Die Folgen seiner Kandidatur: Zahlreiche belustigte Steinwiesener Wähler und ein leicht angefressenes Ehepaar Renk. "Seine Frau hat daraufhin bestimmt ein Dreivierteljahr nicht mehr mit mir gesprochen."
Doch der LSV blieb auch anschließend Gesprächsthema. Meist dreimal pro Jahr. "Immer zu unseren Nationalfeiertagen", erzählt Franz und meint damit den Faschingsdienstag, den 1. April und den närrischen 11.11. Wobei die größte Vorbereitung wohl für den ersten der drei Termine anfiel - der Faschingsdienstagslügensagervereinsgeneraljahreshauptvollversammlung im Steinwiesener Vereinslokal "Grüner Baum". Wenn man so will, einer Verballhornung der klassischen Jahreshauptversammlungen. "Wir hatten ein fertiges Programm mit Büttenreden und Sketchen", sagt Franz. "Im Grunde waren wir der Ursprung der Steinwiesener Faschingssitzungen." Kein Wunder also, dass der langjährige LSV-Präsident Rudi Bienlein gleichzeitig auch das oberste Amt der Faschingsgesellschaft innehatte.
Kuriose Enten
Zum 1. April und 11. November versorgte Franz - der seit 50 Jahren auch als Berichterstatter für den Fränkischen Tag arbeitet - die lokalen Zeitungen mit den kuriosesten Enten. Und nicht immer schien den Lesern klar, ob das nun ernst gemeint war, was sie über den LSV in der morgendlichen Ausgabe lasen.
Als der Verein verkündete, einige Grundstücke kaufen zu wollen, um Steinwiesen so an die Autobahn anzuschließen, folgten zahlreiche Bürgerproteste. "Wir haben halt aktuelle Ereignisse aufgegriffen und verdreht", sagt Franz. "Es hätte also auch alles wahr sein können." Frei nach dem selbst gewählten LSV-Motto: "Der Lüge zur Ehr, der Wahrheit zur Wehr."
Bürgerengagement war hingegen unter anderem 1982 gefragt. Um eine eigene Dunkelkammer einrichten zu können, brauche der Verein kaputte Glühbirnen. "Je mehr wir hätten, desto dunkler würde die Kammer werden können."
Auf schwache Birnen von 15 bis 40 Watt könne wegen deren geringer Dunkelheit aber kein Wert gelegt werden. Wer allerdings kaputte Birnen mit mindestens 150 Watt im Grünen Baum abgebe, erhalte einen halben Liter Bier. "Da sind tatsächlich einige gekommen", sagt der 67-Jährige, der damals erst wenige Jahre mit dabei war.
Eine neue Generation
Lauschte er mit Freunden zunächst den alten LSV-Recken, wurden 1976 aus den Zuhörern mehr und mehr die Protagonisten. Die nächste Lügensager-Generation übernahm den in den 30er Jahren gegründeten Verein. An Ideen mangelte es nicht. "Da haben wir uns fast jeden Montag im Grünen Baum getroffen", erzählt Franz, der den Posten des LSV-Außenbezirksministers übernahm. "Die besten blöden Ideen habe ich dann aufgeschrieben und wir haben sie im Präsidium ausgearbeitet."
Nicht mehr aktiv
Inzwischen ist es ruhig um den LSV geworden. Zuletzt tauchte er vor zwei Jahren beim Steinwiesener Faschingsumzug auf. Aktionen gab es seitdem keine mehr. Nicht zum 1. April, nicht zum 11.11. und auch nicht zum Faschingsdienstag. "Den Verein gibt es noch, er ist aber nicht mehr aktiv", so Franz. Ab und zu würden sich die sieben verbliebenen Mitglieder des Präsidiums noch treffen, geplant werde aber nichts mehr. "Wir sind wahrscheinlich inzwischen auch zu alt", meint der Nurner. "Jetzt ist die nächste Generation dran." Und wer weiß? Die nächsten Kommunalwahlen stehen bekanntlich vor der Tür.
Zwei Lieder
Vorläufer: Die Veranstaltungen des Lügensagervereins (LSV) können als Vorläufer der späteren Steinwiesener Faschingssitzung angesehen werden. Kein Wunder, dass der LSV gleich zwei Lieder auf Lager hatte, um die Stimmung auf das richtige Level zu hieven - oder am Kochen zu halten. LSV-Lied: Gesungen wird es auf die Meldie des Liedes "Wo die Nordseewellen": Uns ist alles, alles einerlei,/ unsre Wahrheit ist die Lügensagerei./ Wo man aufbind' Bären/ und man merkt es kaum,/ da ist unre Heimat,/ hier im Grünen Baum. LSV-Hymne: Staatstragend gesungen auf die Melodie der Bayernhymne oder des Deutschlandlieds. Gott mit Euch, Ihr Lügensager,/ nutzet Eueren Verstand./ Bindet auf den Leuten alles,/ wenn's auch nicht hat Fuß und Hand./ Lüget ehrfurchtsvoll und weise,/ lüget oft und auch gewandt,/ lüget laut und nicht zu leise/ in dem bayrisch Lügenland.