"Ich habe lernen müssen, auf meinen Körper zu hören. Die Botschaft, die ich jedem nur mitgeben kann, lautet: nicht aufgeben!", sagt sie. Natürlich verlaufe Bauchspeicheldrüsenkrebs oft tödlich. "Aber wir gedenken nicht der Toten, wir feiern, dass wir leben", sagt Sandler. Und dieses positive Lebensmotto gibt sie andere weiter.
Einer von ihnen ist Wolfgang Schumann (76). Er geht regelmäßig zur Selbsthilfegruppe. Wichtig für ihn ist es, Erfahrungen auszutauschen. "Schnitzel mit Pommes esse ich gerne, aber die Zitrone würde zu heftigen Schmerzen führen", erklärt er. Auch andere Zitrusfrüchte und Obst oder Sauerkraut verträgt Schumann nicht.
Reiner Merz (76) lebt seit 16 Jahren mit der Diagnose Pankreas-Krebs. In der schlimmsten Phase seiner Krankheit hat er 35 Kilo abgenommen, langsam hat ihn seine Frau wieder aufgepäppelt. Seit zweieinhalb Jahren musste er keine Chemo mehr über sich ergehen lassen. Die Selbsthilfegruppe ist für das Ehepaar Merz wichtig, denn bei Gleichgesinnten holt sich das Ehepaar Merz Tipps.
Elfriede Sattler (76) hat immer Hunger - das ist typisch für Menschen, die Probleme mit der Bauchspeicheldrüse haben. Sie bestellt im Restaurant Zander und Gemüse, auf Salat und Fett verzichtet sie. Alkohol ist absolut tabu.
Zurück zu Gudrun Sandler. "Für mich ist es das Wichtigste, dass ich meine vier Enkel aufwachsen sehen kann", erzählt die 61-Jährige. Sie macht keinen Hehl draus, dass ihre Leistungsfähigkeit noch immer geschwächt ist, doch ihr Glücksempfinden ist noch intakt. "Ich weiß inzwischen, dass ich kein Obst essen kann. Salat macht mir aber nichts", sagt sie.
Als Nebeneffekt der Pankreatektomie hat sie Diabetes Typ 3 bekommen. Das bedeutet: Gudrun Sandler muss ständig ihren Blutzucker messen und den Insulinspiegel mit einer Pumpe regulieren. "Ach, man gewöhnt sich daran. Ich habe meine zwei Kästchen immer dabei. Und ich weiß auch, dass eine Einheit eine Scheibe Brot ist. Wenn der Zucker steigt, spritze ich ihn runter", sagt sie und gibt diese positive Einstellung auch an all die anderen Mitglieder ihrer Gruppe weiter.
"Viele denken, sie müssten gleich ihr Testament machen, wenn sie die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs bekommen. Ja, die Krankheit kann tödlich sein, aber ich kenne auch Leute, die leben schon 20 Jahre und länger damit", macht Gudrun Sandler allen anderen Mut. Hobbys hat Gudrun Sandler auch: Sie liebt es, zu angeln. "Früher konnte ich es mir gar nicht vorstellen, dass es Spaß machen kann, stundenlang am Ufer eines Sees zu sitzen. Doch jetzt bin ich begeistert. Zwei Jahre nach der Operation habe ich eine Angel halten dürfen, ein kleiner Fisch biss an. Das war so ein tolles Gefühl, dass ich meinen Angelschein gemacht habe", sagt Gudrun Sandler. In diesem Jahr standen schon zwei Angelurlaube in Schweden und bei Magdeburg auf dem Programm. "Beim letzten Mal habe ich einen ein Meter großen Hecht gefangen, der hatte 27 Pfund", freut sich die Mainleuserin und fügt noch hinzu: "Mein Glas ist nicht halb leer, sondern halb voll ..."
Das sagt der Experte
Statistik Lutz Otto vom Bundes-Arbeitskreis der Pankreatektomierten kennt die aktuellsten Erhebungen aus dem Jahr 2017. Damals wurden in Deutschland 18 687 Neuerkrankungen registriert, gleichzeitig starben 18 005 Menschen an Bauspeicheldrüsenkrebs, was auf die schlechte Prognose hinweist. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt bei neun Prozent. Im Einzelfall kann es aber ganz anders aussehen.
Therapie Für die meisten Menschen mit Bauchspeicheldrüsenerkrankungen sind Ersatz-Verdauungsenzyme lebensnotwendig. Nur wenige Patienten können auf die Einnahme von Enzymen verzichten. Aufgrund neuer besserer Therapieformen ist heute ein Überleben mit Bauchspeicheldrüsenkrebs durchaus möglich. Als Betroffener sollte man versuchen, sich mit der schlimmen Diagnose auseinanderzusetzen und die Erkrankung anzunehmen. Hilfreich kann es sein, seine Ängste und Nöte in der Familie und/oder mit Freunden zu besprechen. Helfen kann dabei auch die Konsultierung eines Onkopsychologen. "Um die Behandlung selbst zu unterstützen, raten wir dazu, die Lebenseinstellung und die Lebensweise zu ändern", sagt Otto. Patienten sollten mit dem Rauchen aufhören, auf gesunde Ernährung achten und Sport treiben. Unterstützend können auch komplementärmedizinische Maßnahmen sein.
Gespräche Auch der Austausch mit anderen Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe kann laut Otto Ängste nehmen. Wer die Erkrankung durchlebt hat, kann vielleicht den einen oder anderen Tipp geben. Das Fazit des Experten: "Der Patient sollte in der Phase seiner Erkrankung wirklich alles das tun, worauf er Lust hat und was ihm möglich ist."so