Präzisionsarbeit auf der Festung

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Jennifer Harris setzt das fertige Mundstück zur Probe auf ihr Wiener Fagott auf. Fotos: Mariell Dörrschmidt
Jennifer Harris setzt das fertige Mundstück zur Probe auf ihr Wiener Fagott auf. Fotos: Mariell Dörrschmidt
Das Schilfrohr muss durchgehend und gerade gestochen werden, damit es richtig schwingen kann.
Das Schilfrohr muss durchgehend und gerade gestochen werden, damit es richtig schwingen kann.
 
Clemens Horn befestigt mit Baumwollfaden sein Mundstück.
Clemens Horn befestigt mit Baumwollfaden sein Mundstück.
 

Auf der Festung Rosenberg treffen sich Profi-Musiker aus aller Welt, um die historische Rohrbauweise zu erlernen.

Die Lippen eines Musikers entscheiden über die Klangfarbe und über die spezielle Bauweise des Mundstücks für sein Instrument. Bei der Bearbeitung der Schilfrohre für die Mundstücke ist höchstes Fingerspitzengefühl gefragt, wie bei einem Rohrbaukurs für Musikspezialisten auf der Festung Rosenberg in Kronach deutlich wird. Dabei wird versucht, die historische Bauweise ohne Verwendung von maschinellen Instrumenten nachzuahmen.

Unterschiedlichste Wege führten Musikspezialisten aus den Niederlanden, aus Luxemburg, Bolivien oder der Schweiz nach Kronach. In der Festungsherberge haben sie sich für eine Woche eine kleine Werkstatt eingerichtet, um nach historischer Bauweise eigene Mundstücke für ihre Fagotte herzustellen.
Unter Anleitung von Jennifer Harris, Dozentin am Konservatorium in Wien, und Stefan Pantzier, Orchestermusiker des MDR-Orchesters in Leipzig, legen die teilnehmenden Künstler ihre Erfahrungen zusammen und erlernen sowie verbessern die "alte Technik" des Rohrbaus für die Herstellung ihrer eigenen, ideal angepassten Mundstücke.


Einmalig in Deutschland

Als Einzige in Deutschland beherrsche Jennifer Harris dieses historische Handwerk des Fagott-Baus: " Die Technik ist eine bewährte Methode, die in etwa aus dem 15. Jahrhundert stammt. Ich habe viel zugeschaut, ewig geübt und lange experimentiert, bis ich es richtig gekonnt habe", erklärt die Professorin, die sich bei den Vorrichtungen und Arbeitsweisen an die Beschreibung von Étienne Ozi, einem französischen Fagottisten, hält.

Gemeinsam mit Stefan Panzer arbeitet die Wissenschaftlerin auch mit dem Kronacher Holzblasinstrumentenbauer Peter Wolf zusammen: "Er kommt ab und zu vorbei und fachsimpelt mit uns über die alten Bauweisen. Instrumentenbauer haben oft das Problem, dass sie einen Spieler benötigen, der ihnen sagt, ob das Rohr stimmt oder nicht - wir können uns somit hier in Kronach ideal austauschen", freut sich Jennifer Harris.


Zusammenspiel ist wichtig

Außerdem sei das Zusammenspiel von Instrument, Spieler und Rohr wichtig: "Wenn das Instrument einen Fehler hat, können wir eine Lösung finden und alles gleichzeitig bearbeiten." Stefan Pantzier sieht ebenfalls den Vorteil des Austausches: "Dadurch, dass wir unterschiedliche Techniken anwenden, ist es toll sich besser kennenlernen zu können."

Clemens Horn aus Leipzig ist der jüngste Teilnehmer des Workshops. Als Fagottschüler von Stefan Pantzier will er sein Hobby zum Beruf machen - als Holzblasinstrumentenbauer bei der Firma Wolf in Kronach. Ihn fasziniere die Vielseitigkeit der Ausbildung und das Arbeiten mit Holz sei eine Leidenschaft des 19-Jährigen: "Das finde ich sehr interessant. Der hohe Eigenanteil an Handarbeit sowie das Arbeiten mit Maschinen gefällt mir."
Den Rohrbaukurs mache der gebürtige Leipziger eher als Zusatz zu seiner Ausbildung: "Ich habe eigentlich ,modern‘ gelernt. Hier versuchen wir die historische Bauweise aufs Moderne zu adaptieren und zu verändern."
Mariell Dörrschmidt