Vier Rumänen sind nach Deutschland gekommen, um auf dem Bau zu arbeiten und ihre Familien in der Heimat zu unterstützen. Inzwischen sind sie selbst auf die Hilfe ihrer Mitmenschen in Zeyern angewiesen.
Marian Opran zeigt stolz auf die beiden Bilder an der Wand. Einer unverputzten Rigipswand direkt über seinem improvisierten Nachtlager. "Das sind meine beiden Kinder. Und da ist meine Frau", erklärt er auf Englisch. Für sie ist er nach Deutschland gekommen. Um zu arbeiten. Er will Geld verdienen, der Familie zu Hause in Rumänien ein besseres Leben ermöglichen. Arbeit hat er bei einem Landsmann hierzulande bekommen. Der hat sich auch um eine Unterkunft gekümmert. Doch dann fand sich Marian Opran mit drei Mitbewohnern in einer Hölle wieder.
Wie die vier Bauarbeiter aus dem Südosten Europas in Englisch oder gebrochenem Deutsch schildern, arbeiten sie für einen rumänischstämmigen Subunternehmer eines fränkischen Maler- und Verputzergeschäftes. Seit März sind sie nun schon in Deutschland, seit Mai in Zeyern. Gearbeitet haben sie viel in dieser Zeit. Acht bis zehn Stunden sind sie auf dem Bau gewesen.
Danach mussten sie noch in ihrer Unterkunft Hand anlegen, wie sie und die Zeyernerin Barbara Fest schildern. Wenn es um eine würdige Entlohnung ging, wurden sie ihrer Aussage nach aber vertröstet. Dann hätten sich ihr Landsmann und das unterfränkische Unternehmen gegenseitig die Schuld für die ausbleibenden Zahlungen zugeschoben.
Von 3000, 6000 oder gar 7000 Euro Lohn, die noch ausstehen spricht Ionel Vasile für sich und seine drei Kameraden. "Alles ist fertig - ich verstehe nicht, warum kein Geld", schimpft er, der schon auf Baustellen in Hannover, Nürnberg, Coburg und Kronach tätig war. Der Chef habe sich seit einem Monat nicht mehr blicken lassen und vertröste die vier Männer von einem Termin auf den nächsten. Vor einigen Monaten wurden sie vom Subunternehmer in Zeyern in einem Haus - oder besser in einer Bruchbude - untergebracht, wie sie schildern.
Für die abbruchreife Wohnung sollten sie ihrer Aussage nach auch noch monatlich jeweils 50 Euro Miete abdrücken.
Schlimme Wohnsituation
"Moderne Sklavenarbeit" nennt Barbara Fest das, was in Zeyern vor ihren Augen geschieht. Mit einigen Mitbürgern kümmert sie sich um die vier Rumänen, die in der Bahnhofstraße unter menschenunwürdigen Umständen einquartiert sind. Als sie erstmals in das Quartier gekommen ist, in dem früher sogar zwölf Arbeiter hausen mussten, ist sie aus allen Wolken gefallen. Selbst heute hat sie nur ein entsetztes Kopfschütteln für die Lebensbedingungen in diesen vier Wänden übrig.
Überall schaut das Gemäuer hinter dem bröckelnden Putz hervor.
Kahle Rigipswände trennen den Essbereich von einer Toilette, die vor einiger Zeit nur ein Plumpsklo hatte und heute noch immer nicht über ein Waschbecken verfügt; aus einem Maler-Eimer muss das kalte Wasser für die Körperhygiene geschöpft werden. Die Fenster bestehen nur aus einfachen, meist schon gesprungenen Scheiben, und die Terrasse bricht in sich zusammen.
Dass die vier Rumänen überhaupt einige zusammengewürfelte Möbelstücke und Matratzen sowie Kleidung haben, liegt vor allem an der Spendenbereitschaft der Zeyerner, die die Notlage erkannt haben. Auch auf dem Sperrmüll wurden die vier Bauarbeiter fündig. Um etwas zu Essen zu haben, sind sie zeitweise sogar in den Wald gegangen, haben Beeren und Brennnesseln gesammelt. Heute greifen ihnen einige Dorfbewohner unter die Arme. Sie backen ihnen mal einen Kuchen, mal bringen sie ihnen etwas Tabak oder Kaffee vorbei.
Und Duschen dürfen sie beim Sportverein - damit sie wenigstens warmes Wasser dafür haben.
Dankbar und beschämt
Die vier Rumänen wissen diese Hilfe zu schätzen, doch leichter macht es die Situation für sie nicht. Ioan Voda sitzt die ganze Zeit über still hinter dem Tisch. Im Lauf des Gesprächs sinkt er immer weiter in sich zusammen. Schließlich geht er doch noch aus sich heraus und gibt deutlich berührt zu verstehen, dass er arbeiten und kein Bettler sein will.
"Wir wollen in Deutschland bleiben", betont Ionel Vasile, der sich schämt, nichts verdienen zu können, herumsitzen zu müssen: "Jeder von uns will auf Arbeit gehen." Zuhause hätten alle Familie, der eine eine größere, der andere eine kleinere. Aber alle seien sie gekommen, um für Frau und Kinder zu sorgen. Keiner wolle ein Schmarotzer sein.
Wohin ihr Weg jetzt führen wird, können sie nicht sagen. Barbara Fest hofft jedoch, dass nach Gesprächen mit dem Zoll und karitativen Einrichtungen zumindest ein menschenwürdiges Quartier gefunden werden kann, ehe der Winter her einbricht (siehe hier unten).
Hilfe und rechtliche Schritte
Firma Die Malerfirma, die den Subunternehmer beauftragt hatte, versicherte uns, dass sie den Zahlungen an ihre Subunternehmer stets nachkomme. Im konkreten Fall sei ein Großteil der fälligen Summe - geschätzt bis zu 80 Prozent - bereits geflossen. Der komplette Betrag sei es noch nicht, hieß es weiter, weil Zahlungen für manche Projekte bei der Firma noch ausstünden und der Subunternehmer die Baustellen teilweise "in Dreck und Speck" verlassen habe. So seien Nacharbeiten erforderlich geworden.
Um die ärgste Not der Bauarbeiter zu lindern, habe die Firma - obwohl sie das eigentlich nicht dürfe - 1000 Euro an die vier Männer weiterleiten lassen. Viel mehr könne man aber nicht tun. Im Zweifelsfall sieht man aus Sicht der Firma für die vier Rumänen nur die Option, privatrechtlich gegen den Subunternehmer vorzugehen.
Subunternehmer Am Montagabend erreichten wir endlich auch den Subunternehmer per Telefon. Er betonte, dass "die Situation sehr schlimm für mich und meine Leute ist". Er wartet angeblich seit 30 Tagen auf das ihm und seinen Mitarbeitern zustehende Geld. Ein Gespräch solle die Situation klären, nachdem er die Firma vergeblich "viele Male angerufen" habe, sagte er. Einen Anwalt habe er bereits eingeschaltet.
Auf die Situation seiner Mitarbeiter ging der Mann kaum ein, wobei sich am Telefon auch sprachliche Hindernisse ergaben.
Diakonie Diplom-Pädagoge Elmar Jonas befasst sich seitens der Diakonie mit dem Schicksal der vier Rumänen. Wie er mitteilte, sei eine 1000-Euro-Zahlung von der fränkischen Malerfirma eingegangen - nicht vom Subunternehmer. Letzterer habe zwar ein Treffen gewünscht, jedoch habe man ihm geraten, einfach seine Leute zu bezahlen. Ein deutsch-rumänischer Verein aus Mittelfranken habe sich nun der Angelegenheit angenommen. Für die vier Rumänen gebe es derweil eine Perspektive. Zwei von ihnen könnten voraussichtlich bereits in dieser Woche eine neue Arbeit aufnehmen, für die beiden anderen sei man auf der Suche nach einer neuen Tätigkeit.
Und mit einer neuen Arbeitsstelle, hofft Jonas, könnte auch Bewegung in die Frage der Unterbringung kommen.
Unterstützung Integra Mittelfranken, ein deutsch-rumänischer Verein zur Kulturintegration, hat sich mittlerweile eingeschaltet. "Es ist nicht das erste Mal, das so etwas passiert - leider", betont dessen Vorsitzender Eduard Harnisch, der von ausbeuterischen Methoden spricht, gegen die der Verein nun rechtliche Schritte erwägt. Allerdings befürchtet Harnisch aus seiner Erfahrung heraus, dass sich der Subunternehmer wohl absetzen wird, wenn ihm der Boden zu heiß wird. Sein Kontakt zu dem Mann, dem er geraten habe, sich um seine Pflichten zu kümmern, sei nach zwei Telefonaten der eher unfreundlichen Sorte zuletzt abgerissen.