Wie eine Kronacher Malerin mit Naturfarben neue Motivation fand

2 Min
Mehr als ein kleines Döschen Naturfarbe bekommt Andrea Partheymüller-Gerber nicht aus den Pflanzen. Fotos: Jan Koch
Mehr als ein kleines Döschen Naturfarbe bekommt Andrea Partheymüller-Gerber nicht aus den Pflanzen. Fotos: Jan Koch
Blau- und Gelbtöne sind aus den heimischen Pflanzen gut herzustellen, nur ein kräftiges Rot ist schwierig, wie Andrea Partheymüller-Gerber bedauert.
Blau- und Gelbtöne sind aus den heimischen Pflanzen gut herzustellen, nur ein kräftiges Rot ist schwierig, wie Andrea Partheymüller-Gerber bedauert.
 
Liguster gibt es in unserer Gegen häufig.
Liguster gibt es in unserer Gegen häufig.
 
Im Wasser wird er gemeinsam mit Alaun gekocht. Die Säure sorgt dafür, dass die Farbe stärker aus den Beeren austritt.
Im Wasser wird er gemeinsam mit Alaun gekocht. Die Säure sorgt dafür, dass die Farbe stärker aus den Beeren austritt.
 
Nach mindestens einer Stunde Kochzeit, werden die Beeren abgeseiht ...
Nach mindestens einer Stunde Kochzeit, werden die Beeren abgeseiht ...
 
... und der Sud wird gefiltert, nachdem er mit Pottasche vermengt wurde.
... und der Sud wird gefiltert, nachdem er mit Pottasche vermengt wurde.
 
Dann ist Warten angesagt.
Dann ist Warten angesagt.
 
Das ist der Pflanzenfarbstoff, der anschließend getrocknet und fein gemörsert wird.
Das ist der Pflanzenfarbstoff, der anschließend getrocknet und fein gemörsert wird.
 
Der fertige Farbstoff landet in den kleinen Glasdosen in Andrea Partheymüller-Gerbers Atelier.
Der fertige Farbstoff landet in den kleinen Glasdosen in Andrea Partheymüller-Gerbers Atelier.
 

Andrea Partheymüller-Gerber hat lange mit industriell hergestellten Farben gemalt - bis sie plötzlich eine Blockade hatte. Mutter Natur ließ sie Jahre später wieder zum Pinsel greifen.

Wer etwas über natürliche Farben erfahren will, muss nur Andrea Partheymüller-Gerber beobachten, wie sie einen Tee trinkt: Langsam lässt sie den Beutel in die Tasse gleiten und aus ihm strömen langsam feine, rote Fäden. "Zuerst war es grün und jetzt wird es rot, das ist ganz spannend", sagt sie nach einer Weile, den Blick fest auf ihre Tasse gerichtet. "Wenn ich jetzt den Teebeutel herausnehme und Zitrone dazugebe, wird die Farbe intensiver, fast Magentarot." Der Zitronensaft sei eine starke Säure, durch den sich die Farbstoffe aus den Pflanzenteilen besser lösen.

Farben beschäftigen Andrea Partheymüller-Gerber schon lange. Während ihres Studiums an der Akademie der Bildenden Künste in München waren sie ihr Handwerkszeug. Woher die Farben stammten, waren ihr egal. Wichtig war, sie jederzeit zu bekommen und dass sie möglichst brillant sind. Öl- und Acrylfarben waren in dieser Hinsicht genau das Richtige. "Ich habe damals keinerlei Mangel empfunden", erzählt sie.


Plötzlich ging nichts mehr


Ihr Verhältnis zu den Farben änderte sich 1993 schlagartig. "Ich kam in eine Schaffenskrise und habe fast zehn Jahre nicht mehr gemalt." Eine schlimme Zeit sei das gewesen, keines ihrer Werke habe ich mehr gefallen, "ich bin fast an mir selbst verzweifelt, weil ich mich nicht mehr ausdrücken konnte". Woran es lag, ahnte sie nicht.

Erst als ihr eine Freundin von Pflanzenfarben erzählte, bekam sie wieder Lust, zu malen. Sofort bestellte sie ihre ersten natürlichen Farbpigmente. Was sie an den Pflanzenfarben fasziniert: die Vielschichtigkeit. So kann es beispielsweise bei natürlichen Pigmenten sein, dass manches Rot beim Hinsehen bläulich wirkt. Industriell hergestellte Farben beschreibt sie im Gegensatz dazu als "eindimensional".

Heute stellt sie ihre Pflanzenfarben größtenteils selbst her. Blau beispielsweise. Der Rohstoff dafür wächst nur wenige Schritte von ihrem Haus in Kronach entfernt: Liguster. In ihrem Atelier hat sie noch die Ernte vom Herbst. Die Beeren wandern zusammen mit Alaun - eine Säure - in den Wassertopf, wo alles mindestens eine Stunde vor sich hin köchelt.

Danach werden die Beeren abgeseiht, und der nahezu schwarze Sud wird mit Pottasche versehen, während es im ganzen Raum riecht, als würde Marmelade eingekocht. "Pottasche ist eine Base. Je weniger ich davon zugebe, desto mehr Rot bleibt in der Farbe enthalten", erklärt Andrea Partheymüller-Gerber. Anschließend wird die Flüssigkeit gefiltert. Im Idealfall bleiben dort die Farbpigmente hängen, auf die es die Künstlerin abgesehen hat. Diese werden drei Tage getrocknet und anschließend zu jenem feinen Pulver gemörsert, das Andrea Partheymüller-Gerber in kleinen Glasdöschen an der Wand ihres Ateliers aufbewahrt.


Farbenpoker im Atelier


Blau-, Gelb- und Grüntöne finden sich dort. Nur Rot bereitet Schwierigkeiten. Es gebe kaum Pflanzen in ihrer Nähe, aus denen sie einen satten Rot-Ton herstellen könne. Doch welche Farbe sie am Ende bekommt? "Das ist verrückt, was da passiert. Wenn man beispielsweise die Blüten des Johanniskraut zerreibt, bekommt man Violett. Beim Farbenherstellen bekommt man allerdings Grün."

Genau das sei der Reiz: "Farben herzustellen, ist kein Job, das bin ich. Jemand anders würde wahrscheinlich eine ganz andere Farbe bekommen", sagt sie. Die Hitze beim Einkochen, der Zeitpunkt der Ernte - es gibt viele Variablen, die das Ergebnis beeinflussen. Mit natürlichen Farben zu arbeiten, bedeutet deshalb auch, zu verzichten. Geht ihr eine Farbe aus, kann sie die nicht einfach wieder herstellen. Pflanzen suchen, die Farbe herstellen, damit malen: "Das Farbenherstellen ist ein langwieriger Prozess, der so gar nicht unserem kurzlebigen Zeitgeist entspricht." Schlimm findet Andrea Partheymüller-Gerber das aber nicht. Gerade das sei das Schöne, dass jede Farbe ein Unikat ist.