Zwei Kölner in Franken - die Hürden des Dialekts

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Mit ihrem Lkw erwischten zwei Rheinländer die Dachrinne des Weißenbrunner Büttnermuseums und fuhren davon, obwohl man sie auf den Schaden aufmerksam machte.

Die Szene bietet herrlich viel Spielraum für Spekulationen. Teilweise laufen gleich mehrere Filme parallel vor meinem inneren Auge ab und irgendwie enden alle damit, dass sich zwei von der Sonnenbankgebräunte Darsteller mit Minipli-Frisur ungläubig ansehen, zu einer neben ihnen stehenden Frau "Wat, wer bist du denn?" sagen und in ihrem Lastwagen das Weite suchen. Wahrscheinlich habe ich in meiner Jugendzeit zu oft "TV total" gesehen.

Aber so schnell kann Farbe in einen bis dahin tristen Montagmorgen kommen. Ausgelöst wurden alle imaginären Kurzfilme durch eine kleine Polizeimeldung, die die Kollegen des Sonntagsdienstes unter der Überschrift "Sprachbarriere als Schutzbehauptung" in der Montagsausgabe des Fränkischen Tags veröffentlicht haben.


Ein Fortschritt

Was war passiert? Bereits Mitte Oktober beschädigte ein Lkw-Fahrer aus dem Rheinland beim Rückwärtsfahren die Dachrinne des Weißenbrunner Brauer- und Büttnermuseums, obwohl er von seinem Beifahrer eingewiesen wurde. An sich nichts Besonderes. Auch nicht, dass beide angaben, den kleinen Unfall gar nicht bemerkt zu haben oder dass sie davonfuhren, obwohl eine Anwohnerin sie auf den Schaden aufmerksam gemacht hatte.
Was den Fall vom leicht Tragischen ins Komische kippen lässt: Der Polizei, die erst jetzt letzte Vernehmungen abschloss, erklärten beide, die Frau wegen ihres Dialekts nicht verstanden zu haben. "Sag mal, du Rheinländer, das ist doch ein Thema für dich", bekomme ich von den Kollegen zu hören. Ich bin erstaunt.

Es ist ein Fortschritt, bin ich doch mindestens genauso oft mit den Worten "viel Spaß im Ruhrpott" in den Heimaturlaub nach Düsseldorf verabschiedet worden wie die Fortuna aus der Bundesliga abstieg - ohne ins Detail gehen zu wollen: zu oft.

Noch interessanter wird die Recherche, als Manfred Fugmann, Pressesprecher der Kronacher Polizei, mir mitteilt, dass es sich bei den beiden Männern um Kölner handelt. Zu den Bewohnern der Domstadt haben wir Düsseldorfer schließlich ein ähnlich gutes Verhältnis wie Fürther zu Nürnbergern.

Doch werden wir wieder sachlich. Kommen solch amüsante Ausreden eigentlich öfter vor? "Das war das erste Mal, dass sprachliche Missverständnisse als Grund angegeben wurden", erklärt Fugmann. Nicht neu sei hingegen die Aussage, von einem Unfall gar nichts mitbekommen zu haben. Das würden seine Kollegen bestimmt von 80 Prozent der Beschuldigten zu hören bekommen, schätzt er.


An die Grenzen gestoßen

Dass den beiden Kölnern ihre Argumentation vor Gericht helfen wird, kann sich der Polizeisprecher nicht vorstellen. Gegen sie wird nun wegen Fahrerflucht ermittelt. "Zumindest bei einem Auto merkt man eigentlich jeden Anstoß. Ob das bei einem Lkw auch so ist, kann ich aber nicht beurteilen", sagt er. Dieser Frage müsse nun ein Sachverständiger nachgehen. Auch die scheinbar unüberwindbare sprachliche Barriere betrachtet er eher belustigt. "Es ist doch logisch, dass man nachfragt, wenn man etwas nicht versteht", sagt Fugmann. Das verlange schon der gesunde Menschenverstand. "Außerdem glaube ich, dass wir Franken gar nicht so schwer zu verstehen sind. Aber ich bin Urfranke, da ist das natürlich eine sehr subjektive Ansichtsweise", fügt er hinzu und lacht.

Heinz Krause vom Weißenbrunner Museum hat von dem Schaden noch gar nichts mitbekommen. "Da bin ich erst am Montag drauf angesprochen worden, nachdem es Leute in der Zeitung gelesen haben", erzählt er. Doch für das Gebäude sei er ohnehin nicht zuständig, das sei Sache der Gemeinde. Wie hoch der an der Dachrinne entstandene Schaden ist, kann Bürgermeister Egon Herrmann nicht einschätzen. "Ich weiß nur, dass es einen gegeben hat. Wie er entstanden ist aber nicht", sagt er.


Positiv überrascht

Die Zeugin war gestern nicht mehr zu finden. Sicherlich wäre es interessant gewesen zu prüfen, ob ich nach zwei Jahren in Franken mehr verstanden hätte als die rheinischen Nachbarn. Auch wenn ich von meinen fränkischen Gesprächspartnern bisher stets positiv überrascht wurde, muss ich den beiden Kölnern eines zugestehen: Sie hatten schlechte Voraussetzungen. Schließlich gehört Kölsch zu den mittelfränkischen Dialekten. Kein Wunder, dass man da in Oberfranken schnell an seine Grenzen stoßen kann.