Bambergerin beißt im Melissengeist-Rausch zu

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Mit Arzneimitteln wie Melissengeist will sich eine Autofahrerin aus dem Landkreis Bamberg einen Rausch angetrunken haben. Um eine Geldstrafe kam sie dennoch nicht herum. Symbolfoto: Archiv
Mit Arzneimitteln wie Melissengeist will sich eine Autofahrerin aus dem Landkreis Bamberg einen Rausch angetrunken haben. Um eine Geldstrafe kam sie dennoch nicht herum. Symbolfoto: Archiv

Mit 2,6 Promille machte sich eine Frau aus dem Landkreis Bamberg auf den Weg nach Kulmbach. Als ihr ein Autofahrer die Schlüssel abnahm, biss sie zu.

Sie stand mit ihrem Fahrzeug und 2,61 Promille Alkohol im Blut mittags auf der Wickenreuther Allee in Kulmbach, als ihr ein beherzter Verkehrsteilnehmer den Schlüssel abnahm und so die Weiterfahrt der Frau verhinderte. Zum Dank biss ihm die 42-Jährige zweimal in den Oberarm.


Dreimal knapp am Unfall vorbei


Zuvor wäre es auf der Bundesstraße 85 gleich dreimal beinahe zu schweren Zusammenstößen, unter anderem mit einem Schulbus, gekommen. Wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und vorsätzlicher Körperverletzung ist die Frau aus dem Bamberger Landkreis am Donnerstag zu einer Geldstrafe von 1350 Euro (90 Tagessätze zu jeweils 15 Euro) verurteilt worden. Darüber hinaus darf die Angeklagte vor Ablauf von elf Monaten keinen neuen Führerschein beantragen.

Kaum zu glauben, aber die Frau will weder Bier, noch Wein oder gar Schnaps getrunken haben. Die hohe Blutalkoholkonzentration soll einzig und allein durch die Einnahme von Medikamenten wie Hustenstiller und Melissengeist zustande gekommen sein. Rechtsmediziner Klaus Peter Klante meldete zwar Bedenken an, hielt das aber theoretisch für denkbar. Zumal die Arzthelferin einräumte, die Medikamente schluckweise eingenommen zu haben.


Alles versucht, um fit zu werden


Hintergrund der Fahrt war, dass die 43-Jährige ihren neuen Lebensgefährten in Kulmbach besuchen wollte. Da sie gesundheitlich angeschlagen war, habe sie alles versucht, um zum Rendezvous topfit zu erscheinen. Was sich allerdings von der Autobahnausfahrt Kulmbach/Neudrossenfeld bis zur Wickenreuther Allee so alles ereignete, daran hatte die Frau keine Erinnerung mehr.

Schon kurz hinter der Autobahnunterführung soll es zu einem Beinahezusammenstoß mit einem anderen Auto gekommen sein. Wenig später musste ein Lasterfahrer stark abbremsen, um einen Crash zu verhindern, und an der Steigung nach Leuchau in Richtung Kulmbach kam ihr dann ein Schulbus entgegen, auch dessen Fahrer musste stark bremsen, um einen Frontalzusammenstoß zu vermeiden.

"Allein dem Zufall und den geistesgegenwärtigen Reaktionen der anderen Autofahrer ist es zu verdanken, dass es nicht zu einem schweren Unfall kam", sagte der Vertreter der Anklage.


Beherzter Mann verhindert Schlimmeres


Doch damit nicht genug: Als die Angeklagte in der Wickenreuther Allee anhielt, um sich zu orientieren, schnappte sich der 53-jährige Autofahrer, der die ganze Zeit hinter der Frau hergefahren war und alles beobachtet hatte, den Fahrzeugschlüssel. Anschließend rief er die Polizei.

Vor Gericht berichtete die Frau allen Ernstes von einer sexueller Belästigung, weil sie der Mann angeblich an der Brust berührt haben soll, als er ihr den Schlüssel abnahm. Dem schenkte allerdings kein Prozessbeteiligter Glauben, zumal sich herausstellte, dass der Mann nicht etwa durch das Fenster auf der Fahrerseite, sondern auf der Beifahrerseite an das Zündschloss gefasst hatte.


Bisswunden im Oberarm


Ärztlich dokumentiert waren dagegen die beiden Bisse in den Oberarm des Mannes, der empört auf den Vorwurf der sexuellen Belästigung reagierte. "Das ist eine Frechheit", sagte er und beteuerte, die Frau nicht berührt zu haben. Auf den Vorschlag von Verteidiger Herbert Güthlein aus Bamberg, den Vorwurf der Körperverletzung einzustellen, reagierte der Vertreter der Staatsanwaltschaft später ablehnend: "Der Zeuge hat echte Zivilcourage gezeigt und dann wird er auch noch verletzt."

Keine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit sah Rechtsmediziner Klante. Er sprach von absoluter Fahruntüchtigkeit weit oberhalb der Bemessungsgrenze und von alkoholtypischen Fahrfehlern. Klante gab auch unmissverständlich zu verstehen, dass Alkohol eben Alkohol ist, egal ob der Betreffende vorher Bier oder Medikamente konsumiert hat.


Anwalt übt Kritk am Sachverständigen


Damit zog er sich den Zorn von Verteidiger Güthlein zu, der den früheren Landgerichtsarzt in seinem Plädoyer die Fähigkeit absprach, sachverständige Aussagen treffen zu können.

Richterin Sieglinde Tettmann stellte später die Ehre des Mediziners wieder her, indem sie ihn als langjährigen erfahrenen und äußerst zuverlässigen Sachverständigen bezeichnete.

Der Verteidiger beantragte einen Freispruch und berief sich auf einen Ausnahmefall. Er wollte vor allem verhindern, dass seine Mandantin in eine Schublade mit den Autofahrern geworfen wird, die sich sinnlos betrinken. Eine Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen beantragte dagegen der Vertreter der Staatsanwaltschaft. "Das war eine Dummheit", sagte der Anklagevertreter.

Tettmann entschied auf 90 Tagessätze zu jeweils 15 Euro. "Wenn eine Arzthelferin nicht weiß, dass in derartigen Medikamenten Alkohol in gefährlich hohen Prozentzahlen steckt, dann ist das schon bemerkenswert", sagte die Richterin.