Bremst Bürokratie den"Stanicher" Fasching?

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Sieht der Fahrer noch etwas? Auch beim Umzug darf das Sichtfeld nicht eingeschränkt sein. Foto: Sonja Adam
Sieht der Fahrer noch etwas? Auch beim Umzug darf das Sichtfeld nicht eingeschränkt sein. Foto: Sonja Adam
So ist es vorbildlich: Faschingspräsident Andy Sesselmann reicht feine Lindt-Pralines aus dem Cabrio - doch die Zeiten, wo Tanzmariechen oder Prinzenpaare in Cabrios auf dem Heck sitzend, chauffiert wurden - sind längst vorbei.
So ist es vorbildlich: Faschingspräsident Andy Sesselmann reicht feine Lindt-Pralines aus dem Cabrio - doch die Zeiten, wo Tanzmariechen oder Prinzenpaare in Cabrios auf dem Heck sitzend, chauffiert wurden - sind längst vorbei.
 
Früher hat die Landjugend die große Strohfigur, die beim Narrentreiben auf dem Marktplatz verbrannt wird, als Aufbau auf einem Trecker transportiert - doch für solch große Aufbauten wäre eine TÜV-Abnahme erforderlich. Jetzt wird die Strohpuppe durch die Straßen getragen
Früher hat die Landjugend die große Strohfigur, die beim Narrentreiben auf dem Marktplatz verbrannt wird, als Aufbau auf einem Trecker transportiert - doch für solch große Aufbauten wäre eine TÜV-Abnahme erforderlich. Jetzt wird die Strohpuppe durch die Straßen getragen
 
Die Bayreuther machen es vorbildlich - Ordner flankieren den Lkw und sorgen so dafür, dass Kinder nicht unter die Räder kommen können. Doch viele Organisatoren scheuen inzwischen das Risiko und lassen nur noch Fußgruppen am Umzug teilnehmen
Die Bayreuther machen es vorbildlich - Ordner flankieren den Lkw und sorgen so dafür, dass Kinder nicht unter die Räder kommen können. Doch viele Organisatoren scheuen inzwischen das Risiko und lassen nur noch Fußgruppen am Umzug teilnehmen
 

Sicherheitsvorkehrungen bereiten dem Präsidenten der Stadtsteinacher Faschingsgesellschaft, Andy Sesselmann, Kopfschmerzen. Er fürchtet, dass motorisierte Gruppen auf Dauer die Verantwortung scheuen könnten.

Am 7. Februar ab 13 Uhr ist in Stadtsteinach wieder der Teufel los: Das Stadtsteinacher Faschingstreiben ist die größte Veranstaltung ihrer Art im Landkreis Kulmbach. 8000 bis 10 000 Menschen werden erwartet.
Doch auch, wenn die Narren regieren, wird die Stadt damit nicht zum rechtsfreien Raum, erklärt Uwe Limmer vom Landratsamt Kulmbach. Limmer und seine Kollegen vom Sachgebiet Verkehr sind zuständig, dass das Narrentreiben auch ordnungsgemäß abläuft - und dass alle Vorschriften eingehalten werden. Und Vorschriften für die Umzugswagen gibt es viele.
"Auch an Fasching herrscht keine Narrenfreiheit", sagt Limmer klipp und klar. Deshalb ist Limmer beim Faschingstreiben immer vor Ort, fotografiert, schaut die Fahrzeuge, die am Umzug teilnehmen, an und steht ständig mit der Polizei in Kontakt. "Die Bestimmungen gelten eigentlich schon seit 2000, wir wollten sie dann in den letzten Jahren nach vorne bringen. Wir haben sogar eigene Merkblätter verfasst. Erst einmal hat es einen Aufschrei gegeben, aber jetzt ist der Erfolg sehr gut. Der Fasching hat sich sehr verändert, ist sicherer geworden", sagt Limmer.
Generell sind die Fußgruppen und Narren von den Vorschriften nicht betroffen, doch für Traktoren, Zugmaschinen, Lkw und Tieflader, die beim Umzug mitfahren, gibt es klare Vorschriften. Die Achsen müssen von Ordnern flankiert werden - oder die Achsen müssen verkleidet sein. Denn natürlich sollen Kinder, die Bonbons vom Boden aufheben, nicht unter die Räder geraten können. "Es ist noch nichts passiert, aber wir wollen auch in Zukunft verhindern, dass etwas passiert. Und so ein Faschingsumzug ist ja immer in Bewegung. Da sind auch die Eltern gefordert - sie müssen den Kindern klarmachen, dass man nicht jedem Bonbon hinterherspringen kann", sagt Limmer.


Prozession lockt keinen

"Der Fasching ist in Gefahr - zumindest in seiner Art, wie er bisher war", sagt der Präsident der Faschingsgesellschaft Stadtsteinach, Andy Sesselmann, und macht keinen Hehl daraus, dass ihm die vielen Vorschriften missfallen. "Ein Umzug ist nur interessant, wenn auch Wagen dabei sind. Wenn ein Umzug nur noch aus Fußgruppen besteht, ist das eine Prozession - und man kann damit keinen mehr hinterm Ofen vorlocken", sagt Sesselmann und befürchtet, dass weitere Wagengestalter zukünftig die Haftung scheuen könnten. "Wir versuchen, die Vorschriften umzusetzen, aber wir merken, dass die Motivation der Menschen, etwas beim Fasching zu machen, weniger wird", sagt Sesselmann offen.
Die Ersten, die die Notbremse im Vorfeld gezogen haben, waren die Wikinger aus Bad Berneck. Viele Jahre lang waren sie mit einem 40-Tonnen-Gefährt beim Stadtsteinacher Faschingstreiben dabei. Jetzt nicht mehr. "Wir marschieren nur noch als Fußgruppe mit. Im letzten Jahr zum ersten Mal, in diesem Jahr wieder. Letztes Jahr waren wir Papst und Kardinal - was wir in diesem Jahr machen, verraten wir noch nicht", sagt der Vorstand der Wikinger Michael Greiner. "Wir sehen nicht ein, dass wir als Vorstand haften und unterschreiben müssen, wenn Eltern am Gehsteig stehen und nicht auf ihre Kinder aufpassen. Da ist man dann als Vorstand der Depp - und kann vielleicht gar nichts dafür, wenn was passiert", sagt Greiner.
Auch Wolfgang Heiß aus Stadtsteinach, der mehr als zehn Jahre lang einen 40-Tonner beim Umzug mitfahren hat lassen, ist noch nicht sicher, ob er dieses Jahr wieder mit von der Partie ist. "Letztes Jahr hat der Bürgermeister die Ordner, die am Wagen mitgelaufen sind, gestellt. Wie das dieses Jahr wäre, weiß ich nicht. Aber dieses Jahr haben wir auch ein Zeitproblem", sagt Heiß. Denn der Fasching ist kurz. "Wir müssen für den Umzug eine zugelassene Zugmaschine haben, das hängt jetzt von der Auftragslage ab", erklärt Heiß.
Bürgermeister Roland Wolfrum hat bislang von Wagenbauern noch keine Anfragen nach Ordnern erhalten. "Aber wenn dann noch zwei Ordner benötigt werden würden, kann ich sicherlich unterstützen - daran würde eine Teilnahme nicht scheitern", signalisiert Wolfrum erneut Unterstützung. "Die Sicherheit geht vor, wir als Veranstalter müssen einfach darauf achten. Aber wir werden auch in Zukunft einen farbenprächtigen Zug haben. Garantiert", ist sich der Bürgermeister sicher. In diesem Jahr hat sogar eine auswärtige Sambagruppe angefragt. "Ich denke nicht, dass es ausschlaggebend ist, wie viele Wagen dabei sind", sagt Wolfrum.
Doch auch andere Gruppen haben reagiert oder reagieren müssen: Die Landjugend hatte bislang immer ihre Strohpuppe, die am Ende des Faschingstreibens auf dem Marktplatz verbrannt wird, auf einem Frontlader durch die Straßen bugsiert. Seit letztem Jahr nicht mehr: Die Landjugend trägt die Strohpuppe jetzt mit purer Manneskraft durch die Straßen - einfach um eine Abnahme des Wagens vom Tüv zu umgehen.
"Wir werden dieses Jahr eine kleine Strohpuppe zum Umzug mitnehmen, die von zwei Personen getragen werden kann", erklärt Jonas Gleich von der Landjugend. Am Marktplatz wird dann aber wie gewohnt eine große Puppe verbrannt.
Ebenfalls ein No-Go ist das Chauffieren von Prinzen und Tanzmariechen im offenen Cabrio - zumindest auf dem Verdeck sitzend. Im Wagen zu stehen oder auf dem Heck zu sitzen, ist definitiv verboten. "Ich habe vor einigen Jahren selbst beobachtet, wie eine Prinzessin beim plötzlichen Anfahren fast hinterrücks vom Cabrio nach hinten gekippt wäre", sagt Limmer und empfiehlt Pick-ups. Wichtig sei zudem, dass alle Zugmaschinen samt Anhänger eine Betriebserlaubnis haben und auch speziell für den Umzug versichert sind.
"Generell läuft eine Genehmigung so ab, dass das Landratsamt die Erlaubnis, solch einen Faschingsumzug durchzuführen, dem Veranstalter erteilt - unter bestimmten Auflagen. Und der Veranstalter muss diese Auflagen dann erfüllen", erklärt Limmer das Prozedere.
Wenn Veränderungen am Fahrzeug - wie Aufbauten - vorgenommen werden, muss der Verantwortliche selbst entscheiden, ob eine Tüv-Abnahme erforderlich ist. "Wir wollen niemanden mit den Vorschriften schikanieren", sagt Limmer. Und tatsächlich ist in den letzten Jahren noch nie ein Wagen stehen geblieben ...