Ärger wegen Dünge-Einsatz vor Mitternacht: Jetzt spricht der Landwirt

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Thomas Rausch hat Ärger mit der Polizei bekommen, weil er nachts Gülle ausgebracht hat. Foto: privat
Thomas Rausch hat Ärger mit der Polizei bekommen, weil er nachts Gülle ausgebracht hat. Foto: privat

Thomas Rausch hat zwei Anzeigen der Polizei am Hals, weil er in den Abendstunden Gülle ausgefahren hat. Aber hat er doch rechtmäßig gehandelt?

Die Polizeimeldung hat Harald Köppel, dem Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands, im wahrsten Sinn des Wortes gestunken: Beamte der Stadtsteinacher Polizei hatten in der Nacht zum Dienstag einen Landwirt auf einem Feld bei Marienweiher dabei beobachtet, wie er kurz vor Mitternacht Gülle auf eines seiner Felder aufbrachte. Die Beamten erklärten dem Mann, dass er nicht nur gegen die Ausgangssperre verstoßen würde, sondern auch noch Gülle auf gefrorenem Boden ausbringen würde, was ebenfalls verboten sei. Zwei Anzeigen waren die Folge. Doch ob die berechtigt waren, daran hat nicht nur Harald Köppel seine Zweifel.

Besagter Landwirt ist Thomas Rausch aus Marktleugast. Er habe nach bestem Gewissen gehandelt, erklärt er. "Ich hatte ein Güllefass geliehen und wollte am Montag die Gülle ausbringen." In der Woche zuvor hatte seine Frau Petra die dafür notwendige, ausführliche Dokumentation ausgearbeitet. "Die war Sonntag fertig", sagt sie. Doch am Montagmorgen schneite es im Oberland, am Nachmittag war alles so matschig, dass ein bodenschonendes Bearbeiten des Ackers nicht möglich war. Der große Traktor hätte zudem so viel Dreck auf die Straße gebracht, dass das wiederum für "Freude" bei den Autofahrern gesorgt hätte. Also verzichtete der 43-Jährige auf den Arbeitseinsatz.

Als er und seine Frau - die beiden sind Vollzeitlandwirte - am Abend aus dem Stall kamen, waren die Bedingungen besser. Der Boden war leicht gefroren, so dass eine Arbeit auf dem Feld möglich war. Die bayerische Gülleverordnung besagt, dass das Ausbringen des Düngers unter diesen Umständen möglich ist, wenn zu erwarten ist, dass am nächsten Tag Tauwetter herrscht und der Boden tagsüber mindestens bis 20 Zentimeter Tiefe auftaut - damit die Gülle versickern kann. Davon ging Rausch auch aus, als er um 21.30 Uhr rausfuhr. Als er mit dem Gülleausbringen fast fertig war, stand plötzlich die Polizei am Feldrand.

"Mir war nicht klar, gegen irgendwelche Ausgangsbeschränkungen verstoßen zu haben", betont Rausch, der sich deshalb über die Kontrolle gegen 23 Uhr zunächst nur gewundert habe. Noch mehr wunderte er sich über den Vorwurf, dass er nicht nur die Ausgangssperre verletzt habe, sondern auch die Gülle nicht hätte ausbringen dürfen. Er habe seine Sicht der Dinge geschildert und erklärt, warum er zu später Stunde unterwegs sei. Die Beamten hätten seine Papiere kontrolliert und Beweisfotos gemacht. Mehr sei nicht passiert.

Dass die Polizeimeldung von der Kontrolle in den Zeitungen und anderen Medien am Folgetag für einen derart großen Wirbel sorgen würde, davon war er überrascht. Vor allem über die vielen positiven Kommentare in den sozialen Netzwerken, ergänzt seine Frau. "90 Prozent sind auf unserer Seite. Das hat mich richtig berührt."

Wie es nun weitergeht mit den Anzeigen, ob und was sie zahlen müssen, darauf sind die beiden schon gespannt.

Die Polizei jedenfalls hält an ihren Ermittlungen fest, erklärt der stellvertretende Leiter der Stadtsteinacher Inspektion, Marco Gottesmann. Die Kollegen hätten sogar am Tag darauf noch überprüft, wie tief der Frost reicht. Dazu hätten sie gegraben und seien in zehn Zentimetern Tiefe auf gefrorenen Boden gestoßen.

Die Anzeigen werden jetzt an die zuständigen Behörden weitergeleitet, die die Lage beurteilen müssen. Dabei hängen beide Anzeigen unmittelbar zusammen: Hätte Rausch die Gülle ausbringen dürfen, dann habe er seinen Beruf ausgeübt und nicht gegen die Ausgangssperre verstoßen. Hätte er aber nicht düngen dürfen, dann habe er in der Folge nachts auch nicht das Anwesen verlassen dürfen und somit gegen die Ausgangssperre verstoßen.

Die Behörden, die sich mit dem Fall befassen müssen, sind das Landratsamt Kulmbach und das Landesamt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Coburg, genauer gesagt das zugehörige Fachzentrum für Agrarökologie mit Sitz in Bad Staffelstein. Dessen Leiterin ist Claudia Alberts. Eine Bewertung des Falls kann sie nicht vornehmen, weil ihr die Unterlagen der Polizei noch nicht vorliegen. Wohl aber eine Einordnung. Und die spricht für Landwirt Thomas Rausch. "Unserer Einschätzung nach war es möglich zu fahren." Dass der Boden selbst im Oberland noch in zehn Zentimetern Tiefe gefroren gewesen sein soll, bezeichnete sie als äußerst unwahrscheinlich.

Auf den Eingang der Anzeige wartet auch noch das Landratsamt Kulmbach. Erst wenn die Ermittlungsergebnisse der Polizei vorliegen, können die zuständigen Mitarbeiter den Fall prüfen und bewerten.

Für BBV-Geschäftsführer Harald Köppel ist die Angelegenheit dagegen klar: "Der Mann konnte fahren und hat nur seinen Beruf ausgeübt." Seiner Ansicht nach ist die Polizei "deutlich über das Ziel hinausgeschossen".

Köppel kennt zudem die Hintergründe, warum die Landwirte auch nachts ausrücken: "Ein modernes Düngefass kostet 100 000 Euro und mehr. Das zu kaufen ist weder sinnvoll noch wirtschaftlich." Deshalb werden diese Güllefässer in der Regel für ein paar Tage ausgeliehen. In dieser Zeit müssten die Landwirte die Wetterverhältnisse nutzen, um die Arbeit zu erledigen. "Deshalb ist der Mann um Mitternacht rausgefahren. Das ist zwar nicht gerade eine normale Zeit, aber aufgrund der Wetterprognosen nicht anders möglich gewesen", nimmt er Thomas Rausch in Schutz.

Zahlreiche Landwirte seien oft in den Morgenstunden im Einsatz. "Da könnte die Polizei um 3 Uhr früh viele rausziehen." Aber die Bauern seien eine systemrelevante Berufsgruppe und dürften auch während der Ausgangssperre fahren, um ihren Job zu erledigen. Alle Anschuldigungen sind seiner Meinung nach haltlos. "Ich weiß ja nicht, wie gut sich die Polizei im Düngerecht auskennt, diese Beamten waren wohl ziemlich fit", meint er sarkastisch und betont: "Rechtlich darf ein Landwirt sehr wohl bei Frost düngen, wenn es tagsüber auftaut. Und das war am Montag und am Dienstag der Fall." Er bedauert, dass durch die Meldung der Polizei "so die ganze Landwirtschaft an den Pranger gestellt wird".