Anwalt zweifelt: Hat der Gutachter gut gearbeitet?

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Ein faires Verfahren für seinen Mandanten will der Rechtsanwalt im Bayreuther Sicherungsverwahrungs-Prozess.Symbolfoto: Christopher Schulz
Ein faires Verfahren für seinen Mandanten will der Rechtsanwalt im Bayreuther Sicherungsverwahrungs-Prozess.Symbolfoto: Christopher Schulz

Muss ein Kulmbacher, der wegen gefährlicher Körperverletzung im Gefängnis sitzt, auch nach Verbüßen seiner Strafe weggesperrt bleiben?

Erhebliche Zweifel am Gutachten eines Psychiaters über seinen Mandanten hat Rechtsanwalt Adam Ahmed. Der Münchner Anwalt vertritt vor der Großen Kammer des Landgerichts in Bayreuth einen 40-jährigen Kulmbacher, der derzeit eine mehrjährige Haftstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung absitzt.

Der mehrfach einschlägig vorbestrafte Mann hatte im Dezember 2012 einen anderen Mann bei einer Auseinandersetzung lebensgefährlich verletzt. Er hatte mit einem Stuhl so stark auf ihn eingeschlagen, dass das Möbelstück zu Bruch ging. Dann hatte er mit einem Stuhlbein weiter auf sein Opfer eingeprügelt und es mit einem Faustschlag niedergestreckt. Dann trat er mehrfach gegen Kopf, Bauch und Oberkörper. Sein Opfer erlitt einen Jochbeinbruch, eine Hirnblutung sowie 17 Rippenbrüche. Der Täter war betrunken und stand unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln. Schon im damaligen Urteil war die anschließende Sicherungsverwahrung vorbehalten worden.

Rechtsanwalt Ahmed kritisierte das Gutachten von Psychiater Norbert Nedopil, der davon ausgeht, dass der Angeklagte auch nach der Haftentlassung eine Gefahr für andere Menschen darstellt. Der Psychiater habe seinem Mandanten mangelnden Therapiewillen und mangelndes Durchhaltevermögen attestiert, was gerade mit Blick auf den Alkoholkonsum und die damit einhergehende gestiegene Gewaltbereitschaft ein Problem sei.

Eine Einschätzung, die Rechtsanwalt Adam Ahmed nicht teilt. Denn der Psychiater habe zum einen wichtige Personal- und Krankenakten seines Mandanten nicht vorliegen gehabt und zum anderen wichtige Zeugen (Therapeuten und weitere Bezugspersonen des 40-Jährigen) nicht gehört. Damit könne er die Entwicklung des 40-Jährigen gar nicht richtig nachvollziehen und ein neutrales Gutachten abgeben. "Bei keinem anderen würde man das durchgehen lassen - aber hier, weil er ein bekannter Gutachter ist!? Das geht gar nicht", echauffierte sich der Anwalt. So werde das Recht seines Mandanten auf ein faires Verfahren verletzt.

Er stellte den Antrag, weitere Zeugen einzuvernehmen, die eine positive Entwicklung des Kulmbachers bestätigen können. Dann werde man sehen, dass der Mann nicht mehr gefährlich ist. Der Verurteilte wiederum erlaubte die Einsicht in alle Akten - auch Krankenakten - die nun aus den Bezirkskrankenhäusern Bayreuth und Straubing sowie aus der Justizvollzugsanstalt Straubing angefordert werden.

Vorsitzender Richter Michael Eckstein wies darauf hin, dass nun ein langes Verfahren droht. "Die Hauptverhandlung mit der Verurteilung hat damals drei Tage gedauert. Jetzt sind wir auch schon bei Tag 3 - und ich weiß nicht, wie lange es noch dauert. Kann so etwas vernünftig sein?" Doch der Münchner Rechtsanwalt blieb bei seinem Antrag.

Also werden die Akten angefordert. Das Verfahren wird am 5. Januar fortgesetzt.

Während der Verhandlung sorgte ein Missverständnis dafür, dass es sogar einmal laut im Saal wurde: Als der Kulmbacher, der zwar gut, aber nicht perfekt Deutsch spricht, danach gefragt wurde, warum er einer Einladung zu einem Gespräch in der JVA nicht gefolgt war, sagte er: "Ich werde hier behandelt wie ein Stück Scheiße." Das brachte Richter Eckstein in Rage: "Das verbiete ich mir!", maßregelte er mit voller Stimme den Mann. Der erklärte gleich darauf, dass er die Behandlung im Gefängnis gemeint habe. "Die wollen, dass ich in Sicherungsverwahrung komme. Dagegen kämpfe ich."

Sollte die Maßnahme tatsächlich angeordnet werden, dann muss der 40-Jährige wohl noch mehrere Jahre auf seine Freiheit zu verzichten.