Diagnose Krebs: Erkrankte wollen kein Mitleid

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Mit dieser Plakat-Kampagne möchte die Bayerische Krebsgesellschaft provokant auf das Thema Krebs aufmerksam machen: Hilfe aufzusuchen ist keine Schwäche. Im Klinikum Kulmbach bekommen Patienten und Angehörige Unterstützung, um mit der belastenden Situation besser umzugehen. Seit Januar wird ein Psychoonkologischer Dienst angeboten. Fotos: Vanessa Schneider
Mit dieser Plakat-Kampagne möchte die Bayerische Krebsgesellschaft provokant auf das Thema Krebs aufmerksam machen: Hilfe aufzusuchen ist keine Schwäche.    Im Klinikum Kulmbach bekommen Patienten und Angehörige Unterstützung, um mit der belastenden Situation besser umzugehen. Seit Januar  wird  ein Psychoonkologischer Dienst angeboten.   Fotos: Vanessa Schneider
Die Psychologen Jürgen Wickles und Ruth Seher beraten Krebspatienten am Klinikum.
Die Psychologen Jürgen Wickles und Ruth Seher beraten Krebspatienten am Klinikum.
 

Krebspatienten brauchen Menschen, die ihnen zuhören und Orientierung bieten. Im Klinikum Kulmbach helfen ihnen seit Januar Psychologen in allen Phasen der Krankheit.

Liane Wack hasst es, wenn Menschen Mitleid zeigen. Oder wenn sie erstaunt feststellen, dass sie als Krebspatientin ja gar nicht so schlecht aussieht wie befürchtet. Die Kulmbacherin, die eine der beiden Selbsthilfegruppen für Krebspatienten leitet, schüttelt den Kopf. "Schlimm sind auch Sätze wie: Dass du überhaupt noch lachen kannst." Geholfen haben ihr diese Menschen nicht. Psychologen und Patientinnen dagegen schon.

Vor fünf Jahren ist Liane Wack in Bayreuth wegen ihrer Krebserkrankung medizinisch und auch psychologisch behandelt worden. Nach Schätzungen der Bayerischen Krebsgesellschaft braucht ein Drittel aller Krebspatienten psychologische Hilfe. Sie fallen nach dem Klinikaufenthalt in ein tiefes Loch. Plötzlich sind sie von Familienmitgliedern abhängig. Die Patienten haben Sorgen und Ängste, wissen nicht wie sie diese Krise bewältigen sollen. Depressive Verstimmungen sind nicht selten.

Beraten während des Aufenthalts

Diese wollen Jürgen Wickles und Ruth Seher vermeiden. Schon während des Aufenthalts in der Klinik beraten die beiden Psychologen Krebspatienten aus den Brust- und Darmzentren, sowie andere Krebspatienten des Klinikums in Kulmbach.

Gestern haben sich die beiden Psychologen bei einem Pressegespräch im Klinikum Kulmbach vorgestellt. Seit Januar gibt es den Psychoonkologischen Dienst am Klinikum. Wickles und Seher arbeiten eng mit den Ärzten, Krankenschwestern und Seelsorgern des Klinikums zusammen. Etwa 250 Patienten erhalten jedes Jahr im Klinikum Kulmbach die Erstdiagnose Krebs. "Wir begleiten die Patienten auch bis ans Sterbebett", erklärt Wickles.

Das Besondere des neuen Angebots ist, dass die Patienten nach dem Schock nicht aktiv nach Hilfe suchen müssen. Die Berater des Psychoonkologischen Dienstes sprechen sie direkt an. "Wir nehmen uns Zeit für die Ratsuchenden, hören zu und helfen ihnen neue Perspektiven für ein Leben mit Krebs zu entwickeln", beschreibt Wickles die Arbeit des Psychoonkologischen Dienstes.

Viele Patienten haben auch vorher schon Krisen bewältigt. Doch oft fragen sie nach der Krebsdiagnose nach Rat. "Frühere Bewältigungsstrategien der Patienten funktionieren nicht mehr", erklärt Jürgen Wickles. Die Berater unterstützen die Patienten, um ihre Kräfte zu mobilisieren.

"Mein Arzt sagte damals, ich solle vor der OP ein paar Tage in den Urlaub fahren. An so etwas denkt man nach dem Schock überhaupt nicht. Man ist wie vernagelt", erinnert sich Liane Wack. Die Erholung tat ihr gut, stärkte sie für die Operation.

Mehr Frauen als Männer

Über 540 Gespräche führten Wickles und die Vorgängerin von Ruth Seher schon mit Patienten und deren Angehörigen. Meist sind es Frauen, die das Angebot nutzen. Die Berater vermitteln auch die Kontakte zu Selbsthilfegruppen.

"Man geht stark durch die Therapie, doch dann kommt die Trauer", sagt Liane Wack. Es sind Gespräche auf Augenhöhe - mit Psychologen oder anderen Krebspatientinnen, die ihr und anderen Frauen helfen. "Mitgefühl ist authentisch, Mitleid nicht."

Psychoonkologischer Dienst und Selbsthilfegruppen:

Berater: Psychoonkologischer Dienst: Jürgen Wickles (Dipl.-Psychologe, Psychoonkologe) und Ruth Seher (Dipl.-Psychologin)

Kontakt: Telefonisch unter 09221/987870, Fax: 09221/984747, E-Mail: pod@klinikum-kulmbach.de.

Ort: Klinikum Kulmbach, Albert-Schweitzer-Straße 10, Zimmer 322

Sprechzeiten: Montag und Dienstag, 13 bis 17 Uhr, Mittwoch, 8 bis 16.30 Uhr, Donnerstag, 9 bis 13 Uhr, offene Sprechstunde: Mittwoch, 13 bis 14 Uhr, nach Vereinbarung.

Selbsthilfegruppen: An Krebs erkrankte Frauen treffen sich einmal im Monat mittwochs um 19 Uhr im Gemeindezentrum Friedenskirche, Leiterin: Liane Wack, Telefonnummer: 09221/3917500. Eine weitere Gruppe trifft sich am dritten Donnerstag im Monat in der AOK (Hardenbergstraße 1) von 18 bis 21 Uhr, Leiterin: Brigitte Botlik, Telefonnummer: 09221/1479.