Stubentiger kommen Tierheim teuer

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Carmen Schreiner mit Minzi: "Ich bin sei neun Jahren da und es ist nichts besser geworden." Foto: Jan Koch
Carmen Schreiner mit Minzi: "Ich bin sei neun Jahren da und es ist nichts besser geworden." Foto: Jan Koch

Im Kronacher Tierheim beginnt in diesen Tagen das große Zittern. Denn dort landen viele Jungtiere, die in Kürze geboren werden. Die Ursache des Problems: Zu wenige Katzenbesitzer lassen ihre Tiere kastrieren. Bauernhöfe verschärfen die Lage.

Minzi reißt das Maul auf und fletscht die Zähne. Dass sein Gegenüber gar so furchtlos an ihm vorbei stolziert, nimmt der Kater nicht hin. Er faucht und schlägt mit seiner linken Tatze in die Luft. Hier ist Minzi der Chef - seit drei Monaten.

Minzi kam im Februar ins Tierheim. Der schwarze Kater ist ein typischer Fall, weil er nicht kastriert war, wie etwa die Hälfte seiner Artgenossen. Dass so wenige Kater und Katzen kastriert sind, sorgt Jahr für Jahr im Mai und nochmals im Herbst für eine Flut an Katzenbabys, die in den Tierheimen landen. Egal, wen man im Kronacher Tierheim fragt, alle sagen das gleiche: zu viele Katzen, jedes Jahr. Allein im vergangenen waren es insgesamt 272 Tiere.

Carmen Schreiner, die im Tierheim alle "unsere Katzenmami" nennen, arbeitet seit neun Jahren im Tierheim. Seitdem, sagt sie mit besorgtem Blick, habe sich an der Katzenflut nichts verbessert.
"Die Leute lassen ihre freilaufenden Katzen nach wie vor nicht kastrieren", erklärt sie. "Das ist das hauptsächliche Problem." Viele Jungtiere landen ab Mai deshalb in ihrer Obhut. Erst nach dem Herbst, wenn die zweite Welle an Katzenbabys geboren ist, reist die Flut an jungen Katzen, die im Tierheim landen, allmählich ab.

Das Hauptproblem seien die Höfe, sagt Schreiner. Ganze Rudel entstehen auf manchen Höfen, weil sich die Katzen unkontrolliert fortpflanzen. Die Tiere haben mit Menschen dort nahezu keinen Kontakt, sind verwildert und lassen sich nicht anfassen. Um dem vorzubeugen, hat das Tierheim schon mehrere "Kastrationsaktionen", wie Schreiner es nennt, auf Höfen in der Region durchgeführt. Mithilfe von Lebendfallen fangen sie dort die Tiere, kastrieren und pflegen sie einige Tage und bringen sie, "wenn die Bauern einverstanden sind", wieder auf den Hof zurück. Geholfen hat das bislang allerdings wenig.

Was sich in der Zwischenzeit im Tierheim abspielt, empfindet Carmen Schreiner als Elend: Die meisten Kätzchen sind weder geimpft noch entwurmt. "Viele von ihnen sterben oder bleiben chronisch krank", sagt Carmen Schreiner. "Vor dem Leid der Katzen verschließen die Leute die Augen."


Eine Qual für die Tiere

Schreiner weiß, weshalb viele Katzenbesitzer nicht wollen, dass ihr Tier kastriert wird. "Sie haben Angst, dass sich der Charakter ändert." Gerade bei Katern habe sie gute Erfahrungen gemacht. "Die sind dann viel ruhiger, ziehen nicht mehr so große Bahnen und weniger große Kreise." Außerdem würden die Kater keinen übel riechenden Geruch mehr verbreiten, wenn sie ihr Revier markieren. Katzen würden dauerrollig, wenn sie nicht gedeckt werden. Die Gebärmutter könne sich entzünden - "das ist eine Qual für das Tier".

Deswegen ist die Kastration für sie der einzig wirksame Weg. Doch die meisten Bauern, deren Höfe das Problem am stärksten fördern, wollen dafür nicht aufkommen. Nachvollziehbar, da die meisten Katzen zugelaufen sind. Sie sind herrenlos. Wer also sollte für sie bezahlen?

Wenn sich niemand findet, springt das Tierheim ein. "Wir sind schon froh, wenn die Leute die Tiere hier abgeben und sie nicht anderweitig entsorgen." Nichtsdestotrotz appelliert das Tierheim auf dessen Internetseite: "Katzen bitte jetzt kastrieren lassen!" Die Kosten für das Tierheim sind immens: Nicht nur, was Pflege und Vermittlung anbelangt. Denn viele der Katzen kommen unkastriert im Tierheim an - so wie Minzi. Das muss gemacht werden. Eine Katze kostet rund 150 Euro und ein Kater rund 80 Euro. Dazu kommen weitere Behandlungskosten und die Futterkosten. 16.000 bis 18.000 Euro haben die Katzen allein im vergangenen Jahr gekostet, plus Kastrationskosten in Höhe von 12.000 Euro. Ein riesiges Problem, das Konsequenzen hat, sagt Tierheimleiterin Susanne Hanft. "Als wir so viele Katzen hier hatten, haben wir nur noch die Notfälle aufgenommen, alle anderen mussten warten." Nur eines kann helfen, ist Carmen Schreiner überzeugt: die Kastration. Die sei "das A und O".

Trotz der Masse an jungen Katzen, sind die meisten von ihnen nicht lange im Kronacher Tierheim: "Jungtiere gehen, Gott sei Dank, immer gut. Für die halbwilden und die älteren Tiere ist es schwerer, vermittelt zu werden." So wie Minzi. Der Kater hat eine alte Verletzung an der rechten Pfote, humpelt deshalb durchs Leben. Außerdem versteht er sich mit anderen Katzen nicht gut. Minzi will eben immer der Chef sein. Carmen Schreiner mag ihren Minzi dennoch. Sie und die anderen Helfer im Tierheim werden sich um den Kater kümmern. Genau so wie um die Dutzenden anderen Katzen, die das Tierheim in den kommenden Monaten aufnehmen wird.