Nicht jeder Schüler wird benotet

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In der Montessori-Schule in Mitwitz gibt es keine Noten.Foto: Archiv
In der Montessori-Schule in Mitwitz gibt es keine Noten.Foto: Archiv
Mathias Schmitt
Mathias Schmitt
 

In den Klassenzimmern wird es zur Zeit aufregend. In der Montessori-Schule erwartet die Kinder aber kein Blatt mit Zensuren. Der Tag ist für sie trotzdem besonders.

Eine Zwei in Deutsch oder eine Fünf in Mathematik kennen sie nicht. Die Kinder der Montessori-Schule in Mitwitz bekommen keine Noten. Nicht im Zeugnis und auch sonst nicht. Mathias Schmitt, Schulleiter der Montessori-Schule, ist der Meinung, dass Noten die Kinder demotivieren können. Die Kinder sollen stets Freude am Lernen empfinden. Deshalb werden keine Fünfer, aber auch keine Einser verteilt.

Dennoch werden die Montessori-Schüler heute ein Papier mit nach Hause nehmen, auf dem die Eltern lesen können, wie das Schuljahr bisher für die Kinder war. Für Schüler bis zur achten Klasse gibt es heute in der letzten Schulstunde den Zeugnisbrief, ältere erhalten eine Zwischeninformation.

Beobachten statt beurteilen

"Wir beurteilen nicht, sondern beobachten unsere Schüler", erklärt Schmitt die Vorgehensweise.
Diese Beobachtungen werden dann mit dem Schüler besprochen, kurz bevor der Zeugnisbrief oder die Zwischeninformation erstellt werden. "Die Schüler können sich selbst sehr gut reflektieren. Das ist uns sehr wichtig", sagt Schmitt. Nach dem Gespräch formulieren die Lehrer den Brief, eine Art "Wortgutachten mit Begründungen".
Doch darin wird nicht abgebildet, in welchen Fächern der Schüler schlecht ist. Die Kinder werden nicht miteinander verglichen.

Der Brief besteht aus Beschreibungen, was der Schüler in den verschiedenen Bereichen schon beherrscht. Hinzu kommen Tipps, wie sich der Schüler noch verbessern kann.
Unterteilt ist der Brief in Arbeitsweise und Verhalten, Deutsch, Mathematik, Sachkunde/Musik/Religion, Fremdsprachen, Gestalten und Sport. Am Ende des Schreibens sind zudem noch Bemerkungen und Anregungen formuliert - für den Schüler, nicht für die Eltern. "Im Zeugnisbrief steht zum Beispiel auch, was der Schüler wiederholen, mit welchen Materialien er lernen und was er in der Freiarbeit noch vertiefen sollte."

Direkt an die Kinder gerichtet

Der Brief ist damit nicht in erster Linie an die Eltern gerichtet, sondern an den Schüler selbst. "Der Brief ist in der Du-Form geschrieben", erklärt Schmitt. Die Schüler werden direkt angesprochen, beispielsweise: "Lieber (Vorname), du kannst dich gut in andere hineinversetzen." Die Schüler sollen verstehen, was im Brief steht. "Die Sprache ist verständlich."

Die Lehrer haben eine Art Register erstellt, wie sie ihre Beobachtungen niederschreiben wollen. Es gibt geformte Sätze für den mündlichen Sprachgebrauch, die dann verschriftlicht und individuell auf den Schüler angepasst werden.

In den höheren Jahrgangsstufen, also in der neunten und zehnten Klasse, werden keine persönlichen Zeugnisbriefe verteilt. Die Schüler erhalten eine Zwischeninformation, um gleichberechtigt mit Schülern öffentlicher Schulen zu sein, erklärt Schmitt. "Die Zwischeninformation ist vor allem für die künftigen Arbeitgeber." Es macht ihnen leichter, wenn sie auf einen Blick über den Leistungsstand ihres Bewerbers informiert werden, erklärt Schmitt.

Wichtig sind hierfür auch die "Informationen zum Entwicklungs- und Lernprozess", die sogenannte Izel-Tabelle, die am Ende des Schuljahres verteilt wird. Diese ist in den höheren Klassen notwendig, damit das Schulamt beispielsweise den Hauptschulabschluss anerkennt. Die einzelnen Fächer werden aufgelistet. Daneben können die Lehrer die Beobachtungen in eine Kategorie einordnen: Anfänge, Grundkenntnisse, gesicherte Kenntnisse und vertiefte Kenntnisse.

Doch das ist nur die erste Seite der Zwischeninformation. Anschließend werden die Fächer nochmal in Teilbereiche untergliedert, beispielsweise in Mathematik in Algebra oder Kopfrechnen. Diese werden auf einem weiteren Blatt in Textform erläutert. Außerdem wird noch ein Überblick über Schlüsselqualifikationen gegeben, zum Beispiel wie sorgfältig oder motiviert der Schüler ist.
Doch wie sieht das in den öffentlichen Grundschulen aus? In den ersten beiden Klassen gibt es hier ebenfalls keine Noten im Zeugnis. Die Lehrer schreiben einen Text über den Schüler. Ab der dritten Klasse fällt der Text deutlich kürzer aus und Noten kommen hinzu.

Das Zeugnis besteht dann aus zwei Teilen. Gerade der textliche Teil sei für die Eltern sehr wichtig. Reinhard Horn, Kreisvorsitzender des Bayerischen Lehrer und Lehrerinnenverbands, findet das auch sehr wichtig. Er beschreibt das Zeugnis als eine Zustandsbeschreibung, die den Leistungsstand bekannt macht. "Schüler wollen Noten. Sie können so leichter sehen, wo sie stehen." Zwar könne das Zeugnis nur eine Momentaufnahme sein, aber es zeige dennoch, wo es eventuell Probleme geben könnte.