Die Regierung von Oberfranken äußert sich zu MdL Jürgen Baumgärtners Vorstoß, Flüchtlinge im Landkreis Kronach nicht in großen Sammelunterkünften einzuquartieren und eine Quote für die Zuweisung einzuführen. Außerdem gerät ein Hotel in Oberlangenstadt in den Fokus.
Große Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge sind politisch im Landkreis nicht erwünscht. Eine von MdL Jürgen Baumgärtner (CSU) in die Diskussion eingebrachte Obergrenze für die Zuweisung von Flüchtlingen in den Kreis
Kronach, fände hingegen Zustimmung - wenn sie denn umsetzbar sein sollte. Wir konfrontierten den Pressesprecher der Regierung von Oberfranken, Oliver Hempfling, mit den Resultaten einer Besprechung von Baumgärtner, Landrat Oswald Marr (SPD) und mehreren Bürgermeistern.
"Grundsätzlich sind wir immer bereit, mit jedem zu reden", begegnet Hempfling dem Vorstoß Baumgärtners offen. Was eine Obergrenze für die Zuweisung von Flüchtlingen angeht - dem Abgeordneten schweben jährlich 0,25 Prozent der Kreisbevölkerung vor -, macht er ihm aber wenig Hoffnung.
Ohne andere politische Vorgaben, müsse die Regierung einfach ihre Aufgabe erfüllen: "Und unsere einzige Aufgabe ist es, die Leute, die kommen, menschenwürdig unterzubringen." Wie viele Flüchtlinge in Bayern eintreffen und dann dem Bezirk zugeteilt werden, darauf habe man in Bayreuth keinen Einfluss, so Hempfling. "Da unterliegen wir den Fakten."
Bei der Aufteilung auf die Landkreise müsse zudem auf eine möglichst gerechte Vorgehensweise geachtet werden. Das betreffe nicht nur die Zahlen, sondern auch den zweiten Wunsch Baumgärtners, möglichst Familien nach Kronach zu lotsen. "Wo liegt die Grundlage dafür, dass ein Landkreis nur Familien bekommen soll, der andere nur Flüchtlinge, die alleine sind?", fragt Hempfling.
Gemeinden reden bei Bauvorhaben mit
Was den Bau großer Sammelunterkünfte betrifft, bestätigt der Pressesprecher, dass die Regierung
auch solche Ideen prüft (für Kronach denkt der Weismainer Bauunternehmer Alois Dechant über ein solches Projekt nach). Allerdings versichert Hempfling, dass die Gemeinden in solchen Fällen - wie bei anderen Bauanträgen auch - nein sagen können. Wie die Flüchtlinge vor Ort untergebracht werden, hänge von den jeweiligen Gegebenheiten ab. Die Regierung kümmere sich jedoch nur um Unterkünfte, die mindestens etwa 50 Personen aufnehmen. Kleinere Einheiten fielen unter die Obhut des Landkreises, erklärt Hempfling.
Wie der Bezirk, so ist auch der Landkreis ständig auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge. Neu zu schaffende Gebäude stehen dabei ebenso im Fokus wie bereits bestehende. Vor allem in Kronach und Küps gibt es momentan schon verschiedene Überlegungen.
Ein neues Quartier in Sicht?
Im Zuge unserer Recherchen erfuhren wir auch von Gesprächen über das "Hotel Hubertus" in Oberlangenstadt. "Ich kenne Vorhabensgedanken, aber in welchem Vollzugsstatus die Angelegenheit ist, kann ich nicht sagen", erklärt der Küpser Bürgermeister Herbert Schneider (parteilos) auf unsere Anfrage, ob dort Plätze für Flüchtlinge entstehen. Und er spekuliert: "Es scheint so zu sein."
Pressesprecher Bernd Graf vom Landratsamt klärt hierzu auf: "Der Landkreis steht in Verhandlungen mit dem Eigentümer. Wir haben die Hoffnung, dass ein Mietvertrag zu Stande kommt." Sollten die Gespräche zu einem positiven Ergebnis führen, geht Graf von etwa 40 bis 50 Personen aus, die im Hotel untergebracht werden könnten.
Politiker aus dem Kreis Kronach nehmen Stellung
MdL Jürgen Baumgärtner, zugleich CSU-Kreisvorsitzender, legte in der Besprechung am Montag seine zwei wesentlichen Ziele für die Flüchtlingspolitik fest: Sammelunterkünfte für maximal 50 Personen im Landkreis und eine Beschränkung der Zuweisung auf etwa 0,25 Prozent der Bevölkerung (circa 175 Personen pro Jahr). Nur so könne gesichert werden, dass die aus seiner Sicht notwendigen Eckpfeiler für eine erfolgreiche Integration dauerhaft tragfähig bleiben: "Das ist der Integrationswille der Menschen hier und bei denjenigen, die zu uns kommen. Und es sind die Ressourcen vor Ort." Doch was halten andere Kreispolitiker davon?
"Ich finde, das ist eine sehr vernünftige Position", meint SPD-Kreisvorsitzender Ralf Pohl. Nur durch die Nutzung von kleinen Einheiten könne die Integration funktionieren.
Eine Beschränkung der Zuwanderung im Kreis hält er hingegen für schwer umsetzbar. Dafür fehle die rechtliche Grundlage. "Eine Quote für unseren Landkreis haben wir wohl nicht in unserer Hand", so Pohl.
Ebenso sieht es Tino Vetter, Kreisvorsitzender der Freien Wähler: "Die Obergrenze legen nicht wir fest." Allerdings unterstützt auch er die Absicht, auf kleinere Sammelunterkünfte zu setzen: "Die großen Gebäude sollen sie in München bauen. Bei uns muss man das deutlich kleiner halten." Vor allem müsse eine Nachnutzung im Stile des sozialen Wohnungsbaus möglich sein. "Wir wollen ja keine Gebäude, die nach zehn Jahren verschlissen sind und dann als Ruinen herumstehen." Großes Lob findet Vetter für das Parteien übergreifende Gespräch zu diesem Thema.
"Dass hierfür alle zusammenfinden, ist sehr positiv", betont er.
Kultureller Austausch
Die Grünen-Kreisvorsitzende Edith Memmel sieht den richtigen Weg zur Integration in kleineren, auf verschiedene Orte verteilten Einrichtungen. Bei größeren Unterkünften bestehe zudem wegen der unterschiedlichen dort unterzubringenden ethnischen Gruppen ein größeres Konfliktpotenzial. Weiter regt Memmel an, einen Projektvorschlag bei der Regierung einzubringen. So wünscht sie sich eine Unterstützung für Kommunen und Privatleute, die Gebäude für die Flüchtlinge herrichten wollen. Der Bau großer, später kaum noch nutzbarer Unterkünfte ist aus ihrer Sicht perspektivisch ein zu kurzer Sprung und wohl nur aus unternehmerischer Sicht interessant. In der Diskussion um die Zuweisungsquoten müsse man am Ball bleiben, sagt sie.
Auch Silke Wolf-Mertensmeyer, Kreisvorsitzende der Frauenliste, möchte keine Parallelgesellschaft in großen Sammelunterkünften schaffen, sondern Raum zum "Beschnuppern" und zum kulturellen Austausch zwischen Flüchtlingen und Einheimischen bieten. "Wer eine vernünftige Integration will, wird daher grundsätzlich für eine dezentrale Unterbringung sein", betont sie. Für eine Regulierung der Flüchtlingsquote sieht sie wenig Chancen.