Warum H&M und C&A nicht nach Kronach kommen

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Leerstände gibt es in Kronach genug. H&M und C&A werden diese laut Becker und Fehn, nicht besetzen. Andere Ideen müssen dafür her. Foto: Corinna Igler
Leerstände gibt es in Kronach genug. H&M und C&A werden diese laut Becker und Fehn, nicht besetzen. Andere Ideen müssen dafür her. Foto: Corinna Igler

Mit Thorsten Becker vom Bayerischen Handelsverband und dem Kronacher Einzelhandelsvorsitzenden Johannes Fehn haben wir über die Einkaufssituation in Kronach gesprochen.

Wenn der Hennes (Hennes&Mauritz, H&M) nach Kronach käme ... wäre dann Kronach eine attraktivere Einkaufsstadt? Würden die Kronacher dann mehr in Kronach kaufen? Wäre das eine Aufwertung auch für die anderen Einzelhandelsgeschäfte?

Wenn es nach Thorsten Becker, Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern geht, dann braucht man sich über diese Frage gar keine Gedanken machen. "Der Hennes kommt nicht nach Kronach und auch nicht der C&A", findet er deutliche Worte. Im Interview verraten der Experte und der Kronacher Einzelhandelsvorsitzende Johannes Fehn auch warum, und was in Kronach wirklich funktioniert:

Herr Becker, warum hat Kronach keinen H&M, keinen C&A oder wie sie alle heißen?
Thorsten Becker: Solche Unternehmen machen Standortanalysen, fragen, wie viele Kunden sie an einem Standort haben, wie viel Online-Umsatz sie dort bereits machen, welches Potenzial vorhanden ist.
Johannes Fehn: Kronach fehlt aber eben dieses Potenzial, wir bräuchten entweder mehr Einwohner oder ein größeres Einzugsgebiet.
Becker: Das kleinste Konzept von C&A fängt bei 25.000 Einwohnern an, dafür werden 400 Quadratmeter Verkaufsfläche und fünf Meter Schaufensterfläche benötigt. Wo haben Sie das in Kronach?

Aber Einwohner hat der Landkreis doch mehr als 25.000.
Becker: Der Landkreis ja, aber die Stadt nicht. Und solche Unternehmen machen genaue Standortanalysen. Gerade im ländlich strukturierten Bereich sind die Online-Umsätze höher als im städtischen, so dass fraglich ist, ob diese Kunden, die vielleicht im Landkreis leben, dann auch direkt in die Stadt fahren würden, um dort einzukaufen anstatt im Internet.
Angenommen C&A käme tatsächlich nach Kronach, dann wäre er wahrscheinlich, wegen der kleinen Verkaufsfläche und der damit geringeren Auswahl als in den Filialen in umliegenden Städten, schnell wieder uninteressant.

Alles schön und gut. Aber was kann Kronach dann tun, um attraktiver zu werden?
Fehn: In Kronach muss man Lücken suchen, es darf nicht jeder das gleiche verkaufen.
Becker: Die Zukunft Kronachs hängt nicht von Filialisten ab. Im Gegenteil, wenn es in jeder Stadt dasselbe gibt, hat man doch keinen Anreiz mehr, in eine andere Stadt zu fahren. Wenn man punkten will, dann mit einer qualitativ hochwertigen Beratung. Mit Service.
Fehn: Ein Beispiel: Wir beraten die Kunden beispielsweise beim Schultaschenkauf. Dann sagt der Kunde, dass der Ranzen im Internet 20 Prozent günstiger ist. Mag sein. Wenn der Kunde bei uns kauft, dann gibt es bei uns auch etwas dazu und wir reparieren den Schulranzen, wenn was dran ist, umsonst. Wenn der Kunde ihn im Internet gekauft hat, reparieren wir ihn auch, wenn etwas dran ist, nur muss er die Reparatur dann eben zahlen.
Becker: Was das angeht, ist der Kunde noch nicht sensibilisiert genug.
Fehn: Wir müssen aber bei uns anfangen. Ich darf dem Kunden nicht sagen: "Bring den Schulranzen dort zur Reparatur, wo du ihn gekauft hast." Wenn ich ihm anbiete, den Ranzen zu reparieren, er nur eben dafür zahlen muss, und ihm sage, dass das inklusive wäre, hätte er ihn bei mir gekauft, dann kauft er den nächsten bei mir."

Nun gibt es ja in Kronach ziemlich viele leer stehende Läden. Was kann man denn tun, damit sich dort wieder Geschäfte ansiedeln?
Becker: Erstmal müssen die Mietpreise runter. Viele Vermieter haben alte Preise im Kopf, die zu hoch sind und es den Mietern schwer machen, zu existieren.
Fehn: Und wir brauchen gute Aktionen, dass potenzielle Händler eine Zukunftschance sehen, und damit sie eine Chance haben, Kunden auf sich aufmerksam zu machen.

Was fehlt in Kronach denn, was auch eine Chance hätte, zu bestehen?
Fehn: Ein "Shop 70" für die älteren Bürger vielleicht?
Becker: Ja, wobei davon viele nicht mehr ins Geschäft kommen, da müsste das Geschäft zu ihnen kommen.

Wie sieht es denn mit einem Lebensmittelladen in der Stadtmitte aus?
Becker: Damit der sich rechnet, müssen die Kunden ihren Kofferraum voll machen. Und das machen sie nur dort, wo es Parkplätze gibt. Außerdem: Gemessen daran, was Kronach an Lebensmittel im Angebot hat, bräuchte Kronach eigentlich mehr Einwohner.
Fehn: Die Dienstleistung in Kronach geht dahin, dass man liefern muss. Das machen ja einige auch. Die Frage ist nur, was kann man dem Kunden Neues anbieten, so dass man wettbewerbsfähig bleibt.
Becker: Die Nischen sind leider sehr sehr klein.

Welche wären das denn überhaupt?
Fehn: Ich könnte mir vorstellen, dass eine Kaffeerösterei oder eine Käserei beispielsweise funktionieren.
Becker: Wobei man Käse auch beim Metzger und im Supermarkt bekommt. Aber man muss auf das Erlebnis setzen. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, dass eine Kaffeerösterei mit kombiniertem Café, sozusagen als zweites Standbein, funktionieren würde. Der Kunde muss etwas erleben können, was er im Supermarkt nicht bekommt.
Fehn: Mir würde eine Bratstation mit Lieferservice gefallen. Das gibt es noch nicht und würde das Liefer-Angebot in Kronach erweitern.