Zum Reformationstag, der sich 2017 zum 500. Mal jährt, gibt es in Kulmbach eine besondere Aktion: Um 15.17 Uhr erklingen die Glocken sämtlicher Kirchen.
Es geschah am 31. Oktober 1517. Martin Luther, Augustinermönch und Bibelübersetzer, nagelt seine 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg. Darauf prangert er Fehlentwicklungen der Kirche an - allen voran den Handel mit Ablassbriefen.
So zumindest die Überlieferung. Unter Historikern nämlich ist umstritten, ob Luther die Thesen wirklich eigenhändig in der Stadt in Sachsen-Anhalt angeschlagen hat oder ob sie nicht über andere Wege an die Öffentlichkeit kamen. Fakt ist jedoch: Besagter 31. Oktober, der sich heuer zum 500. Mal jährt, gilt als Ausgangspunkt einer Entwicklung, die von Luther so gar nicht geplant war: der Aufspaltung der Westkirche in eine römisch-katholische und verschiedene protestantische Konfessionen.
Gesetzlicher Feiertag in Bayern
In unserem Kalender heißt der 31. Oktober deshalb Reformationstag - und er hat heuer ein besonderes Jubiläum. Denn den 500. Jahrestag des Luther`schen Thesenanschlags nahm der bayerische Landtag zum Anlass, um den Reformationstag erstmals im gesamten katholisch geprägten Bayern zum gesetzlichen Feiertag zu erklären.
Zur Feier dieses besonderen Ereignisses gibt es in
Kulmbach, wo 1528 der erste evangelische Gottesdienst gefeiert wurde, eine besondere Aktion. In Anlehnung an das Jahr 1517 werden genau um 15.17 Uhr alle Kirchenglocken gemeinsam erklingen - egal, ob protestantisch oder katholisch. Und zwar fünf Minuten lang - in Anlehnung an die fünf Jahrhunderte, die seit Luthers Thesenanschlag bereits vergangen sind.
Gemeinsam trotz Spaltung
"Die Aktion soll gerade am Tag, der zur Spaltung führte, die Gemeinsamkeit betonen", erklärt der protestantische Dekan Thomas Kretschmar, der die Idee des Oberkirchenrats der evangelisch-lutherischen Landeskirche aufnahm und seinen Kollegen Hans Roppelt nicht lange überzeugen musste. "Wir machen gerne mit und setzen ein Zeichen der freundschaftlichen Ökumene", sagt Kulmbachs katholischer Dekan.
Sicher beteiligen sich, so Kretschmar, alle evangelischen Kirchen des Stadtgebietes sowie die katholischen Gotteshäuser Unsere liebe Frau und St. Hedwig. Außerdem schlössen sich wohl noch einige evangelische und katholische Gemeinden des Landkreises, für die Kretschmar beziehungsweise Roppelt zuständig sind, der Aktion an.
Gottesdienst um 15.17 Uhr
Andere Pläne hat indes das protestantische Dekanat Thurnau. Dort läuten um 15.17 Uhr ausschließlich die Glocken der Friedenskirche Hollfeld, wo genau dann der zentrale, ökumenische Reformationsgottesdienst des Dekanats beginnt.
Die Kulmbacher Aktion betone, so Kretschmar, den besonderen Charakter des diesjährigen Jubiläums. "Oft war das eher eine konfessionsabgrenzende oder nationalistische Veranstaltung." 1717 wurden kurz vor dem Dreißigjährigen Krieg am Reformationstag vor allem die Unterschiede der Konfessionen betont. 1817, als sich auf dem Wartburgfest Studenten erstmals unter der schwarz-rot-goldenen Fahne versammelten, wurde Luther als großer Deutscher gefeiert. Und 1917 sorgte der Erste Weltkrieg dafür, dass es keine große Feier gab.
Kulmbach lebt Ökumene
Diesmal soll das anders werden. "Nach über 50 Jahren Ökumene stehen wir gemeinsam in dieser Welt für Gott ein. Das soll das Glockenläuten betonen", sagt Kretschmar. Und auch Roppelt ist von der Idee begeistert. "So stelle ich mir Ökumene vor. Wir sind auf einem guten Weg."
Das Reformationsfest habe auch für die katholischen Christen eine große Bedeutung. "Auch wir müssen uns reformieren." Außerdem bestünden viele Verbindungen zwischen den Konfessionen. "Daran wollen wir durch unser Mitfeiern erinnern." Denn die Katholiken sind nicht nur bei der Glocken-Aktion dabei, sondern auch um 10 Uhr beim von Dekan Kretschmar gestalteten zentralen Dekanatsgottesdienst in der Petrikirche. Dekan Roppelt hält die Lesung und der katholische Kirchenmusik-Direktor Wolfgang Trottmann spielt zusammen mit Ingo Hahn vierhändig die Orgel.
Anschließend geht es für einige Kulmbacher Protestanten per Bus direkt weiter nach Coburg. Dort findet am Reformationstag der Kirchentag des Kirchenkreises Bayreuth statt. Das Glockenläuten wird Dekan Kretschmar also gar nicht hören. "Meine Frau muss mir von den fünf Minuten, in denen man die Glocken in der Innenstadt sicher nur schwer unterscheiden kann, ausführlich berichten."