Der Rugendorfer Gemeinderat lehnt den Antrag des Ehepaar Radtke auf Erlass einer Baumschutzordnung ab.
Im Spannungsfeld zwischen Naturschutz, Privateigentum und Bürokratie bewegte sich der Gemeinderat am Montagabend. Brigitte und Wilfried Radtke hatten einen Antrag auf Erlass einer Baumschutzverordnung für Rugendorf und Umgebung gestellt. Darin prangerten die Radtkes "den Vandalismus" an, "der sich Baum- und Heckenbeschneidung nennt". Sie verbanden mit ihrem Antrag die Hoffnung, "dass nicht wieder einstimmig dagegen entschieden wird." Diese Hoffnung erfüllte sich nicht, das Gremium lehnte das Ansinnen einmütig ab.
Bis heute konnte nicht geklärt werden, wer wann und warum eine Weide mit gut 60 Zentimetern Stammdurchmesser auf gemeindeeigenem Gebiet in der Nähe der Hohlmühle umgemacht hat. Der Bauhof habe dies weder auf Anweisung noch eigenmächtig gemacht, betonte Bürgermeister Ralf Holzmann.
"Unsinnige Abholzung"
Gerade diese Weide habe im Frühjahr als erste geblüht und sei gerade von Bienen ausgiebig besucht worden, kritisierte Radtke die in seinen Augen unsinnige Abholzung.
Aber auch weitere radikale und unsachgemäße Baum- und Heckenschnittaktionen im Ort und außerhalb, die er mit Fotos dokumentiert hatte, prangerte Radtke an. "Das Vorgehen, wie es zurzeit praktiziert wird, ist nicht hinzunehmen und auch keine Reklame zur Neuansiedlung von Neubürgern," heißt es in dem Brief. Wenn man sich weiter an einer intakten Natur erfreuen wolle, sei dringend ein Gegensteuerm erforderlich. Dass dies nicht die alleinige Meinung von Wilfried und Brigitte Radtke ist, demonstrierten Mitglieder des Gartenbauvereins als stille Zuhörer in der Sitzung.
Mit dem Antrag wolle man keinesfalls in private Gärten und Grundstücke "hineinregieren," erklärten Brigitte und Wilfried Radtke in einem Gespräch mit der Bayerischen Rundschau. Vielmehr wolle man die Sensibilität im Ort erhöhen, wenn es um Eingriffe in die Natur geht, "die uns ja alle betrifft".
"Totgeschnitten"
Zum Beispiel seien ein Baum auf Privatgrund an der Kreuzung von Bundes- und Badstraße "totgeschnitten" und erst kürzlich 40 hohe Fichten "in einem Rutsch" in einem Garten unweit des Rathauses umgemacht worden. Das sollte man so nicht hinnehmen.
Aber genau gegen ein "Hineinregieren" sprach sich der Gemeinderat aus. "Was auf Privatgrund geschieht, ist auch eine private Entscheidung," sagte Günther Krombholz. Und "es ist ein Gesetz der Natur, dass auch geschnitten und wieder angepflanzt wird," ergänzte Albert Müller. "Natur ist nicht statisch, sondern etwas Dynamisches mit Werden und Vergehen," philosophierte Martin Hohlweg. Er habe vor 20 Jahren vor dem Hühnerstall eine Weide gepflanzt. Irgendwann werde sie zu groß oder marode und müsse weg. "Würde es eine Baumschutzverordnung geben, dann hätte ich sie umgemacht, bevor sie einen Stammdurchmesser von 25 Zentimetern erreicht hätte."
Angst vor Bürokratiemonster
"Wer ein Haus hat, hat allgemein die Sorge, dass ein Baum, wenn er eine bestimmte Größe erreicht hat, auf das Gebäude fallen könnte," gab Manfred Pöhlmann zu bedenken.
Ob eine Baumschutzverordnung nicht ein "Bürokratiemonster" wäre, mit dem man eher das Gegenteil erreichen würde, fragte Franz Schnaubelt. "Keiner traut sich dann mehr, einen Baum zu pflanzen, wenn er später fragen muss, ob er ihn wieder entfernen darf. Und wer soll das dann kontrollieren? Ich halte eine Verordnung eher für kontraproduktiv."
Zweiter Bürgermeister Fritz Rösch erinnerte daran, dass die Kommune im Rahmen der Dorferneuerung extra Grundstücksstreifen gekauft habe, um diese bepflanzen zu können.
Schließlich war sich der Gemeinderat darüber einig, dass "die Leut' schon vernünftig" sind und nicht willkürlich Tabula rasa in ihren Gärten machen. Zudem müsse man ja auch dafür sorgen, dass Bäume keinen Verkehr gefährden oder behindern oder bei Unwetter umstürzen könnten.
RESPEKT VOR FAMILIE RADTKE
In ihrem eigenen Gemeinderat stößt sie mit ihrem baum-freundlichen Anliegen bezeichnenderweise überwiegend nur auf taube und ignorante Ohren.
Wie kann denn ein gesunder Baum (“Bienen-Weide“) auf Gemeindegrund abgeholzt werden – und dann weiß keiner aus der verantwortlichen Obrigkeit Bescheid?
Was ist denn das für eine feiste Nachlässigkeit und leichtfertige Schlamperei?
Die baum-feindliche Mentalität, wie sie in den Wortmeldungen der Rugendofer Gemeinderäte durchwegs zum Ausdruck kommt, ist leider hier im Kulmbacher Umkreis weit verbreitet:
Aus dem ehemaligen ’Fauna und Flora Schutzgebiet’ Schorgast-Aue zwischen Kauerndorf – Untersteinach – Ludwigschorgast ist inzwischen eine Mondlandschaft geworden, in dem sich die Natur nie wieder zu alter Frische erholen wird!
Und auch innerorts wird fast überall nach Strich und Faden abgeholzt, was das Zeug hält: Sowohl auf öffentlichem Boden wie auch auf privatem Grundbesitz.
Die Schaufenster-Reden der Politiker zu dem schönfärberischen „Tag der Umwelt“ sind leider nur augenwischerische Schaumschlägerei und unglaubwürdiges Wortgeklüngel …
Die Natur hat in der Kommunalpolitik keine Lobbyisten, dies ist nahezu allen Gemeinderäten im Landkreis zu erkennen. Deshalb sollte man bei Wahlen immer darauf achten, dass auch Naturschützer in die Gremien kommen. Die können dann zumindest versuchen, die Kollegen umzustimmen. Dann gibt es keine einstimmigen Beschlüsse mehr.