Vom Asyl in die Obdachlosigkeit?

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Die Städte und Gemeinden müssen sich um anerkannte Asylbewerber kümmern, wenn diese obdachlos werden. Wie schwierig diese Aufgabe wird, lässt sich momentan nur erahnen. Foto: Daniel Naupold/dpa
Die Städte und Gemeinden müssen sich um anerkannte Asylbewerber kümmern, wenn diese obdachlos werden. Wie schwierig diese Aufgabe wird, lässt sich momentan nur erahnen. Foto: Daniel Naupold/dpa

Wenn Asylbewerber anerkannt werden, brauchen sie eine neue Unterkunft. Finden sie keine, stehen die Städte und Gemeinden in der Pflicht.

Die Flüchtlingsfrage stellt Bund, Länder und Landkreise seit Monaten vor eine Mammutaufgabe. Vor allem die Unterbringung der Asylbewerber erfordert große Kraftanstrengungen. Die Politik versucht nun, die Asylverfahren schneller abzuwickeln. Das ist jedoch ein zweischneidiges Schwert, an dem sich vor allem die Kommunen blutige Finger holen könnten.

Der Tettauer Bürgermeister Peter Ebertsch (CSU) hat sich erst am Montag in der Kreistagssitzung dafür stark gemacht, gemeinsam eine Lösung zu suchen, wie anerkannte Flüchtlinge im großen Stil untergebracht werden können. Landrat Oswald Marr (SPD) erinnerte jedoch daran, dass die Flüchtlinge nach der Anerkennung "ganz normale Bürger sind". Das gelte für ihren Status auf dem Arbeitsmarkt ebenso wie auf dem Wohnungsmarkt.
"Wer sie halten will, muss sich als Gemeinde darum kümmern." Wenn die Anerkannten nämlich obdachlos werden, sind die Städte und Gemeinden für sie zuständig, nicht länger die Regierung.


Kommunen in der Pflicht

"Allgemein ist es so, dass die Kommunen jemanden, der wohnungssuchend ist, unterbringen müssen", erklärt der Kreisvorsitzende des Bayerischen Gemeindetags, Egon Herrmann (SPD). "Darauf hat jeder das Recht, das ist Gesetz." Die Krux in der Flüchtlingsfrage ist: Sobald ein Asylbewerber anerkannt wird, muss er streng genommen seine bisherige Unterkunft verlassen. Die wird ja früher oder später für Neuankömmlinge benötigt. Findet der Anerkannte dann kein Quartier, gilt er als obdachlos - genau wie ein Deutscher ohne Dach über dem Kopf. Und somit fällt er in die Zuständigkeit der Städte und Gemeinden.

"Akut ist das Thema noch nicht, aber es wird auf uns zukommen", erwartet Herrmann. In Küps gebe es den "Glücksfall", dass schon eine Familie ihre Flüchtlingsunterkunft nach der Anerkennung als Mieter behalten durfte. Ob das aber zur Regel wird? "Die kleinen Gemeinden haben üblicherweise keine Sozialwohnungen", gibt Herrmann zu Bedenken.


Entwicklung im Blick

Auch Wohnungsbauprogramme seien nicht überall ad hoc umzusetzen, meint er. Solche Vorhaben müssten schließlich erst einmal genehmigt werden. Ein "Worst-Case-Szenario" wären für den Weißenbrunner Bürgermeister Zwangszuweisungen, falls irgendwann die Kapazitätsgrenzen an verfügbarem Wohnraum erreicht werden sollten.

Der Pressesprecher der Regierung von Oberfranken, Oliver Hempfling, bestätigt die Zuständigkeit der Kommunen für obdachlose, anerkannte Flüchtlinge. "Uns betrifft es dann noch insoweit, dass die Leute vielleicht in einer unserer Unterkünfte leben", stellt er klar. Und er beschwichtigt die schlimmsten Befürchtungen, wenn er festhält: "Wir schmeißen die Menschen dann nicht einfach raus." Das Problem mit der Unterbringung stelle sich momentan noch nicht, doch auf allen Ebenen habe man die Entwicklung im Blick.

Beschleunigte Asylverfahren könnten dabei in zwei Richtungen wirken. Einerseits könnte durch schnellere Ablehnungen freier Platz in den Unterkünften der Asylbewerber entstehen. Andererseits würden schnellere Anerkennungen aber auch dazu führen, dass sich die Suche nach Wohnraum außerhalb der Asylbewerber-Unterkünfte verschärft.


Wohnungsbau wird forciert

"Es gibt Wohnbauprogramme des Freistaats. Generell wird der Wohnungsbau forciert", nennt Hempfling Mittel, die ergriffen werden, um der Situation zu begegnen. Dabei betont er ausdrücklich, dass nicht mit zweierlei Maß gemessen werde und die Deutschen nicht das Nachsehen auf dem Wohnungsmarkt haben sollen: "Es geht nicht zu Lasten der Einheimischen. Die profitieren auch davon." Er gesteht aber ein, dass solche Maßnahmen einen Haken haben - ihre Umsetzung braucht Zeit.

In Kronach geht man momentan unaufgeregt mit dem Thema um. "Wir hatten schon solche Fälle. Die Leute haben sich teilweise in bestehendem Wohnraum eingemietet, teilweise haben sie - etwa auf Grund familiärer Bindungen - die Gegend verlassen", nennt Hauptamtsleiter Stefan Wicklein seine Erfahrungen.

Sollte es zur Obdachlosigkeit von anerkannten Asylbewerbern kommen, werde die Stadt den Betroffenen bei der Wohnungssuche genauso helfend zur Seite stehen wie einem Einheimischen in dieser Lage. Dabei wäre man froh, wenn die vorübergehend für Asylbewerber genutzten, privaten Räumlichkeiten in eine dauerhafte Lösung umgemünzt werden könnten. "Bisher sind aber alle Betroffenen im Rahmen des normalen Wohnungsmarktes untergekommen", so Wicklein.


Keine Panik

Der Küpser Bürgermeister Herbert Schneider (parteilos) will ebenfalls nicht in Panik verfallen, auch wenn Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU) davon spreche, dass die anerkannten Asylbewerber den Kommunen im Falle der Obdachlosigkeit vor die Füße fielen. Vielmehr hofft Schneider, dass man Leerstände für solche Zwecke nutzen kann. Zudem werde man schauen müssen, "ob mehr Engagement in der Regulierung des Wohnungsmarktes möglich ist". Dieser sei und bleibe aber grundsätzlich ein freier Markt, auf dem es keine Privilegien geben werde. "Wir nehmen uns der Interessen aller Bürger an", betont das Gemeindeoberhaupt, dass es keine Bevorzugung geben werde.

Sorgen macht sich der Steinwiesener Bürgermeister Gerhard Wunder (CSU). Er hält es für "völlig unbefriedigend", dass sich die Regierenden in dieser Angelegenheit aus der Affäre zögen und der Schwarze Peter bei den Gemeinden und Städten bleibe.

Einerseits werde von der Regierung dort Wohnraum für die Asylbewerber angemietet und so dem Wohnungsmarkt entzogen, andererseits könne dieser Wohnraum dann von den Gemeinden nicht für die Anerkannten herangezogen werden. "Wenn ich sie nicht unterbringen kann, dann muss ich sie in Gaststätten und Hotels einquartieren", befürchtet Wunder. Deshalb würde er sich wünschen, dass die Regierung sich von Anfang bis Ende um diese Thematik kümmern würde und nicht am Schluss die Gemeinden als schwächstes Glied in der Kette zusehen müssten, wie sie zurechtkommen.