Rainer Dippold wacht über die Ausgaben und Einnahmen des Landkreises. Den Haushalt 2016 prägen eine sparsame Planung und eine glückliche Fügung.
Rund 3000 Einzelpositionen umfasst der Haushaltsplan für den Landkreis Kulmbach, der am 18. März vom Kreistag verabschiedet werden soll und gestern im Kreisausschuss vorberaten wurde (siehe auch Seite 12). Das riesige Zahlenwerk auszuarbeiten, war keine leichte Aufgabe für Kämmerer Rainer Dippold, denn die finanziellen Spielräume sind äußerst knapp. Einerseits müssen bestehende Verpflichtungen erfüllt werden, andererseits braucht der Landkreis auch ein bisschen Flexibilität, um zukünftige Entwicklungen fördern und gestalten zu können.
Die Ausgaben für die Jugend- und Sozialhilfe sind mit weitem Abstand die größte Ausgaben-Position im Haushalt. Von den insgesamt 68,3 Millionen Euro des Verwaltungshaushalts fließen rund 14,3 Millionen in den Bereich soziale Sicherung. Ein dramatisches Problem sind dabei vor allem die Kostensteigerungen in der Jugendhilfe. "Da gab es im letzten Jahr einen gewaltigen Schub", stellt Rainer Dippold fest. Obwohl er für 2015 schon 650 000 Euro Mehrausgaben eingeplant hatte, wurden tatsächlich 1,4 Millionen mehr als im Vorjahr gebraucht. "Dieses Jahr habe ich 900 000 Euro mehr angesetzt, und ich kann nur hoffen, dass das reicht."
Brennpunkt Jugendhilfe
"Die Jugendhilfe ist ein Brennpunkt." So sieht das auch Landrat Klaus Peter Söllner (FW). In diesem Bereich seien die Kostensteigerungen auch im Vergleich zu anderen Landkreisen recht hoch.Warum? "Wir sind ein Landkreis mit einer großen kreisangehörigen Stadt, und im städtischen Bereich sind die Fallzahlen immer deutlich höher als auf dem Land."
In den Ausgabenansätzen für 2016 sind auch zwei Millionen Euro für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge enthalten. Diese belasten den Kreishaushalt jedoch nicht, da diese Leistungen vollständig durch den Bezirk und den Freistaat erstattet werden. Die Flüchtlingssituation wirkt sich bei der Jugendhilfe weniger durch finanzielle Mehrbelastungen aus als durch einen immensen Anstieg der Arbeitsbelastung. Trotzdem hat die Flüchtlingsansturm Folgen für den Landkreis: Das Jugendamt hat jetzt zwei Mitarbeiter mehr, das Ausländeramt einen Mitarbeiter. Das ist im Vergleich zu anderen oberfränkischen Landkreisen allerdings wenig, sagt Landrat Söllner: "Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir auf starke ehrenamtliche Unterstützung zählen können." Ohne das Engagement von BRK und Awo sähe die Situation sicher ganz anders aus.
Gemeinden werden entlastet
Bei den Investitionen im Vermögenshaushalt entfällt der Löwenanteil der Ausgaben auf die Schulen. Mehr als 4,1 Millionen Euro, das entspricht 70 Prozent des Investitionsvolumens, gibt der Landkreis für Baumaßnahmen an den Schulen aus (siehe auch Seite 12). Auch in den kommenden Jahren wird es in diesem Bereich einen großen Finanzbedarf für Verbesserungs- und Sanierungsmaßnahmen geben.
Trotz der zum Teil deutlich gestiegenen Kostenbelastungen kann der Landkreis die Kreisumlage senken und damit seine Gemeinden spürbar entlasten. Möglich ist das letztlich jedoch nur durch eine glückliche Fügung: "Wir haben deutlich höhere Schlüsselzuweisungen bekommen als erwartet", freut sich der Kämmerer. Durch Änderungen im Berechnungsmodus erhielt der Landkreis 12,2 Millionen Euro - 1,6 Millionen Euro mehr als erwartet. "Das ist aber leider nur ein Einmaleffekt", gibt Dippold zu bedenken.
Erkauft wird die Senkung der Kreisumlage mit einer rechnerischen Neuverschuldung um 1,3 Millionen Euro. "Wenn wir die vermeiden wollten, könnten wir die Kreisumlage nicht senken, sondern wir müssten sie sogar um einen Punkt erhöhen. Aber das wollen wir nicht, denn die Gemeinden brauchen dringend mehr Freiräume." Im übrigen geht Dippold davon aus, dass letztlich keine neuen Schulden entstehen. "Wir haben eine realistische Chance, diesen Jahr noch einmal eine Stabilisierungshilfe zu bekommen, die diese Summe abdeckt."
Fachbegriffe:
Was steckt dahinter?
Verwaltungshaushalt Der Verwaltungshaushalt ist neben dem Vermögenshaushalt ein Teil des kommunalen Haushaltsplans. Er kann auch als Kern- oder Pflichthaushalt bezeichnet werden und umfasst alle Einnahmen und Ausgaben, die das Vermögen nicht erhöhen oder vermindern. Dazu gehören die jährlich wiederkehrenden Einnahmen (Steuern, nicht der Finanzierung von Investitionen dienende Zuweisungen anderer öffentlicher Stellen, Gebühren) und die fortdauernden Ausgaben (Personal- und Sachkosten, Energiekosten, Versicherungsbeiträge, Umlagen). Die Einnahmen des Verwaltungshaushalts müssen dessen Ausgaben decken. Die Deckung darf nicht mit Krediten finanziert werden, um die Finanzierung laufender Ausgaben durch Schulden zu verhindern.
Vermögenshaushalt Der Vermögenshaushalt enthält alle vermögenswirksamen Einnahmen oder Ausgaben der Gemeinde. Darunter fallen Ausgaben für den Straßenbau und den Erwerb von Grundstücken oder Einnahmen aus dem Verkauf von Grundstücken. Auch die für Investitionen zweckgebundenen Finanzzuweisungen durch Bund oder Freistaat werden dem Vermögenshaushalt zugeführt.
Steuerkraft Die Steuerkraft kennzeichnet die finanzielle Leistungsfähigkeit einer Gemeinde. Die Steuerkraftmesszahl spiegelt die nach dem Gesetz relevanten Einnahmemöglichkeiten einer Gemeinde wider. Darin fließen die Einnahmen aus der Grund- und Gewerbesteuer (Realsteuerkraft), der Einkommensteueranteil der Gemeinde sowie die Umsatzsteuerbeteiligung ein. Die Steuerkraft ist, unmittelbar oder als Bestandteil der Umlagekraft, Grundlage für die Berechnung vieler Zuweisungen im kommunalen Finanzausgleich. Dazu zählen beispielsweise Schlüsselzuweisungen, Krankenhausumlage und Investitionspauschale.
Umlagekraft Addiert man zur Steuerkraft einer Gemeinde 80 Prozent der Schlüsselzuweisungen des Vorjahres hinzu, so ergibt sich die Umlagekraft. Auf Basis der Umlagekraft wird die Kreisumlage ermittelt, die der Deckung des Finanzbedarfs des Landkreises dient.
Kreisumlage Zur Finanzierung seiner übergeordneten Aufgaben erhebt der Landkreis eine Kreisumlage von seinen kreisangehörigen Gemeinden. Diese setzt sich zusammen aus der Steuerkraft der Gemeinden und den Schlüsselzuweisungen. Von dieser Umlagegrundlage wird ein Prozentsatz als Kreisumlage definiert. 2016 sinkt der Hebesatz im Landkreis Kulmbach um ein Prozent auf 45,2 Prozent.
Schlüsselzuweisungen Die Schlüsselzuweisungen sind eine staatliche Zuwendung zur allgemeinen Finanzierung der Ausgaben des Verwaltungshaushalts und nicht zweckgebunden. Sie dienen dazu, die Finanzkraft steuer- oder umlageschwacher Kommunen zu stärken.
db