Mit Edeka kommt der vierte Supermarkt nach Stockheim

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Bürgermeister Rainer Detsch (FW): "Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht." Foto: Jan Koch
Bürgermeister Rainer Detsch (FW): "Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht." Foto: Jan Koch

Am Dienstag öffnet mit dem neuen Edeka-Markt in Stockheim der vierte Lebensmittelhändler. Was macht die ehemalige Bergwerksgemeinde für die Märkte nur so unwiderstehlich?

Eigentlich hätte Rainer Detsch allen Grund, genervt zu sein. Aus dem Nebenzimmer dringt lautes Hämmern in sein Büro. "Der Sitzungssaal", deutet Stockheims Bürgermeister (FW) an. Der werde nämlich gerade renoviert. Detsch beugt sich allerdings unbeirrt über ein Blatt Papier, zückt seinen Stift und legt los: In die Mitte malt er einen großen Kreis. Ringsherum folgen sieben kleinere, die Stockheims Ortsteile darstellen sollen. "Für die Leute hier, für die Leute vor Ort" sei der Edeka-Markt, der am Dienstag im Gewerbegebiet "Obere Holzwiesen" eröffnet. Ein Vorteil sei das, trotz der bereits ansässigen Aldi-, Lidl- und Rewe-Märkte.

5000 Einwohner

Nunmehr vier Supermärkte in einer Gemeinde, die gut 5000 Einwohner zählt; Stockheim ist auffällig beliebt bei den Lebensmittelunternehmen.
"5000 Einwohner", erklärt Sabine Köppel, Bezirksgeschäftsführerin des Handelsverbands Bayern, "das ist meistens die kritische Grenze, die für die Lebensmittler interessant ist". Lebensmittler, Discounter - auch sprachlich ist die Welt des Lebensmittelhandels eine Welt für sich. Ein weiterer Fachbegriff, der Bürgermeister Rainer Detsch wichtig ist, ist "Vollsortimenter". Denn genau das ist der neue Edeka-Markt.

"Ein Discounter wie Aldi hat 1100 Artikel, Lidl hat vielleicht 2000, ein Edeka-Markt hat schätzungsweise 15.000 Artikel", fügt Köppel hinzu. Genau genommen hat der Stockheimer Edeka-Markt 12.000 Artikel im Sortiment. "Wir brauchen hier einen Vollsortimenter", bekräftigt Detsch, "weil man nicht alles beim Discounter bekommt." Ein umfangreiches Sortiment, das habe seit der Aufgabe des alten Edekas im Jahr 2009 gefehlt, weswegen der Gemeinderat dem neuen Edeka-Markt zugestimmt habe. Hätte sich ein dritter Discounter ansiedeln wollen, hätte der Daumen des Gemeinderates wohl nach unten gezeigt.

Angebote ergänzen sich

Das ist aus Sabine Köppels Sicht auch sinnvoll: "Discounter und Vollsortimenter, die sich nebeneinander ansiedeln, ergänzen sich." Gemeinsam, erklärt sie, könnten sie ihren Umsatz steigern, denn wer beim Discounter etwas nicht bekomme, gehe anschließend zum Vollsortimenter. In Stockheim gibt es in Form von Lidl und Aldi allerdings bereits zwei Discounter und Netto, eine Mischform zwischen Discounter und Vollsortimenter.

Dass sich die Märkte gegenseitig kaputtwirtschaften könnten, befürchtet Bürgermeister Rainer Detsch dennoch nicht: "Es kommt niemand nur mit der Vermutung nach Stockheim, dass er seine Waren hier verkaufen kann." Dem lägen Markt analysen zugrunde, "sonst würden hier keine Millionen investiert". Detsch habe jedenfalls nichts unternommen, um Edeka und die anderen Märkte in seine Gemeinde locken.

Was Stockheim für Edeka so attraktiv macht, möchte das Unternehmen nicht verraten. Der jüngste Zuwachs in Stockheims Supermarkt-Familie gibt sich wortkarg. Edeka-Vertreterin Hanna Brandenstein sagte im Juli 2010 jedenfalls, Stockheim sei für das von Edeka kreierte Konzept durch seine geo grafische Lage prädestiniert. Roger Mathe, der den Edeka-Markt in Stockheim betreibt, bezeichnet den Standort als "interessant", vor allem, da sich im Industriegebiet vermehrt Unternehmen ansiedelten. Auch die verkehrstechnische Anbindung sei interessant.

"Aus der Not eine Tugend gemacht"

Das Stichwort "Verkehr" ist auch Rainer Detsch wichtig: "Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht." Die Not, zumindest für viele Stockheimer, heißt B85. Für die Discounter sei die Lage an der viel befahrenen Bundesstraße allerdings von Vorteil. Detsch zeigt wieder auf die Kreise und erklärt, weswegen Stockheim von den Lebensmittelmärkten profitiert.

"Edeka Mathe" ist für Rainer Detsch eine "Infrastrukturmaßnahme". Es gehe um die Nahversorgung. "Im Zuge steigender Spritpreise ist es ein Argument, dass man nicht 20 Kilometer fahren muss", sagt Detsch. Und um die Barrierefreiheit geht es auch: Schließlich liegt der neue Edeka-Markt genau im großen Kreis auf Detschs Zeichnung - dem Gemeindekern. Vor allem für ältere Menschen aus den umliegenden Ortsteilen sei ein kürzerer Einkaufsweg sehr wichtig. Sie würden sich durch den Edeka-Markt eine hektische Fahrt nach Kronach ersparen.

Außerdem solle die Kaufkraft vor Ort gehalten werden. Besonders wichtig sind Detsch die Arbeitsplätze, die die Lebensmittelhändler in Stockheim schaffen: Edeka Mathe schafft 20 Arbeitsplätze. Netto beschäftigt derzeit 16 Arbeitskräfte, Lidl zwölf - Aldi gibt hierzu keine Auskunft.

Höhere Steuereinnahmen winken

Auch, wenn es Rainer Detsch nicht darum geht: In Zukunft wird sich Stockheim wohl über höhere Einnahmen aus der Gewerbesteuer freuen können. "Wenn ein Anteil Einkommens- und Gewerbesteuer mit abfällt, muss man nicht unzufrieden sein", sagt Rainer Detsch. Im Vordergrund stehe das für ihn allerdings nicht: "Wir haben uns nicht um einen Vollsortimenter bemüht, weil wir hohe Steuereinnahmen erwartet haben", betont er und deutet auf seine Zeichnung.