In Regensburg hofft die Robotik AG des Kronacher Kaspar-Zeuß-Gymnasiums am Samstag auf den Einzug in die europäische Endrunde der "First Lego League".
Die Generalprobe verläuft perfekt. Mit dem monotonen Surren eines ferngesteuerten Autos macht sich der Roboter auf den Weg zurück zu seinem Ausgangpunkt. Es dürfte ein zufriedenes Surren sein. "Das wären jetzt 610 Punkte. Mehr können wir mit ihm nicht holen", hallt es aus dem kleinen Zuschauerkreis. Acht Augenpaare begleiteten das entfernt an einen Gabelstapler erinnernde Gefährt gebannt auf seinem Rundkurs über den Wettkampftisch entlang gleich mehrerer Zwischenstationen. "Er hat 2:30 Minuten Zeit, die vorgeschriebenen Aufgaben zu erledigen. Etwa, einen Motor in ein Auto einzusetzen oder ein Haus umzufahren. Wenn er die Sicherheitszone einmal verlassen hat, dürfen wir ihn nicht mehr berühren, ansonsten gibt es Strafpunkte", erklärt Georg Kaiser.
Mit der Robotik AG des Kronacher Kaspar-Zeuß-Gymnasiums steht der 14-Jährige am Samstag vor einer hohen Hürde. Zusammen mit sieben Teamkollegen möchte er in Regensburg den Einzug ins europäische Finale der so genannten First Lego League perfekt machen. Weltweit treten in dem internationalen Roboter- und Forschungswettberwerb über 25 000 Mannschaften an.
Das Hirn füttern
Anderen Teams sei es mit ihren aus "Lego Technic" gebauten Robotern, konstruiert aus Sensoren, Motoren und Legosteinen, allerdings bereits gelungen, Aufgaben zu erfüllen, die 850 der 1131 möglichen Punkte einbringen. "Uns ist aber bewusst, dass es nicht einfach wird. An diese Punktzahl kommen wir nicht heran", sagt Kaiser. Er war federführend dafür verantwortlich, das Computerprogramm zu schreiben, mit dem das Hirn des Roboters gefüttert wurde.
Chancen auf den vierten Platz und damit eine Reise zum Finale nach Ungarn räumt er seinem Team dennoch ein. "Wir hoffen, dass wir mit unserem Forschungsauftrag überzeugen können", sagt der Achtklässler. Denn um am Ende einen der aus Legosteinen gebauten Pokale in den Händen halten zu dürfen, gilt es, in vier Kategorien zu überzeugen (siehe Infokasten unter diesem Artikel). Ebenso viele Punkte wie mit surrenden Mini-Gabelstaplern sind auch mit einem Vortrag zu einem vorgegebenen Themenbereich zu holen.
Müll vermeiden
Heuer sollten sich die Teilnehmer damit auseinandersetzen, wie zukünftig mit Abfall umgegangen oder dieser gar vermieden werden kann. "Uns hat das Thema sehr interessiert, aber wir konnten uns nicht so recht entscheiden, welchen Teilbereich wir uns aussuchen sollen", sagt Kaiser. Ausschlaggebend sei schließlich gewesen, dass ihnen im Zuge der Recherche immer wieder die Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll begegnete.
"Wir dachten letztlich, dass es gut wäre, wenn nicht immer nur über Müllrecycling geredet wird, sondern auch einmal darüber, wie Müll gar nicht erst entsteht", sagt der 14-Jährige. Ihre Idee: Ein biologisch abbaubares Plastik aus nachwachsenden Rohstoffen zu entwickeln. Statt 400 Jahre wie herkömmlicher Plastikmüll, brauche ihre Variante gerade einmal acht Wochen, um zu verrotten. "Dafür muss er nur mit Wasser in Kontakt kommen", erklärt Kaiser.
Ein Grundrezept aus Wasser, Kartoffelstärke, 50-prozentigem Glycerin und wahlweise Lebensmittelfarbe war zwar schnell gefunden - die Schüler mit dem Resultat aber nicht wirklich zufrieden. Zu rissig sei die entstandene Folie gewesen. "Wir haben dann etwas Schwefel als Bindemittel hinzugefügt. Dadurch ist es besser geworden", sagt Kaiser. Präsentiert werden im Vortrag auch Umfrageergebnisse, nach denen 55 Prozent der Befragten von der Idee der KZG-Schüler überzeugt sind. 66 Prozent seien gar bereit, bis zu 20 Cent mehr für ein Produkt auszugeben, das mit einer Bio-Folie umhüllt sei.
Voll im Trend
Denkbar wären auch Plastiktüten oder -besteck, teilte den Nachwuchs-Wissenschaftlern Markus Lehner mit. Der Lehrstuhlinhaber für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes an der Montanuniversität Leoben (Österreich) wohnt im Landkreis Kronach und traf sich mit den Schülern zu einer Gesprächsrunde. Seiner Ansicht nach befindet sich das "Team Robolution" voll im Trend. In der Industrie werde bereits an solchen Ideen gearbeitet.
Martin Jungkunz ist schon vor dem Halbfinale spürbar stolz auf seine Schüler. "Natürlich gibt man Tipps und greift ab und an unterstützend ein, aber sie haben sich sehr gut selbst organisiert", lobt er. Im Referendariat lernte der 40-jährige Mathematik- und Physik-Lehrer den Wettbewerb kennen und gründete 2009 die AG, die inzwischen als Wahlpflichtfach belegt werden kann.
Drei Jahre nachdem die ersten Lego-Roboter gebaut wurden, kam mit Alexander Heinlein (31) - der die gleiche Fächerkombination wie sein Kollege wählte - ein zweiter Lehrer hinzu. Jeder betreut ein Team. In der Vorrunde in Leipzig gewann "Robolution" dank einer überzeugenden Finalrunde. Das aus jüngeren Schülern bestehende "Team Blackbots" landete auf dem vierten Rang.
Zweimal pro Woche wird der Kurs angeboten, doch gerade in den entscheidenden Phasen vor einem Wettkampf wird der zur Verfügung stehende Raum auch außerhalb der feststehenden Zeiten genutzt. Jungkunz erklärt: "Das große Engagement, das Eltern und Schüler gezeigt haben, geht weit über Schule hinaus." Möglich sei die AG ebenso wie die Teilnahme an Wettbewerben nur durch Sponsoren. "Da müssen wir uns bei den Firmen aus dem Landkreis, dem Förderverein und dem Elternbeirat bedanken", sagt der 40-Jährige. "Die Schule allein könnte das nicht stemmen."
500 Euro kostet ein Grundpaket, das dazu reicht, um zwei bis drei Schüler zu beschäftigen. "Davon brauchten wir sechs Stück", sagt Jungkunz. Inklusive reinvestierter Preisgelder stecken mittlerweile zwischen 12 000 und 15 000 Euro im Equipment.
Um im Halbfinale ganz oben mitzumischen, seinen allerdings noch ganz andere Summen nötig. Optimistisch sind die Schüler dennoch. Trotz geglückter Generalprobe - Naturwissenschaftler sind schließlich keine Theater-Schauspieler.
First Lego League
Idee Der internationale Roboter- und Forschungswettbewerb ist ein weltweites Bildungsprogramm. Jährlich treten Teams aus über 80 Ländern an. Ziel des Programms ist es, Kinder und Jugendliche in sportlicher Atmosphäre an Wissenschaft und Technologie heranzuführen. Entwickelt wurde es von der amerikanischen Stiftung "First" sowie dem dänischen Spielzeughersteller "Lego".
Qualifikation Das Europa-Finale findet im März in Ungarn statt. Um es zu erreichen, müssen eine Vorrunde sowie ein Halbfinale überstanden werden. Ein Team besteht aus drei bis zehn Teilnehmern. Das Kaspar-Zeuß-Gymnasium wird mit acht Schülern die Reise zum Halbfinale nach Regensburg antreten.
Bewertung Die antretenden Mannschaften müssen ihr Können in gleich vier Kategorien beweisen, in denen jeweils 50 Punkte zu holen sind. In einem Forschungsteil müssen in diesem Jahr innovative Ideen präsentiert werden, wie in der Zukunft mit Abfall umgegangen werden könnte. Im so genannten Robot-Game muss ein aus Lego-Steinen gebauter und selbst programmierter Roboter innerhalb von 2:30 Minuten mehrere Transportaufgaben bewältigen. Das Aussehen sowie die Programmierung des Roboters werden in der Kategorie "Roboterdesign" bewertet. Die dort geholten Zähler fließen ebenso in die Gesamtpunktzahl ein, wie eine Teamwork-Aufgabe. In der Gruppe muss dort über die Lösung einer Aufgabe diskutiert werden.