An Schultagen haben die Lokführer ein mulmiges Gefühl, wenn sie den Kronacher Bahnhof erreichen. Ursache dafür sind die Kinder, die zu nah am Bahnsteig stehen. Landratsamt, die Bahn als auch die Schulen setzen nun auf Prävention.
Fast lautlos rollt die Regionalbahn in Richtung Ludwigsstadt um 13.06 Uhr auf den Kronacher Bahnhof zu. Auf dem Bahnsteig drängen sich bereits die Schüler, von denen die meisten dicht am Gleis stehen. Die weiße Linie wird geflissentlich ignoriert. Viel wichtiger ist es anscheinend, weit vorn zu stehen, sonst winkt später kein Sitzplatz.
Bahn und Bundespolizei sorgen sich um Schüler bei 13 Uhr Zug in Kronach by Infranken.de
Als der Zug hält und sich die Türen öffnen, geht das Gedränge richtig los. Charles Darwin hätte seine Freude daran: Groß gegen Klein, Stark gegen Schwach - bis sich auch der letzte in den Zug gekämpft hat. Lokführer Gerhard Hohlmann beobachtet das Treiben aus dem Seitenfenster des Triebwagens. Viel Zeit hat er nicht, er muss weiter. Ohnehin ist er spät dran, denn er und seine Kollegen fahren um diese Uhrzeit besonders langsam in den Kronacher Bahnhof ein. Grund sind die Schüler. "Da sind schon die wildesten Sachen passiert", sagt er.
Ja, er sorge sich, dass jemand durch das Gedränge vor seine fahrende Lok fallen könnte.
"Aus Spaß wird ernst"
Die Sorge wurde so groß, dass die Lokführer Hans-Jürgen Wolf, Teilnetz-Manager bei der Deutschen Bahn, Bescheid gegeben haben. Er hat die für Bahnstrecken verantwortliche Bundespolizei und das Sicherheitspersonal der Bahn gebeten, sich in Kronach umzusehen. Mit mäßigem Erfolg. Sobald die Schüler die Uniformierten sähen, bessere sich zwar die Situation, aber die könnten nicht immer vor Ort sein. Wolf setzt deshalb auf Prävention.
Die bietet die Bundespolizei in Form des Vortrags "Aus Spaß wird ernst". Er leitet an, wie sich jeder in der Nähe von Gleisen und Bahnhöfen verhalten sollte. Drei Vorträge haben bereits an der Maximilian-von-Welsch-Realschule (RS I) stattgefunden.
Gestern stand Nummer vier auf dem Programm, und morgen folgt der vorerst letzte. Marc Peter Biedermann, im Landratsamt für das Verkehrswesen zuständig, hofft, dass sich auch die anderen Schulen im Kreis für den Vortrag interessieren.
Handys landen im Gleisbett
Das meiste davon, was Bundespolizistin Stefanie Sigl und ihr Kollege Andreas Will zu sagen haben, müsste den Schülern ohnehin schon bewusst sein. Zum Beispiel, dass nichts kaputt gemacht werden darf und dass Drängeln am Bahnsteig schlecht ist. Maximilian Dauer steckt jeden Tag mitten in diesem Schülerpulk. "Man wird von hinten gedrückt", sagt der 14-Jährige, und nach vorne drücke er auch ein bisschen. "Ich will halt auch einsteigen." Neben dem Gedränge werfen Schüler laut Stefanie Sigl auch Handys und Jacken von anderen ins Gleisbett.
"Und die holen die Sachen wieder raus." Auch sonst komme es häufiger vor, dass Leute über die Gleise gehen.
Den Bundespolizisten geht es vor allem darum, dass die Kinder erkennen, wie groß die Gefahr dabei ist.
Ein Zwölfjähriger hatte im vergangenen September im Nachbarlandkreis Lichtenfels diese Gefahr unterschätzt. "Man vermutet, er hat den Zug schon kommen sehen, dachte aber wahrscheinlich, er könne nochmal über das Gleis, weil er seine Jacke vergessen hatte", sagt Andreas Will. "Das war sein Verhängnis."
Schulwegbegleiter für Kronach?
Um die Gefahr rund um die Schiene, aber auch im Bus, für Schüler möglichst klein zu halten, plädiert Stefanie Sigl für Schüler als Schulwegbegleiter wie die "Coolrider". In Nürnberg und Umland machen 2000 Schüler bei diesem Projekt mit.
Auch Christa Bänisch, Direktorin der RS I, interessiert sich dafür, möchte die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei ohnehin aber aufrechterhalten.
Und sicherlich haben auch die Lokführer nichts dagegen: Damit sie sich weniger sorgen müssen, wenn sie um 13 Uhr in den Kronacher Bahnhof einfahren.
Lieber Meckermann,
was hat die Gedankenlosigkeit der Fahrgäste bzgl. des Überschreitens der Gefahrenlinie am Bahnsteig mit der Anzahl der Wagen zu tun??? Dieses Verhalten beobachte ich auch bei leeren Zügen. Bisher ist auch noch jeder mitgekommen oder?
Sicherlich wird bei Schülern und Jugendlichen auch am Bahnsteig immer wieder gefährlicher Blödsinn getrieben, und es ist sicher richtig denen regelmäßig ins Gewissen zu reden. Allerdings triftt das hier nur am Rande zu. Wenn Sie ein schulpflichtiges Kind im Bekanntenkreis hätten, wüssten Sie, das überfüllte Züge die Regel und keine Ausnahme sind. Gerade die Jüngeren haben darunter zu leiden und ausreichend Platz könnte die Situation durchaus entschärfen. Die Aussage "bisher ist noch jeder mitgekommen" führt in diesem Fall am Problem vorbei und an einer Lösung sowieso.
Liebes infranken-Team:
Wäre es denn nicht wesentlich effektiver und sicherer für alle Beteiligten, wenn die Deutsche Bahn zu den Stoßzeiten einfach einen oder zwei Waggons mehr ankuppeln würde??? Fragen Sie doch bitte mal nach, warum man nicht das eigentliche Problem (zu wenig Platz) bekämpft, sondern nur die Symptome zu vermeiden sucht.