Bitte kommt kellnern!

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iele Gastronomen haben während der Pandemie Personal verloren und sind jetzt auf der Suche.
iele Gastronomen haben während der Pandemie Personal verloren und sind jetzt auf der Suche.
Julia Scholl
Das Frühstücksgeschirr stapelt sich - und keiner räumt ab. Vielen Wirten und Hoteliers fehlt das Personal - auch dem Kulmbacher Hotelier Stephan Ertl.
Das Frühstücksgeschirr stapelt sich - und keiner räumt ab. Vielen Wirten und Hoteliers fehlt das Personal - auch dem Kulmbacher Hotelier Stephan Ertl.
Romy Denk
Johannes Haueis vom Landgasthof in Hermes weiß, dass auch Arztpraxen Hotelfachpersonal abwerben.
Johannes Haueis vom Landgasthof in Hermes weiß, dass auch Arztpraxen Hotelfachpersonal abwerben.
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Voll besetzte Tische, aber kein Personal, das sie bedient. Der Lockdown hat die Gastronomie nicht nur finanziell, sondern auch personell hart getroffen.

Endlich kann man sein Bier am Stammtisch genießen, sich in der Gaststätte den Schweine- oder Sauerbraten schmecken lassen, als Tourist auch wieder im Hotel übernachten. Die Freude bei den Betrieben ist groß, dass nach der Außen- auch die Innengastronomie wieder eröffnet werden konnte, es nach vielen Monaten Lockdown Erleichterungen für die Gastronomie wie auch die Hotellerie gibt. Doch die Wiedereröffnung läuft in vielen Restaurants und Übernachtungsbetrieben nicht so reibungslos, wie man denken könnte. Der Grund: Es fehlen Mitarbeiter, die in der Corona-Krise nicht nur dem Arbeitgeber, sondern der gesamten Branche den Rücken gekehrt haben. Eine Erfahrung, die man auch in Kulmbach gemacht hat.

Der finanzielle Engpass

Stephan Ertl, der Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands und Inhaber des gleichnamigen Hotels am Stadtpark ist, hat die Arbeitskräfteflucht zu spüren bekommen. Drei von vier Mitarbeitern im Zimmerservice haben gekündigt. Sie haben sich einen neuen Job im Lebensmittelhandel oder Pflegebereich gesucht, in dem sie keine Angst davor haben müssen, bei steigender Inzidenz wieder in Kurzarbeit geschickt zu werden. Der Verbandssprecher hat Verständnis für die Neuorientierung der Mitarbeiter, die mit Corona in einen finanziellen Engpass geraten sind. Sie mussten mit Kurzarbeitergeld auskommen, das gerade bei Servicekräften nur einen Teil ihres vorherigen Einkommens deckte. "Vor allem bei Bedienungen ist das Trinkgeld ein wichtiger Bestandteil des Lohns", so der Verbandssprecher. Trinkgeld ist in den letzten Monaten nicht geflossen. Schwer getroffen hat es zudem Aushilfen und Minijobber, die komplett durch das Raster der staatlichen Hilfen gefallen sind.

Ein schwieriges Unterfangen

Neue Kräfte zu gewinnen, sei ein schwieriges Unterfangen. "Weil ja fast alle Personal suchen und es kaum Bewerber gibt." Wie er den Betrieb in seinem Hotel stemmt? "Die Familie muss noch mehr anpacken", sagt Ertl, der weiß, dass das in Zeiten, in denen die Zimmerauslastung noch überschaubar ist, geht. Sollten in Kulmbach die großen Firmen wieder Präsenz- statt Onlineseminare abhalten und große Feste stattfinden, mit denen die Übernachtungsnachfrage steige, stünde er vor einem gewaltigen Problem.

17 von 27 Mitarbeitern haben sich verabschiedet

Unter den gleichen Corona-Nachwirkungen wie Stephan Ertl leidet Silke Götz, die Geschäftsführerin des "Achat"-Hotels ist. Von den 27 Mitarbeitern, die es vor der Krise gab, sind 17 geblieben. Aus allen Bereichen - Empfang, Küche, Service, Housekeeping - haben sich Beschäftige verabschiedet, sagt Götz, die es dem Personal, das sich neu orientiert hat, nicht verdenken kann. Auch als Hotelchefin müsse man lernen, mit der Unsicherheit zu leben. "Uns sitzt die Angst im Nacken, dass wir noch einmal schließen müssen, wenn die Inzidenz doch wieder steigt." Mit Blick auf die Kosten hat das "Achat" man mit angezogener Handbremse den Neuanfang gestartet. "Wir bieten nur Übernachtung mit Frühstück an", sagt Götz, die hofft, dass 2022 wieder der Normalbetrieb einkehrt. "Und wir dann wieder ausreichend Personal gefunden haben."

Dass sich die Personalsuche schwierig gestaltet, das weiß auch Teamleiterin Birgit Obermaier von der Agentur für Arbeit in Bayreuth. Nicht wenige Beschäftigte in der Hotellerie und Gastronomie hätten sich krisensichere Jobs gesucht - weil nicht abzusehen sei, wie sich die Branche weiter entwickelt, weil sie vermeiden wollen, dass sie bei einem möglichen erneuten Lockdown wieder in ein finanzielles Loch fallen. "Die Situation, die schon vor Corona angespannt war, hat sich verschärft."

Auch Ärzte werben ab

Was Johannes Haueis vom gleichnamigen Landgasthof in Hermes bestätigt. Er hat während der Pandemie zwei Mitarbeiter verloren und ist auf der Suche nach drei bis vier neuen Kräften. "Je nachdem, ob sie Teil- oder Vollzeit arbeiten." Haueis spricht von einem Ringen um Beschäftigte, zumal Mitarbeiter im Gastgewerbe abgeworben würden. Auch von Arztpraxen. "Ärzte werben immer wieder um Hotelfachpersonal für den Empfang und locken mit festen Arbeitszeiten, die wir ihnen nicht bieten können." Sein Betrieb laufe noch längst nicht so wie vor Corona-Zeiten. Sei der Ansturm wie am jüngsten Feiertag groß, seien Engpässe vorprogrammiert, sagt der Gastwirt. Es könne dann schon mal vorkommen, dass Gäste länger warten müssen, weil Bedienungen fehlen, oder gar keinen Platz finden, "weil wir aufgrund der Vorgaben ja auch noch nicht so viele Tische aufstellen dürfen wie früher".

Wirt hatte Anzeigen-Glück

Vorerst aufatmen kann Georg Schramm, der die Gasthof-Metzgerei Schramm in Forstlahm betreibt. Fünf Mitarbeiter hat er in der Krise abgeben müssen. Durch eine Zeitungsannonce hat er nun aber gleich viel neue Kräfte gewonnen. "Wir hatten Glück", sagt Schramm, denn er weiß: "Personal für die Gastronomie zu finden, ist derzeit eigentlich fast unmöglich."