müssen, den es noch nicht gibt, der inzwischen aber Vorschrift ist. Clemens hatte die Apotheke dank einer Ausnahmegenehmigung bis dato weiter führen können, denn für Altapotheker gilt der Bestandsschutz. Es seienviele Unwägbarkeiten gewesen, die den Interessenten, den es gab, abgeschreckt hätten.
Das finanzielle Wagnis
Das finanzielle Wagnis, eine Apotheke zu führen, gehen immer weniger ein, wie Hans-Peter Hubmann weiß, der Apotheken in Kulmbach betreibt und Vorsitzender des Bayerischen Apothekerverbandes ist. Die überbordende Bürokratie, immer neue, auch EU-weite Vorgaben und die Online-Konkurrenz machten den Pharmazeuten seit Jahren schwer zu schaffen. Statt das wirtschaftliche Risiko als selbstständiger Apotheker mit hohem Arbeits- und Zeitaufwand einzugehen, würden viele Studenten Jobs in der Pharmaindustrie oder in Kliniken suchen.
Der Apotheken-Schwund
Die Folgen sind dramatisch: 2020 wurden deutschlandweit nur noch 18 753 öffentliche Apotheken gezählt. Das sind mehr als 2600 weniger als noch zehn Jahre zuvor. Es ist ein Negativtrend, der auch vor dem Landkreis Kulmbach nicht Halt macht. In den letzten zehn Jahren wurden laut Hubmann sechs Apotheken geschlossen. Derzeit gebe es noch 15, wovon sich zehn im Kulmbacher Stadtgebiet befinden. Das Stadtsteinacher Oberland gilt als apothekenfreie Zone.
Hans-Peter Hubmann spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung. Wie er mitteilt, geht man davon aus, dass eine Apotheke 4000 bis 4500 Bürger versorgt. Der Thurnauer Raum gelte deshalb nach der Schließung in Kasendorf schon als "leicht unterversorgt".
Kommen Botendienste?
Wie man die Versorgungssituation verbessern könnte? Hubmann hält es für möglich, dass andere Apotheker Botendienste leisten, den Kasendorfern die Medikamente ins Haus liefern. Diese Dienste würde als reguläre Zusatzversorgung honoriert. Zwar würden nur 2,50 Euro pro Lieferung gewährt. "Das ist nicht viel, aber das ist für uns Apotheker besser, als dass Kunden online bestellen."