Wenn das Hobby zum Nebenjob wird - Kronacher wird E-Sport-Profi

3 Min

Der Kronacher David Neubauer hat beim österreichischen Bundes- ligisten Austria Wien einen Profi-Vertrag unterschrieben - allerdings nicht als Fußballer. Seine Tore schießt der 21-Jährige viel lieber mit einem Controller.

Am Ende geht es ganz schnell. Zu schnell - zumindest für den VfL Wolfsburg. Eusébios kluger Pass in die Mitte lässt Houssem Aouar nahezu ungedeckt auf die nun auf sich allein gestellten Innenverteidiger zudribbeln. Doch ehe diese begreifen, was gerade passiert, passt Aouar den Ball auch schon in den Lauf von Kai Havertz - der aus knapp 20 Metern die linke untere Torecke anvisiert. Drin. 2:0 in der 64. Minute. Eine Führung, die Austria Wien bis zum Schlusspfiff nicht mehr abgeben wird.

Selbst wer die Fußball-Welt nicht einigermaßen regelmäßig verfolgt, dürfte sich angesichts der Namen verwirrt am Hinterkopf kratzen. Spielt Havertz nicht bei Bayer Leverkusen? Ist Aouar nicht im Mittelfeld des französischen Erstligisten Olympique Lyon zu Hause? Und ist Portugals Fußball-Legende Eusébio nicht seit fünf Jahren tot? Ja, ja und ja. Zugetragen hat sich die Szene dennoch. Auf dem Bildschirm.

Seit elf Jahren stellt der Kronacher David Neubauer selbst Teams zusammen und sorgt dafür, dass Spieler wie Havertz, Eusébio oder auch Cristiano Ronaldo regelmäßig Traumtore fabrizieren. Mit seinem Controller. Auf den Spielekonsolen PlayStation 4 und Xbox One beherrscht der 21-Jährige die Fußballsimulation FIFA 19 seit etwa fünf Jahren so gut, dass es nicht viele Gegner gibt, die ihn den Controller nach Abpfiff als Verlierer zur Seite legen lassen.

Zwei Staatsangehörigkeiten

Im Internet aktualisiert der Videospielentwickler EA Sports regelmäßig eine Rangliste der weltweit besten FIFA 19-Spieler. Lange dauert es nicht, ehe dort Neubauers Spielername "neubi98" auftaucht. Im sogenannten Global Series Ranking wird der junge Kronacher mit den kurzen blonden Haaren auf Platz 115 geführt. In Deutschland gibt es nur 21 Spieler, die besser positioniert sind.

Neubauers Talent möchte sich nun die Wiener Austria zunutze machen - und ihn mit einem Vertrag ausstatten. In den kommenden 18 Monaten wird er als Profi für die noch junge E-Sport-Abteilung des 24-maligen österreichischen Meisters auf virtuelle Torejagd gehen. "Ich werde für die Austria aber überwiegend bei Turnieren und Messen im deutschen Bereich tätig sein", erklärt der 21-Jährige, der nicht nur den deutschen, sondern über seine Mutter auch einen österreichischen Pass hat.

Während es für Profi-Fußballer unerlässlich ist, nach einem Vereinswechsel zumindest in die Nähe ihres künftigen Arbeitgebers zu ziehen, sieht das in der elektronischen Variante des Spiels anders aus. "Die Austria hat mir angeboten, nach Wien zu ziehen", erzählt er. Aber darauf will er zunächst verzichten. "Es ist ja schließlich egal, ob ich in Kronach oder in Wien hinter dem Bildschirm sitze."

Spannend fände er es aber schon, in einer Metropole wie der österreichischen Hauptstadt zu wohnen. Spätestens, wenn er die Tasten des Controllers tatsächlich einmal hauptberuflich drücken sollte. "Das ist auf jeden Fall mein Ziel", betont er. Doch das ist erst der nächste Schritt. Zwar ist das Hobby inzwischen zum Nebenjob geworden - was aber gleichzeitig bedeutet, dass es auch einen Hauptberuf geben muss. Und dort steht Neubauer ebenfalls der nächste Karriereschritt bevor. Im Juni endet die dreijährige Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann beim Friesener Baustoffzentrum Venanz-Fischer, die schriftliche Abschlussprüfung steht im Mai bevor. "Wie ich danach weitermache, muss ich dann mal sehen. Ein festes Standbein zu haben, ist aber immer wichtig."

Vize-Meister in Österreich

Probleme habe seine reiseintensive "Nebentätigkeit" während der Ausbildung nie bereitet. "Wenn ich bei Turnieren bin, brauche ich eigentlich meist zwei Tage Urlaub, für die An- und Abreise", sagt Neubauer. "Aber den habe ich immer bekommen. Inzwischen fragen die Kollegen auch nach, wie meine Spiele denn gelaufen sind." Kurz zusammengefasst: immer erfolgreicher.

An 16 verschiedenen Turnieren nahm er seit Mitte 2017 vor Ort teil. Etwa in der Veltins-Arena im Rahmen der Saisoneröffnung des FC Schalke 04, bei der er den dritten Platz holte. In der österreichischen E-Bundesliga reichte es mit Austria Wien sogar für die Vize-Meisterschaft.

Intensives Training

Erfolge, für die vor allem eines essenziell ist: Übung. "Drei bis vier Stunden intensives Training sollten es schon sein", sagt Neubauer, der bis zur A-Jugend noch realen Fußball spielte, ehe ihn Knieprobleme zum Aufhören zwangen. Der größte Unterschied zu einem Hobby-Spieler sei im E-Sport die Analyse. "Ein professioneller FIFA-Spieler schaut genau, was er falsch macht, um diese Fehler künftig zu vermeiden", erklärt er.

Auf so wenige Fehler wie möglich hofft der 21-Jährige auch beim anstehenden BFV eSports Cup, der vom Bayerischen Fußball-Verband ausgerichtet wird. Nach dem dritten Platz im vergangenen Jahr, strebt er heuer nämlich nach mehr: "Diesmal will ich den Titel nach Kronach holen!"