Verwehrt das Landratsamt Flüchtlingen ihre Arbeitserlaubnis?

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Für Flüchtlinge im Landkreis Kronach ist es schwer an eine Arbeitserlaubnis zu kommen. Seit September 2016 wurde vom Landratsamt keine erteilt. Symbolfoto: Sven Hoppe/dpa
Für Flüchtlinge im Landkreis Kronach ist es schwer an eine Arbeitserlaubnis zu kommen. Seit September 2016 wurde vom Landratsamt keine erteilt. Symbolfoto: Sven Hoppe/dpa

Das Kronacher Landratsamt hat seit September 2016 keine Arbeitserlaubnis an Asylbewerber vergeben. Ehrenamtliche sprechen von gezielt gesetzten Hürden.

Florian Bätz aus Kronach betreut Asylbewerber im Landkreis Kronach. Aktuell kümmert er sich unter anderem um einen 18-jährigen Flüchtling, der derzeit noch zur Schule geht und einen Ferienjob machen wollte. "Ich habe für ihn eine Arbeitserlaubnis beantragt und diese beim Ausländeramt eingereicht", erklärt Florian Bätz. Ein paar Wochen später: Das Ausländeramt, das dem Kronacher Landratsamt unterstellt ist, lehnt die Arbeitserlaubnis ab. Für Florian Bätz ein Schlag ins Gesicht: "Mir kommt das ein bisschen so vor, als ob sie Asylbewerbern so viele Steine in den Weg legen, damit das mit der Integration einfach nichts werden kann." Und das obwohl die Wirtschaft Arbeiter gebrauchen könnte. "Am politischen Willen mangelt es", ist sich der Kronacher sicher.

Auch andere Ehrenamtliche, die sich um Flüchtlinge kümmern, machen ähnliche Erfahrungen mit dem Landratsamt. "Wir Ehrenamtliche führen ständig Kämpfe wegen Ausbildungsplätzen." Florian Bätz hat nach der abgelehnten Arbeitserlaubnis, Kontakt zum Landratsamt aufgenommen. Er will verstehen, warum?

Mittlerweile stünden die aufgenommenen Flüchtlinge und ihre ehrenamtlichen Helfer vor unverständlichen und scheinbar unüberwindlichen bürokratischen Hürden, das beklagte auch Barbara Heinlein bei einem Treffen heimischer Helfer für Migranten in Mitwitz. Doch das gehe auch anders: Das Landratsamt Erlangen-Höchstadt habe acht Ausbildungsgenehmigungen an junge Flüchtlinge erteilt. Also warum gehe das im Landkreis Kronach nicht?


"Allgemein übliche behördeninterne Handlungsanweisungen"

"Die Entscheidung über die Erteilung einer Arbeitserlaubnis stellt jeweils eine Einzelfallentscheidung der zuständigen Behörde dar", erklärt Bernd Graf, Pressesprecher des Landratsamtes, auf FT-Nachfrage. Da jeder Sachverhalt anders gelagert sei, könne wohl kaum von einer pauschalen Vergleichbarkeit zwischen verschiedener Kreisverwaltungsbehörden ausgegangen werden.

Bernd Graf verweist in diesem Fall auf ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 1. September 2016. "Bei diesen Vollzugshinweisen handelt es sich um allgemein übliche behördeninterne Handlungsanweisungen, die jedes Ministerium für seinen Zuständigkeitsbereich erlassen kann", erklärt Graf.

In diesem Schreiben sei also geregelt, welche Gesichtspunkte ein Flüchtling erfüllen muss, um eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. "Danach hat die Ausländerbehörde insbesondere darauf abzustellen, ob die Identität des Asylbewerbers geklärt ist, ob der Asylbewerber bislang straffällig geworden ist und ob der Asylbewerber über gute Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt", erklärt der Pressesprecher. Ein weiterer entscheidender Gesichtspunkt sei zudem die Anerkennungswahrscheinlichkeit.


Bislang noch keine Arbeitserlaubnis erteilt

Florian Bätz wundert sich über das "ominöse" interne Schreiben des bayerischen Innenministeriums: "Untergräbt hier nicht das bayerische Innenministerium unser deutsches Grundgesetz?" Schließlich sei dort im Artikel 15 niedergeschrieben, dass jeder das Recht hat, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben. Bätz ist sich sicher: "Die Kronacher Ausländerbehörde verhindert, dass Asylbewerber eine Arbeitserlaubnis bekommen. Sie könnten sie genehmigen, wollen es aber nicht."

Bis jetzt wurde am Landratsamt Kronach noch keine Arbeitserlaubnis erteilt, das bestätigt Bernd Graf. Der Grund: Bei den Verfahren bezüglich einer Arbeitserlaubnis, die seit September 2016 im Landratsamt bearbeitet wurden, konnte bislang kein Antragsteller gültige Papiere vorlegen. "Zudem war bei allen Antragstellern nur von einer geringen Bleibewahrscheinlichkeit auszugehen", erklärt der Pressesprecher weiter. Ein Antragsteller habe auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis geklagt. Diese sei vom Verwaltungsgericht Bayreuth jedoch abgelehnt worden. "Die Rechtsauffassung des Landratsamtes Kronach wurde vom Gericht vollinhaltlich bestätigt", so Graf.


"Die Diskussion ist so ermüdend"

Die Antragsteller seien jedoch darauf hingewiesen worden, dass die Möglichkeit besteht, freiwillig auszureisen, sich im Heimatland Papiere zu beschaffen und danach legal mit einem Visum zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach Deutschland einzureisen. "Von dieser Möglichkeit hat bislang keiner der betroffenen Asylbewerber Gebrauch gemacht", erklärt Bernd Graf.

Florian Bätz wundert das nicht: "Mit dem Ausweis kann derjenige abgeschoben werden. Und wer hilft schon freiwillig bei seiner eigenen Abschiebung mit?" Zudem sei es gar nicht so einfach, in den Heimatländern an einen neuen Ausweis zu kommen. "Die Diskussion ist so ermüdend", meint Bätz.

Noch frustrierender sei die Situation jedoch für die Flüchtlinge selbst. Denn die meisten wollen etwas tun und arbeiten gehen. Das wissen sowohl Florian Bätz als auch Barbara Heinlein von ihrer täglichen Arbeit mit den Geflüchteten. "Wir schaffen dadurch eine Zwei-Klassen-Gesellschaft mit dem Resultat, die Leute gegeneinander aufzubringen", meint Bätz. Dadurch dass die Asylbewerber keine Arbeitserlaubnis erhalten, fördere man Isolation, Langeweile, Kriminalität und den Hass auf Deutschland. "Wir machen uns die Terroristen selbst", stellt Bätz klar.


Folgende Unterscheidungen müssen getroffen werden

Definition: Bei diesem Thema müssen Begriffe genauer definiert werden:

Flüchtlinge, die bereits einen positiven Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge erhalten haben und über eine Aufenthaltserlaubnis verfügen, dürfen arbeiten. Eine Erlaubnis der Ausländerbehörde ist in diesem Fall nicht erforderlich.

Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten gilt per Gesetz ein absolutes Beschäftigungsverbot. Alle anderen Asylbewerber, die nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen und die sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhalten, steht die Entscheidung über eine Arbeitserlaubnis im Ermessen der zuständigen Ausländerbehörde.



Kommentar von Lisa Kieslinger


Für Ausweise zurück in die Hölle

Langsam kann ich es wirklich nicht mehr hören: "Die faulen Flüchtlinge können doch arbeiten gehen, dann hätten sie wenigstens etwas Sinnvolles zu tun". Immer wieder stößt man auf dieses Argument. Die meisten Flüchtlinge wollen auch arbeiten, ihr eigenes Geld verdienen und dem deutschen Staat eben nicht auf der Tasche liegen. Die Leute, die das Gegenteil behaupten, scheinen sich noch nie mit einem Flüchtling länger unterhalten zu haben. Dass diese nämlich nicht arbeiten, liegt meist nicht an ihrem fehlenden Willen, sondern viel mehr an den bürokratischen Hürden, die auferlegt werden.

Nachvollziehen kann ich durchaus, dass für die Erteilung eines Arbeitsverhältnisses die wahre Identität des Asylbewerbers bei der Behörde bekannt sein muss. Doch leider gestaltet sich das eben nicht so einfach. Die meisten Flüchtlinge haben auf ihrem Weg nach Deutschland ihre Papiere vernichtet - und die meisten nicht, weil sie Terroristen sind und unentdeckt ins Land reisen wollen. Die meisten haben das auf Anweisung ihrer Schleuser gemacht und damit ihr Leben gerettet.

Die Möglichkeit, das Asylbewerber freiwillig ausreisen, sich in ihrem Heimatland die nötigen Papiere beschaffen und dann wieder nach Deutschland zurückkommen, um ihre Arbeitserlaubnis zu beantragen, klingt nach einem richtig schlechten Witz. Menschen, die aus der Hölle geflohen sind, weil sie Angst um ihr Leben hatten, sollen genau dorthin zurück und Papierkram erledigen? Hand aufs Herz: Wer von uns würde das machen?

Ganz klar: Es ist wichtig, dass die Identität eines Asylbewerbers geklärt ist. Aber eine solche Vorgehensweise kann doch nicht der Ernst unserer Behörden sein.