Spenden aus Kronach retten zweijährige Zosia

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Zosia Poddebniak kann nach der Herzoperation wieder essen - das zweijährige Kind hatte zuvor nur noch 9,5 Kilogramm gewogen. Foto: privat
Zosia Poddebniak kann nach der Herzoperation wieder essen - das zweijährige Kind hatte zuvor nur noch 9,5 Kilogramm gewogen.  Foto: privat

Innerhalb von vier Wochen haben Krankenhausseelsorger Wladyslaw Poddebniak und die Caritas im Kreis Kronach 36.500 Euro an Spendengeldern für die Herzoperation der zweijährigen Zosia gesammelt. Die Geschichte einer Rettung.

Am Morgen des 6. August liegt die zweijährige Zosia Poddebniak auf der Station 18 B West des Uniklinikums Münster und wartet auf ihr neues Leben.

Knapp zehn Stunden wird die Operation dauern, die Ordnung in die Gefäße bringen soll, die das kleine Herz mit den anderen Organen mehr recht als schlecht verbinden. Der Grund für die Fehlbildung ist eine sogenannte Heterotaxie: Zosias Herz schlägt auf der rechten Seite.

Heute, gut vier Wochen später, sitzt der Kronacher Krankenhausseelsorger Wladyslaw Poddebniak im Büro von Cornelia Thron, der Geschäftsführerin der Caritas in Kronach, und kann sein Glück kaum fassen.


Innerhalb von vier Wochen haben er und Thron so viel Spendengelder von den Menschen im Kreis erhalten, dass die Operation des kleinen Mädchens aus Polen bezahlt werden konnte.



Zosia (Koseform für Sophia, gesprochen Zoscha) ist die Tochter von Poddebniaks Neffen. "Ich musste einfach helfen", sagt er. Ende Mai stand er dann in Cornelia Throns Büro. Ein bisschen Geld würde er brauchen, hatte er gesagt. Thron lacht und sagt: "Mit dem ganzen Betrag wollte er am Anfang nicht rausrücken."

Thron blättert durch die Spenderliste vor sich. Am Ende von Seite vier steht eine Summe von 30.5000 Euro. Es sind Einzelspenden darunter, aber auch Kollekten von den Pfarrgemeinden.

"Wir wissen oft gar nicht, wer im Einzelnen gespendet hat", sagt Thron, "und darum wollen wir auf diesem Weg jetzt einmal Danke sagen". Pater Poddebniak nickt: "Mit so einer Summe hätte ich nie gerechnet - ich dachte, wenn nur ein paar Tausend Euro zusammenkommen, wäre schon viel geholfen". Als Cornelia Thron ein wenig später den Besprechungsraum verlässt, sagt er noch, wie sehr er den Mitarbeitern bei der Caritas für ihre Unterstützung dankbar sei. "Sie waren von Anfang an mit vollem Herzen dabei."

Zu den direkt aufs Spendenkonto einbezahlten Beträgen kamen in den vier Wochen auch noch insgesamt 6000 Euro an Barspenden. Als nach einem Gottesdienst an einem Sonntagnachmittag eine Gruppe Jugendlicher auf ihn wartete, ihm 500 Euro überreichte, "da", sagt Poddebnika "hatte ich Tränen in den Augen".


Das Problem mit den Karies

Mit einem Jahr stoppt Zosias körperliche Entwicklung. Der Magen drückt auf die Lunge, wenn Zosia isst, hat sie Schmerzen. Also isst sie irgendwann nicht mehr. Im April dieses Jahres wiegt Zosia nur noch neuneinhalb Kilo, laufen kann sie schon länger nicht mehr. Aufgrund des Sauerstoffmangels werden ihre Hände und ihr Mund blau. Die polnischen Ärzte reagieren zu spät. Als sich der Zustand nur noch verschlechtert, sagen sie, eine weitere Operation trauen sie sich nicht zu. Sie beginnen nach einem Arzt zu suchen, der es sich zutraut.

Professor Edward Malec ist Leiter der Kinderherzchirurgie am Universitätsklinikum in Münster. Und Edward Malec ist Pole. Er hat bereits früher polnische Kinder operiert. Meist verzichtet er dabei auf den Großteil seines Lohns, setzt für die Operation nur die Klinikkosten an. 36 500 Euro in Zosias Fall.

Der Vater von Zosia verdient als Geschäftsleiter in Polen rund 800 Euro im Monat, um die Krankenhauskosten seit Zosias Geburt zu bezahlen, hat er bereits fast alles verkauft, was die Familie besitzt.

Malec, der Chirurg, reist nach Polen, untersucht das Kind, sagt, er traue sich die Operation zu, aber nur in seiner Klinik in Münster.

Und es gibt noch eine zweite Bedingung: zehn Tage vor dem gesetzten Operationstermin muss das Geld da sein. Das sind normale Klinikregeln. Cornelia Thron telefoniert mit Malec, lässt sich die anstehende Operation erklären, und sichert ihm unter Garantie zu, dass das Geld zum benötigten Zeitpunkt da sein werde.

Mit der Aussicht auf die Operation in Deutschland beginnt für Zosia ein neuer Kampf: Das geschwächte Kind schlittert damals von einer Infektion in die nächste, zuletzt liegt es mit einer Lungenentzündung in der Klinik. Für eine Herz-OP muss die Zweijährige gesund sein. Und vor allem, hatte Malec gesagt, müssten die Zähne in Ordnung sein. Über den Mund gelangen Bakterien am schnellsten ins Blut. Zosia hat in jedem Zahn Karies. Doch kein Zahnarzt traut sich zunächst, ein herzkrankes Kind unter Narkose zu setzten. Es dauert, bis sie eine ältere Zahnärztin finden, die Zosia behandelt, ohne Narkose, nur mit einer natürlichen Betäubung.


Zosias Leben wurde leise gerettet.



"Jeder hat einfach still und ohne großes Aufheben gespendet", sagt Cornelia Thron. Am 29. Mai hat Poddebniak die Geschichte seiner Großnichte aufgeschrieben, die Zettel haben sie innerhalb der Gemeinden verteilt, in Kirchen ausgelegt.

Vier Wochen später hatten sie das Geld zusammen. "Eigentlich unglaublich", sagt Thron. Dann blickt sie auf Poddebniak und sagt: "Weil dich eben jeder so gerne mag." Poddebniak nickt kurz, dann wechselt er schnell das Thema, spricht lieber über Zosia, ihre kleinen Augen, in denen jetzt wieder Leben blitzt und darüber, dass das Mädchen bereits wieder anfängt zu essen.

Ihr Herz schlägt immer noch auf der falschen Seite, aber es hat jetzt einen funktionierendes Kreislaufsystem. Alle Organe werden ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt. Vermutlich wird sie später ein normales Leben führen können.

Auch Zosia bedankt sich. Auf ihre Art. Ohne große Worte. Mit jedem ihrer Herzschläge. Rund 110 Mal in der Minute.