Der Weltuntergang findet nur virtuell statt

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Apps von sozialen Netzwerken und Messengerdiensten auf einem Smartphone. Rund sechs Stunden ohne Facebook, WhatsApp und Instagram: Ein ungewöhnlich langer Total-Ausfall hat am Montag Milliarden Nutzern des Online-Netzwerks zugesetzt.
Apps von sozialen Netzwerken und Messengerdiensten auf einem Smartphone. Rund sechs Stunden ohne Facebook, WhatsApp und Instagram: Ein ungewöhnlich langer Total-Ausfall hat am Montag Milliarden Nutzern des Online-Netzwerks zugesetzt.
Sri Loganathan, dpa

Manchmal bekomme ich wirklich nix mit von dem, was meine Spezies so umtreibt. Dabei hätten mir die Bilder im TV, die ich aus dem Augenwinkel sah, signalisieren sollen: Da bahnt sich eine Katastrophe an!

Eine Katastrophe biblischen Ausmaßes, natürlich, drunter machen wir es doch nicht mehr. Ich sah Menschen, die sich in Panik krümmten; andere stießen Flüche aus, ehe sie zu Boden sackten und mit sehnsuchtsstumpfer Pupille beim Blick auf ihr Mobiltelefon zu Staub zerfielen. Ich dachte mir erst: Okay, der normale Wahnsinn im virtuellen Orkus, und setzte mich unbeeindruckt in den Gartenstuhl, den Blick gerichtet gen Abendhimmel, der mit Amboss-schweren Wolken verhangen war. Ich mag das, wenn diese Naturleinwand mehr Graustufen auffährt als Windows 98. -Aber da hatte ich ja auch noch nicht geahnt, dass der Homo sapiens auf sein Finale furioso zusteuert. Sein digitales Armageddon. Den ewigen Online-Winter. Google, steh' uns bei!

Die Botschaft des Hiob, sie lautete: Facebook und WhatsApp sind nicht erreichbar!!!! (Hier müssen Sie sich weitere Ausrufezeichen dazu denken, wie im Netz üblich). Für sieben Stunden!!!!!!! (Bitte noch mehr Ausrufezeichen.) Ja, sieben Stunden stand die Welt still (also meine nicht...) Keine "Kommunikation" war mehr möglich mit allem und jedem, was uns heilig ist. Blaue Häkchen blieben grau, Nachrichten unversendet, Essensbilder unkommentiert. Sieben Stunden - das müssen diese sieben ägyptischen Plagen zugleich gewesen sein. Jedenfalls wurde dieser Zuckerberg ganz blutleer, weil er in sieben Stunden sieben Milliarden Dollar verlor. Die verflixte 7 - wenn das Rudi Carrell noch erlebte.

Als ich sah, was diesen Kosmos angeblich bewegt, habe ich mich angewidert abgewendet ob unserer lächerlichen Hörigkeit zu diesen Technik-Kraken, habe in meinem Stuhl weitergedöst und an eine schon etwas ältere Unterhaltung zwischen Erwin Pelzig und seinem tumb-herzlichen Kumpel Hartmut gedacht, die den Irrwitz in einen wundervollen Kurzdialog fasst. Pelzig zu Hartmut mit verklärten Augen: "Scho schö, dieses Internet - da wird die Welt zum Dorf." Darauf Hartmut: "Pah, noch so a Dreckskaff."