Zahl junger Menschen im Kreis Kronach sinkt rapide

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Rund 440 Schüler aus dem Landkreis-Norden besuchen Schulen in Kronach. Foto: Archiv
Rund 440 Schüler aus dem Landkreis-Norden besuchen Schulen in Kronach. Foto: Archiv
 

In der Diskussion um eine weiterführende Schule im Landkreis-Norden spielt die Bevölkerungsentwicklung eine wichtige Rolle. Die Zahlen sprechen nicht für eine weitere Einrichtung in der Rennsteig-Region.

Eine weiterführende Schule im Landkreis-Norden ist seit geraumer Zeit ein Schwerpunkt der öffentlichen Diskussionen in der Kreispolitik. Während einerseits einige Politiker eine solche Einrichtung als durchaus sinnvoll erachten, werden andererseits immer wieder Stimmen laut, wonach eine Schule im Norden zu Lasten der Einrichtungen im Süden gehen könnte.

Aus den Reihen der SPD kommt immer wieder mal der Ruf nach einer Modellschule mit verschiedenen Schularten unter einem Dach. Für das zuständige Ministerium ist dies aber derzeit keine Option. Und die CSU denkt darüber nach, ob es sinnvoll wäre, vielleicht nur einzelne Klassen aus Kronach in den Norden auszulagern. Aber sind diese Überlegungen tatsächlich praktikabel und angesichts der demografischen Entwicklung überhaupt sinnvoll? Eine Potenzialanalyse soll Aufschluss darüber geben.
Aber braucht es sie tatsächlich?

Aktuell keine Auswirkung

Werfen wir einen Blick auf die Schülerzahlen: In diesem Jahr besuchen rund 3040 Kinder weiterführende Schulen in Kronach. Aus der Rennsteig-Region inklusive der Verwaltungsgemeinschaft Teuschnitz sind es etwa 440. Heruntergebrochen auf vier weiterführende Schulen inklusive der einzelnen Klassen in verschiedenen Jahrgangsstufen könnte man aus heutiger Sicht tatsächlich die Aussage treffen, dass die Schulen in Kronach aktuell wohl nicht allzu sehr darunter leiden würden, stünden diese Schüler nicht zur Verfügung. Aber wohl nur aus heutiger Sicht ...

Blick in die Zukunft

Will man eine zukunftsfähige Lösung erreichen, muss nicht nur ein Blick in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft erlaubt sein. Dabei ist nicht zuletzt die Bevölkerungsentwicklung ein ganz wichtiger Gradmesser in der Bewertung der Situation. Die Übertrittsquoten belegen, dass sich die Zahlen von 2002 bis heute signifikant nach oben entwickelt haben: von 20,1 auf 27,6 Prozent bei den Realschulen (Landesquote 28,1) und von 24,8 auf 35,0 Prozent bei den Gymnasien (Landesquote 39,3). Allerdings hat sich in den vergangenen Jahren eine gewisse "Sättigung" eingestellt. Zwar bewegt sich die Quote bis auf ein, zwei Prozentpunkte auf konstantem Niveau, doch die absoluten Zahlen sprechen eine andere Sprache. Und nur diese sind entscheidend, da eine Quote nicht die tatsächliche Situation widerspiegelt.An den Realschulen sind die absoluten Übertrittszahlen seit 2010 rückläufig (von 209 auf 159). Ähnlich sieht es mit einer Ausnahme im Jahr 2011 an den Gymnasien aus. Dort ging die Zahl der Übertrittsschüler seit 2007 von 261 auf 202 im vergangenen Schuljahr zurück.

Eine Tendenz lässt sich anhand dieser Zahlen ablesen - ohne Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung. Letztere spielt natürlich auch eine wesentliche Rolle. Laut Statistischem Landesamt ist die Bevölkerung im Landkreis Kronach seit 1992 von 76 900 Einwohner auf 68 500 in 2013 gesunken. Hochrechnungen ergeben, dass der Einwohnerverlust weiter voranschreiten wird. So werden für 2032 nur noch 58 800 Landkreis-Bürger erwartet. Diese Entwicklung schlägt sich natürlich auch auf die Zahl der Geburten nieder. Betrachtet man alleine den Zeitraum seit 2000, so sind die Geburten von 662 auf 432 im vergangenen Jahr zurückgegangen.

Vorausberechnung

Bis ins Jahr 2032 liegt vom Landesamt für Statistik eine Bevölkerungsvorausberechnung vor, wonach der Anteil der Grundschüler im Alter von sechs bis zehn Jahren von 2000 (2013) auf 1600 im Jahr 2032 zurückgehen soll. Das heißt nichts anderes, als dass das Potenzial für die weiterführenden Schulen sukzessive kleiner wird. Noch deutlicher wird dies unter Berücksichtigung der für die weiterführenden Schulen relevanten Altersgruppe der Zehn- bis 18-Jährigen. Diese umfasste im vergangenen Jahr 5900 Menschen (2014: 5700); 2032 sollen es nur noch 4000 sein.

Quote von 53 Prozent

Setzt man die jetzige Zahl der Schüler an weiterführenden Bildungsanstaltungen in Relation zu der relevanten Altersgruppe, erhält man eine Quote von rund 53 Prozent. Übertragen auf das Jahr 2032 würde dies bedeuten, dass bei gleich bleibender Übertrittsquote 2120 Schüler an weiterführenden Schulen sein müssten - also rund 900 weniger als heute. Dies wären mehr als doppelt so viele, als wenn man heute die eingangs erwähnten 440 Kinder aus der Rennsteigregion von den weiterführenden Schulen in Kronach "abziehen" würde. Dies würde dann wohl nicht spurlos an den Schulen in Kronach vorüber gehen.


Kommentar:

Sicherlich hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die Übertrittsquote hin zu den weiterführenden Schulen nach oben entwickelt, was auch mit der veränderten Einstellung in den Familien zu tun hat. War früher noch der Wunsch nach einem "handfesten Beruf" weit verbreitet, so ist dieser Gedanke in den vergangenen Jahren immer weiter in den Hintergrund getreten. Und: Auch wenn es kaum jemand öffentlich sagen will, aber die Mittelschule hat heute bei Weitem nicht mehr den Stellenwert der früheren Hauptschule - wenngleich sie doch eine interessante Möglichkeit auf dem Weg zur Mittleren Reife bietet.

Entscheidend ist aber nicht die Quote, sondern es sind die absoluten Zahlen. In ihnen spiegelt sich zum einen die Bevölkerungsentwicklung wider, zum anderen die Tatsache, dass der Anteil derer, die an weiterführende Schulen wechseln, nicht stetig wachsen kann, weil schlichtweg Gymnasium und Realschule nicht für jedes Kind geeignet sein können und auch nicht sein dürfen.

Eine weiterführende Schule im Norden muss deshalb auf der Grundlage der vorliegenden Zahlen und des jetzigen Schulsystems in Frage gestellt werden. Selbst die Auslagerung einzelner Klassen erscheint angesichts der organisatorischen Herausforderung als wenig sinnvoll.

Wenn es einen richtigen Zeitpunkt für eine weiterführende Schule im Norden gab, dann hat ihn die Politik nicht zuletzt durch den Bau des Schulzentrums Ende der 70er Jahre verpasst. Nicht zu vergessen sind die zahlreichen, Millionen Euro teuren Baumaßnahmen, die in den vergangenen Jahren an den weiterführenden Schulen durchgeführt wurden. Mit Blick auf eine Schule im Norden wäre so manche Maßnahme sicherlich nicht erforderlich gewesen.

Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Inwieweit kleinere Klassenstärken oder flexiblere Schulformen eine weiterführende Einrichtung im Norden begünstigen könnten, sei dahingestellt.
Allerdings ist das eine Entscheidung, die nicht im Landkreis Kronach getroffen wird. Doch auch dabei werden am Ende immer die Zahlen eine entscheidende Rolle spielen. Und die sprechen eine eindeutige Sprache. Angesichts dessen kann es nur das Ziel sein, die Schülerbeförderung so optimal wie möglich und damit die Belastung so gering wie möglich zu gestalten.