Der Weiße Ring teilt in einer Stellungnahme mit, dass er Alfons Hrubesch und Peter Bürgin ausschließt. Ein Vorwurf: mangelden Transparenz.
Das Schreiben von Roswitha Müller-Piepenkötter, Bundesvorsitzende der Opferschutzorganisation Weißer Ring, enthält starken Tobak. "Unter anderem aufgrund höchst unprofessioneller Opferhilfe-Arbeit und der Nicht-Einhaltung des gebotenen professionellen Distanz-Verhältnisses blieb uns keine andere Möglichkeit als zu handeln", heißt es in einer Mail an die Presse, in der der Rauswurf von Peter Bürgin und Alfons Hrubesch offiziell gemacht wird. Die frühere Justizministerin Nordrhein-Westfalens wirft den beiden "vereinsschädigendes Verhalten" vor.
Gegen Hrubesch und Bürgin war ein Ausschlussverfahren angestrengt worden. Dem seien beide durch ihren Austritt aus dem Verein zuvorgekommen.
Wie bereits berichtet, hatten Alfons Hrubesch, pensionierter Polizeibeamter und ehemals Außenstellenleiter für
Kulmbach, Kronach und Lichtenfels, sowie Peter Bürgin, Hrubeschs Stellvertreter in Kulmbach, ihre ehrenamtlichen Posten im Jahr 2015 zwar niedergelegt, waren aber Mitglied im Weißen Ring geblieben.
Parallel gründeten sie eine neue Organisation, die Opferhilfe Oberfranken.Der Bundesvorstand begründet seine Entscheidung auch damit, dass beide gegen Standards und Richtlinien der praktischen Opferhilfe verstoßen hätten. Zudem hätten sich die Ausgeschlossenen geweigert, für die "nötige Transparenz zu sorgen und sich der im Verein üblichen und notwendigen Rechnungsprüfung bei der praktischen Opferhilfe-Arbeit zu unterziehen".
Konkurrenzkampf?
"Wir sind nicht mehr Mitglieder, das ist richtig", bestätigt Peter Bürgin auf BR-Nachfrage. Und hinter dem "vereinsschädigenden Verhalten" steckt offenbar genau jene Opferhilfe Oberfranken. "Uns wurde vorgehalten, wir würden damit die gleichen Ziele verfolgen wie der Weiße Ring und damit auch um die gleichen Finanzmittel konkurrieren." In diesem Zusammenhang habe der Weiße Ring Bürgin falsche Formulierungen unterstellt, was die Zahl der hauptamtlich Beschäftigten und deren Bezahlung angeht.
Der Vorwurf der "unprofessionellen Opferhilfe" bezieht sich, so Bürgin, auf den Einsatz von Alfons Hrubesch für das potenzielle Missbrauchsopfer vor und im Vergewaltigungsprozess gegen einen 71-Jährigen (siehe oben). Hrubesch soll demnach eine laut Weißer Ring "Überbetreuung" geleistet, also zu viel Zeit in diesen einen Fall investiert haben. Bürgin selber habe mit den Betroffenen bis zu Prozessbeginn nichts zu tun gehabt.
Was die angeblich nicht erbrachte Transparenz angeht - da dreht Peter Bürgin den Spieß um. "Das Gegenteil ist der Fall. Es gibt vom Weißen Ring einen Rechnungsprüfer, der beauftragt wurde, alle Abrechnungen zu kontrollieren. Übrigens: Meine Kassen- und Buchführung ist nicht beanstandet worden. Jener Prüfer hat dann einen Zwischenbericht angefertigt und dazu die Stellungnahme von Alfons Hrubesch erbeten. Dieser hat die darin enthaltenen Behauptungen Punkt für Punkt widerlegt und klargestellt."
Daraufhin wiederum hätte es einen abschließenden Bericht geben müssen aufgrund der Gegendarstellung. "Diesen Bericht hat Herr Hrubesch aber nie erhalten", sagt Bürgin. Er habe erfahren, dass besagter Rechnungsprüfer aufgrund des Vorfalls angeblich sein Amt niedergelegt haben soll. Andererseits habe Hrubesch einen Teil seiner Kosten unter anderem für Präventionsarbeit nie zurückerhalten, obwohl er deren Erstattung beim Weißen Ring angemahnt hatte. Laut Bürgin handele es sich um mehrere Tausend Euro.
Das weitere Vorgehen wollen die beiden nun mit anderen ausgetretenen Mitgliedern beraten. Bürgin: "Schmutzige Wäsche hatten wir nie waschen wollen."
Dem Weissen Ring geht es scheinbar hauptsächlich ums Geld. Hat es der Weisse Ring nötig, während eines noch laufenden Gerichtsverfahren auf diese Art und Weise an die Öffentlichkeit zu gehen und den ehemals eigenen ehrenamtlichen Mitarbeitern unprofessionelle Opferhilfe-Arbeit vorzuwerfen? Wo bleibt die Fürsorgepflicht gegenüber den eigenen Helfern. Hat der Weisse Ring hier nicht auch eine besondere Verantwortung gegenüber den Hilfesuchenden, die sich vertrauensvoll an die Opferhilfsorganisation gewandt haben? Spielt die Bundesvorsitzende des Weissen Rings womöglich sogar der Strafverteidigung und damit dem Angeklagten in die Hände? Hat der große Weisse Ring etwa angst, dass der neu gegründete Verein Opferhilfe Oberfranken dem Weissen Ring von seinen 16 Millionen Euro jährlicher Einnahmen etwas wegnehmen könnte? Die Personalkosten des Weissen Rings für ca. 100 hauptamtlich Angestellte belaufen sich auf jährlich ca. 4 Millionen Euro.
Da wird ein Weißer-Ring Mitarbeiter ausgeschlossen, da er eine Mandantin "überbetreut" hat und die "professionelle Distanz" zum betreuten Opfer nicht eingehalten hat. Da fällt einem nun wirklich nichts mehr ein - außer, dass schleunigst die Spendeneingänge des Weißen Rings auf "Auffälligkeiten in Zusammenhang mit dem aktuellen Prozess " hin überprüft werden sollten. Einen Mitarbeiter auszuschließen, weil er mehr als seine Pflicht getan hat, ist pure Pervertierung des Auftrages des Weißen Rings und wirft ein ganz schlechtes Bild auf diese Organisation.