Wie der Insektizid-Skandal für mehr Umsatz sorgt

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Eier aus den Niederlanden sind wegen des Insektizid-Skandals in einigen Supermarkt-Regalen derzeit nicht mehr zu finden. Daher greifen die Verbraucher nun verstärkt auf regionale Eier zurück. Foto: Guido Kirchner/dpa
Eier aus den Niederlanden sind wegen des Insektizid-Skandals in einigen Supermarkt-Regalen derzeit nicht mehr zu finden. Daher greifen die Verbraucher nun verstärkt auf regionale Eier zurück. Foto: Guido Kirchner/dpa

Viele Verbraucher greifen nun vermehrt auf regionale Produkte zurück. Dass der Trend lange anhält, glauben die Landwirte aus dem Kreis Kronach aber nicht.

Geiz ist geil - war in der Werbung jedenfalls die Meinung des Elektronik-Markts Saturn. Michael Schubert sieht das anders. Zumindest, wenn es um Lebensmittel geht. "Ich verstehe, wenn man beim Auto spart, gerne auch in anderen Bereichen. Aber bei allem, was ich an Nahrung aufnehme, spare ich bestimmt nicht", sagt der Landwirt, auf dessen Eichenbühler Bauernhof in Weißenbrunn derzeit 5800 Hühner leben. An die 5000 Eier produzieren die Hennen täglich. Verkauft wird deren Tagewerk nicht nur im Hofladen, es ist auch in den Regalen von Kaufhof, Edeka, Rewe und Real zu finden.


Aus dem Sortiment genommen

Erst vor wenigen Tagen habe seine Mutter die Geiz-ist-geil-Mentalität zu spüren bekommen, als sie in einem Supermarkt das Regal mit Eichenbühler Eiern auffüllte, erzählt Schubert "Keine Eier hier", habe eine Kundin angesichts der links und rechts leerstehenden Regalbretter mürrisch geraunzt.

Denn weil Eier aus den Niederlanden mit dem Insektizid Fipronil verseucht waren, nahmen diese unter anderem die Supermärkte Aldi Süd und Kaufland aus dem Sortiment. Der Verweis von Schuberts Mutter auf die Erzeugnisse aus Weißenbrunn stießen bei der Kundin aber offenbar nicht auf offene Ohren. "Ich will aber keine teuren Eier", soll sie laut Schubert gesagt haben. So richtig fassen, kann es der 36-Jährige immer noch nicht. Er wisse zwar nicht, was seine Mutter geantwortet hat, dafür aber genau, was er der Frau entgegnet hätte: "In Holland bekommt man die Eier derzeit wohl auch kostenlos."

Anscheinend sorgen der derzeitige Insektizid-Skandal und die daraus resultierende Verunsicherung aber offenbar dafür, dass der Preis für manche Kunden nicht mehr das entscheidende Kaufkriterium ist. Für das Produkt von nebenan wird dann doch mal etwas mehr ausgegeben. Um etwa zehn Prozent habe der Umsatz im Hofladen zugenommen, seitdem die verseuchten Eier in den Schlagzeilen sind. "Zum Glück sind wir gerade im Sommerloch, in dem wir eigentlich eher weniger Eier verkauft hätten", sagt Schubert. Daher habe er auch keine Probleme damit, Supermärkte mit mehr Eiern als üblich zu beliefern.

Davon, dass diese Phase noch länger anhält, geht der Landwirt aber nicht aus. Spätestens Ende August sei das Bewusstsein dafür, was man kauft, wieder abgeklungen - und der Preis wieder der entscheidende Faktor. "Manche Leute kapieren es halt immer noch nicht. Aber das sind leider an die 90 Prozent der Bevölkerung", so Schubert. "Man muss es leider immer wieder so deutlich sagen: Wer scheiße zahlt, frisst Scheiße."


"Das war eine Verbrecher-Firma"

Doch wie kam das Insektizid, das bei Nutztieren gar nicht verwendet werden darf, eigentlich in die Eier? Momentan sieht es so aus, dass ein belgischer Händler es trotz Verbots einem Desinfektionsmittel beimischte, mit dem offenbar Läuse bekämpft werden sollten. "Bei dem Skandal muss man aber sagen, dass da keine Landwirtschaft etwas für kann", gibt Schubert zu bedenken. "Das war eine Verbrecher-Firma, die falsch deklariert hat. Das hätte theoretisch auch mir passieren können, hätte ich bei der Firma gekauft." Er vermutet aber, dass es in Deutschland früher aufgefallen wäre. "Belgien ist in dieser Hinsicht von Haus aus eher lasch."

In Weißenbrunn wählt er einen anderen Weg, um gegen Milben vorzugehen: Steinmehl. "Das ist ein Staub, der so scharfkantig ist, dass sich Milben daran verletzen und dann austrocknen", erklärt Schubert. Ein- bis zweimal pro Jahr komme zudem eine Reinigungsfirma, die die Ställe auf einer natürlichen Mineralienbasis wäscht. "Das Mittel gibt es seit etwa sechs Jahren, seitdem nutzen wir es, weil es einfach nachhaltig ist." Zuvor habe er ein chemisches Mittel verwendet, doch das sei immer noch zugelassen und daher unbedenklich.

Herbert Hanna setzt bei seinem Mastbetrieb für Bio-Hähnchen in Fröschbrunn ebenfalls auf eine natürliche Art, seine Ställe zu reinigen und zu desinfizieren. Ihm hilft dabei ein Desinfektionsmittel mit Ameisensäure als Hauptbestandteil. "Das machen wir alle 70 Tage ", erklärt der 58-Jährige. Dieser Rhythmus sei möglich, weil er keine Eier produziere. Denn so könne er die Milbe schon im Anfangsstadium bekämpfen.


Nur in eine Richtung

Auch Hanna sieht die Ursache dafür, dass es zum Skandal kommen konnte, im permanenten Bestreben darin, Preise zu so niedrig wie möglich zu bekommen und zu halten. "Und weil alle mitverdienen wollen, kann es passieren, dass dann am Ende sowas dabei rauskommt", betont er.

Mit "sowas" meint er unter anderem, dass inzwischen Millionen Eier aus dem Handel genommen und mehrere Geflügelzuchtbetriebe gesperrt werden mussten. Zuerst tauchten belastete Eier aus den Niederlanden in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen auf, später auch in immer mehr Bundesländern "Dem Bio-Bereich bringt das alles jetzt kurzfristig auf jeden Fall mehr Umsatz", ist Hanna überzeugt. Doch sobald das Thema aus den Medien verschwinde, verschwinde es wohl auch aus den Köpfen der Verbraucher.

Diese seien es aber, die an dem "Teufelskreis" etwas ändern können. "Anfangen müsste der Kunde", sagt der 58-Jährige. "Erst dann reagiert der Handel." Längst sehe es aber so aus, dass es nur in eine Richtung geht: Die des billigsten Preises.