Wie aus 300.000 Tonnen Recyclingglas etwas Neues entsteht

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Uwe Eichhorn erklärt Reporter Matthias Litzlfelder, wie bei Wiegand gebrauchtes Glas aufbereitet und recycelt wird. Foto: Barbara Herbst
Uwe Eichhorn erklärt Reporter Matthias Litzlfelder, wie bei Wiegand gebrauchtes  Glas aufbereitet und recycelt wird. Foto: Barbara Herbst
Uwe Eichhorn auf dem Gelände der Firma Wiegand.
Uwe Eichhorn auf dem Gelände der Firma Wiegand.
 
Anneliese Birke (links) begrüßt am Bahnhof ihre Freundinnen aus Lauf.
Anneliese Birke (links) begrüßt am Bahnhof ihre Freundinnen aus Lauf.
 
Dieter Groscurth aus Nürnberg unterwegs in Steinbach am Wald.
Dieter Groscurth aus Nürnberg unterwegs in Steinbach am Wald.
 
Steinbach am Wald.
Steinbach am Wald.
 
Der Rennsteig durchquert Steinbach. Foto: Barbara Herbst
Der Rennsteig durchquert Steinbach. Foto: Barbara Herbst
 
Anneliese Birke (links) begrüßt am Bahnhof ihre Freundin aus Lauf. Foto: Barbara Herbst
Anneliese Birke (links) begrüßt am Bahnhof ihre Freundin aus Lauf. Foto: Barbara Herbst
 
Uwe Eichhorn erklärt Reporter Matthias Litzlfelder, wie bei Wiegand gebrauchtes Glas aufbereitet und recycelt wird. Foto: Barbara Herbst
Uwe Eichhorn erklärt Reporter Matthias Litzlfelder, wie bei Wiegand gebrauchtes  Glas aufbereitet und recycelt wird. Foto: Barbara Herbst
 
Uwe Eichhorn geht mit Reporter Matthias Litzlfelder auf dem Wiegand-Gelände zur Stelle, wo gebrauchtes Glas mit Lkws angeliefert wird. Foto: Barbara Herbst
Uwe Eichhorn geht mit Reporter Matthias Litzlfelder auf dem  Wiegand-Gelände zur Stelle, wo   gebrauchtes  Glas mit Lkws angeliefert wird. Foto: Barbara Herbst
 
Das Gelände der Firma Wiegand.
Das Gelände der Firma Wiegand.
 
Reporter Matthias Litzlfelder vor dem Gelände der Firma Wiegand.
Reporter Matthias Litzlfelder vor dem Gelände der Firma Wiegand.
 
Das alte Bahnhofsgebäude Foto: Barbara Herbst
Das alte Bahnhofsgebäude Foto: Barbara Herbst
 
Dieter Groscurth aus Nürnberg vor dem Wasserscheide-Obelisk
Dieter Groscurth aus Nürnberg vor dem Wasserscheide-Obelisk
 
Dieter Groscurth aus Nürnberg unterwegs in Steinbach am Wald.
Dieter Groscurth aus Nürnberg unterwegs in Steinbach am Wald.
 
Deckel und Verschlüsse werden beim Recyceln herausgefiltert.
Deckel und Verschlüsse werden beim Recyceln herausgefiltert.
 
Michael Steigerwald ist einer von drei Holzbildhauern, die die 19 Baumstümpfe gestaltet haben.
Michael Steigerwald ist  einer von drei Holzbildhauern, die die 19 Baumstümpfe gestaltet haben.
 
Einer von 19 gestalteten Baumstümpfen
Einer von 19 gestalteten Baumstümpfen
 
Michael Steigerwald ist einer von drei Holzbildhauern, die die 19 Baumstümpfe gestaltet haben.
Michael Steigerwald ist  einer von drei Holzbildhauern, die die 19 Baumstümpfe gestaltet haben.
 
Karl-Heinz Häusler Foto: Barbara Herbst
Karl-Heinz Häusler Foto: Barbara Herbst
 

Bei der Firma Wiegand in Oberfranken entstehen aus rund 300.000 Tonnen Recyclingglas wieder neue Gefäße. Doch der Blick in die Recyclingfirma ist nicht das einzig Spannende bei dem Besuch in Steinbach am Wald.

Von der Straße aus hätte man sie gar nicht gesehen. Aber diese B 85 von Kronach Richtung Norden, wo nirgends ein Hinweis auf Steinbach am Wald, sondern immer nur auf Ludwigsstadt zu lesen war, haben wir inzwischen verlassen. Ein enger Feldweg, quer durch ein Wäldchen, wir sind da. Hier auf der Wiese war der Pfeil gelandet. Vor uns liegt ein eingezäuntes Firmengelände mit riesigen Hügeln. Ist das Kies? Wir gehen näher heran. Was da aufgetürmt ist, sind keine Steine. Aber was dann?

Gräulich, grün und braun schimmern da Milliarden von Scherben. Glas, genauer gesagt Altglas, mit Lkws hergefahren aus ganz Deutschland zur Firma Wiegand. Das uns bereits bekannte Unternehmen ist einer der großen deutschen Hersteller von Behälterglas. Glas lässt sich gut recyceln. Wir wollen wissen, wie gut.

Von der Straße aus hätte man sie gar nicht gesehen. Aber diese B 85 von Kronach Richtung Norden, wo nirgends ein Hinweis auf Steinbach am Wald, sondern immer nur auf Ludwigsstadt zu lesen war, haben wir inzwischen verlassen. Ein enger Feldweg, quer durch ein Wäldchen, wir sind da. Hier auf der Wiese war der Pfeil gelandet. Vor uns liegt ein eingezäuntes Firmengelände mit riesigen Hügeln. Ist das Kies?

Geburtstagsbesuch aus Mittelfranken

Der Bahnhof liegt gleich gegenüber. Bahnhof? Das schmale dreistöckige Gebäude mit der Aufschrift "STEINBACH a WALD" sieht verlassen und verfallen aus. Die Tür ohne Türgriff ist verschlossen, von der Klingel sind nur noch ein paar Drähte übrig.

Immerhin ist am Nebengebäude ein Schild zu lesen: "Zu den Zügen". Rein in die Unterführung und hoch zu Gleis 4. Da steht jemand. "Natürlich fahren hier Züge", sagt Anneliese Birke. Die 78-Jährige wartet auf den Zug von Nürnberg nach Leipzig, der soeben kommt. Sie holt zwei Freundinnen aus Lauf ab, die sie heute besuchen. Die eine hat heute Geburtstag, ist nun 74 Jahre alt. "Wir sind um 9.23 Uhr in Nürnberg eingestiegen und ohne Umsteigen bis hierher gekommen. Das ist doch toll", sagt sie.

Kennengelernt haben sie sich vor mehr als zehn Jahren auf dem Jakobsweg. Heute steht keine Wanderung an, auch wenn der Rennsteig um die Ecke liegt. Birke, die seit 1962 in Steinbach lebt, will ihren Freundinnen später nur entspannt den Ort zeigen. Das Wetter ist angenehm, auch wenn es in Lauf noch ein paar Grad wärmer war. "Bei uns weht halt immer wieder ein Lüftchen", sagt die Eingeheiratete.

"Wir würden gerne die Glashügel näher betrachten und mehr darüber erfahren", erklären wir am Empfang der Firma Wiegand. Weil die Chefs gerade in einer Besprechung sind, müssen wir warten, ob das klappt. Vielleicht in ein, zwei Stunden. Wir hinterlassen unsere Handynummer und ziehen weiter.

Das Schullandheim oben an der B 85 wirkt verlassen. Klar, es sind Ferien. Aber ging da überhaupt etwas in den vergangenen Monaten? Karl-Heinz Häusler und seine Frau Angelika wohnen gleich nebenan. Sie schütteln mit dem Kopf. "Corona" - das sagt alles.

Drei Kirchen für 1100 Einwohner

Aber mit Häusler hat uns der Zufall dennoch einen guten Ansprechpartner gebracht. Schließlich war der 65-Jährige bis Dezember Kämmerer der Gemeinde, 43 Jahre lang. Der gebürtige Hesse kennt sich aus, wenn es um Sehenswürdigkeiten und Infrastruktur des Ortes auf rund 600 Metern Höhe über dem Meeresspiegel geht. So weist er uns nicht nur auf das Freizeitzentrum mit Hallenbad und Tennisanlagen hin, sondern auch auf die drei Kirchen im Ort mit seinen rund 1100 Seelen.

Am Scheitelpunkt an der stark befahrenen B 85 steht im Kreisverkehr ein gläserner Obelisk. "Am Rand gibt es aber noch einen kleinen, steinernen Obelisken von 1850", sagt Häusler. "Als Hinweis auf die Wasserscheide an dieser Stelle, wo das Wasser zur einen Seite Richtung Elbe und zur anderen Seite Richtung Rhein fließt." Sehenswert sei auch der gerade entstandene Kunstpark aus Baumstümpfen, gleich in der Nähe des Kreisverkehrs.

Schutz der Baumreste vor Verfall

Dort treffen wir auf einen Mann, der gerade mit Schnitzeisen und Knüpfel letzte Hand an die "Trachtenfrau" anlegt. Die 19 Holzskulpturen sind nahezu fertig. Drei Künstler haben sie im Auftrag der Gemeinde aus bis zu vier Meter hohen Fichtenstümpfen gefertigt. Die Bäume hatte der Förster wegen Borkenkäferbefalls umsägen müssen. Jetzt sollen die künstlerischen Reste für die nächsten 15 Jahre bis zum Verfall die Gäste erfreuen.

Ob Pinocchio, Glaskönigin oder Greta Thunberg - die Mischung ist bunt. Auch Michael Steigerwalds Skulpturen. Der 65-jährige Holzbildhauermeister kommt ursprünglich aus Unterfranken, lebt aber in Baden-Württemberg - und von seiner Kunst. "Ich wurde eingeladen, das zu fertigen. Aber es ist für mich so eine Art Urlaub", sagt er noch. Dann klingelt das Handy des Reporters. Wir können in zehn Minuten aufs Wiegand-Firmengelände, heißt es.

Dort erwartet uns Uwe Eichhorn. Der Diplomingenieur ist bei Wiegand für das zentrale Umweltmanagement zuständig. Und er hat die Zahlen, die uns interessieren. Knapp 2000 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen an acht Standorten, rund 600 sind es in Steinbach. Bis zu 9,40 Meter hoch kann so eine Glasscherben-Halde werden, die mit dem Förderband befüllt wird.

Scherben werden wieder zu Glas

"Derzeit liegen bei uns rund 300.000 Tonnen Recyclingglas", berichtet Eichhorn. Was da mit acht Millimeter Körnung lagert, ist ungetrocknete, aber bereits aufbereitete Zwischenware: gebrochen, Metalle entfernt und nach Farben vorsortiert. Irgendwann landen die Scherben in einer der vier Schmelzwannen und werden wieder zu Glas.

Eher für die Natur als für Glas interessiert sich an diesem Tag Dieter Groscurth. Der 73-jährige Nürnberger im Ruhestand war um 8.30 Uhr in Neuhaus (Thüringen) losgelaufen und hat soeben Steinbach erreicht: 23 Kilometer auf dem Rennsteig, alleine. "Da habe ich mehr davon. Da kann ich laufen, wie ich will", erzählt er. Dabei hat er nur eine kleinen Rucksack. Seinen Koffer transportiert der Veranstalter der Rennsteig-Tour von Hotel zu Hotel. "Das ist nicht ganz billig, aber ich bin angenehm unterwegs." Sagt's und macht sich auf zu seiner Unterkunft. Dort wird er für eine Nacht in eines der 116 Betten fallen, die Steinbach für Touristen zu bieten hat.

Am Dienstag berichtet Sven Dörr von seinem Besuch in Bischberg.