Mit dem Rad von Steinbach bis nach Kronach: Jenseits der Grenzen

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Zwischenstopp hinter Heinersdorf: Die Radtour ist gleichzeitig ein Trip in die jüngste Geschichte. Foto: Bastian Sünkel
Zwischenstopp hinter Heinersdorf: Die Radtour ist gleichzeitig ein Trip in die jüngste Geschichte. Foto: Bastian Sünkel
Lächeln, bitte. Am höchsten Punkt des Rennsteigs grasen die Hochlandrinder. Foto: Bastian Sünkel
Lächeln, bitte. Am höchsten Punkt des Rennsteigs grasen die Hochlandrinder. Foto: Bastian Sünkel
 
Links Thüringen, rechts Franken: Mit dem Rad quert man mehrmals die ehemalige innerdeutsche Grenze. Foto: Bastian Sünkel
Links Thüringen, rechts Franken: Mit dem Rad quert man mehrmals die ehemalige innerdeutsche Grenze. Foto: Bastian Sünkel
 
Die Radtour von Steinbach nach Kronach ist 44 Kilometer lang.
Die Radtour von Steinbach nach Kronach ist 44 Kilometer lang.
 

Ein paar Kilometer strampeln, dann geht es bis Kronach nur noch bergabwärts: Auf der Tour durch den Frankenwald treffen Radler auf Pinocchio und Grenzposten, die zum Glück längst Geschichte sind.

Es ist nicht leicht, Steinbach zu entkommen. Das liegt weder an den Fahrradwegen - die sind gut ausgebaut - noch an der Beschilderung. Nein, die Gemeinde ganz im Norden des Landkreises wirkt trotz ihrer Beschaulichkeit geschichtsträchtig. So, als hätte der Weg etwas zu erzählen - was er auch tut...

Ein paar Meter hinter dem Bahnhof beginnt die Reise passenderweise mit dem Buchstaben "R". R, der Rennsteig, beginnt in der Ortsmitte links einer Eisenbahnbrücke, die so in vielen Orten stehen könnte, wären da nicht zwei Steinskulpturen. Auf der einen Seite der Heilige Otto, ehemaliger Bischof und Schutzheiliger der Franken, auf der anderen Seite die heilige Elisabeth, wie sie schützend ihre Hand über die thüringischen Händler hält. Steinbach erzählt eine alte Geschichte, die sich wahrscheinlich nicht so intensiv anfühlen würde, wären dort nicht für Jahrzehnte Brücken und Wege zwischen West- und Ostdeutschland, zwischen BRD und DDR gekappt worden. Der Rennsteig ist das Bindeglied einer einst zerstückelten Grenzregion, die auch durch die neuen Straßen zusammengewachsen ist.

Es dauert keine 800 Meter, bis es sich erneut lohnt, einen Stopp einzulegen. Vor der Christuskirche am Kreisel spielen sich noch bis Ende Juni seltsame Szenen ab. Ein Wald voller abgesägter Baumstümpfe ragt aus der unscheinbaren Wiese hervor und zwischendrin fliegen Späne. Herr Steigerwald aus dem Schwarzwald bearbeitet den Frankenwald mit einer Kettensäge - oder besser gesagt das, was von ihm übrig ist. Der Borkenkäfer macht auch vor Kirchenwäldern nicht halt und stellt die ganze Region vor eine Herausforderung, die sich noch Jahre hinziehen wird und Schneisen in die dichten Nadelwälder hinterlässt. Michael Steigerwald ist gekommen, um den trostlosen Anblick gefällter Bäume etwas aufzuhübschen. Die Gemeinde hat ihn als einen von drei Künstlern engagiert, einen Teil der 19 Baumstümpfe in Pinocchio, die blaue Fee und andere Märchengestalten zu verwandeln. Bis Ende Juni soll Steinbach um einen Skulpturenpark und damit eine Sehenswürdigkeit reicher seinwerden.

Raus aus Steinbach und zum ersten Mal den Berg hinab: Wer einen Abstecher an den Freizeitsee Windheim, besser bekannt als Ölschnitzsee, einlegen will, der findet ein kleines Idyll in einer Senke. Corona-bedingt ist der See zwar derzeit menschenleer, aber er scheint nur auf bessere Zeiten zu warten.

Ein letztes Mal geht es bergauf, bevor der entspannteste Teil einer eh schon familienfreundlichen Tour auf gut ausgebauten Radwegen beginnt. Es ist nicht der Nervenkitzel eines steinigen Ritts, sondern viel mehr die Kulisse des Frankenwalds auf einem Ritt durch die Geschichte. Ganz oben, nachdem ein Schild den Rennsteig auf 770 Metern über Normalnull ausweist, stehen die Grenzpfosten, die Thüringen von Bayern trennen. Dann geht's nur noch bergab.

Links Richtung Kleintettau schließen sich die Gewerbelandschaften an, für die der Frankenwald bekannt ist. Glas in Tettau, Holz im Sattelgrund, Porzellan in Schauberg. Wer nicht aus der Region stammt, wird sich hin und wieder umschauen müssen, ob er gerade durch den Landkreis Kronach oder Sonneberg radelt. Klar wird es hinter dem thüringischen Heinersdorf: Ein riesiges Schild weist auf den Mauerfall hin und auf die alten Grenzen einer Welt, die schon wirklich weit weg wirkt, je länger sich der Radweg durchs Tettauta nach Neukenroth Richtung Stockheim, Knellendorf und schließlich nach Kronach schlängelt, bis das Rad entspannt ausrollt.

Fakten:

Länge: 44 km

Höhenmeter: 270

Beschreibung: Bahnhof Steinbach - Ölschnitzsee - Kleintettau - Schauberg - Neukenroth - Stockheim - Kronach