Landrat Oswald Marr: "Kritik nicht berechtigt"

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In der Notunterkunft in Unterrodach sind derzeit circa 85 Personen einquartiert. Foto: Archiv/Anja Greiner
In der Notunterkunft in Unterrodach sind derzeit circa 85 Personen einquartiert. Foto: Archiv/Anja Greiner

Landrat Oswald Marr informierte über die Flüchtlingssituation und stellte sich vor seine Mitarbeiter und die ehrenamtlichen Helfer.

Landrat Oswald Marr (SPD) kann die Kritik in der Flüchtlingsfrage nicht nachvollziehen. Dabei sind es nicht die Aussagen der Journalisten, die ihn teilweise verwundern - und verärgern. Vielmehr geht es um die Kommentare einiger Personen, die sich in Artikeln zu Wort melden. Immer wieder werde das Landratsamt von diesen unbegründet für seine Arbeit getadelt, meint Marr.

"Es gibt kein Problem", stellt Marr in einem Pressegespräch fest. "Ich verstehe nicht, warum manche Gruppierungen so tun, als stünden wir hier vor dem Weltuntergang oder das Landratsamt wäre die dümmste Behörde." Landratsamtssprecher Stefan Schneider sucht den Vergleich. Blättere man durch die Zeitungen der Region, falle auf, dass nur in Kronach eine negative Stimmung erweckt werde.
"In allen Nachbarkreisen werden die Mitarbeiter und die Ehrenamtlichen für ihr Engagement gelobt", betont er.

Dabei hätten die Mitarbeiter der Kronacher Behörde und die freiwilligen Helfer im Landkreis ebenso Anerkennung verdient, sind Marr und Schneider überzeugt. Jede Woche kämen 15 so genannte Kontingentflüchtlinge nach Kronach, die eigentlich in eine staatliche Erstaufnahme-Einrichtung gehörten. Aus Kapazitätsgründen würden sie aber dezentral untergebracht. Damit stelle sich dem Amt eine organisatorisch schwierige Aufgabe.
42 Flüchtlinge seien zurzeit auf Regierungskosten in Kronach untergebracht. 451 seien dezentral einquartiert - und das ist eine "Baustelle" für die Kronacher Behörde. "Das Verhältnis sollte eigentlich umgedreht sein", erklärt Hardy Hanuschke von der Abteilung für Asylfragen, dass es alles andere als ein Zuckerschlecken sei, für diese Zahl an Menschen eine Unterkunft zu finden und Mietverträge abzuschließen. Marr ergänzt, dass seine Leute das toll meisterten. Bis März sei der Bedarf bereits gedeckt. "Die dezentrale Unterbringung funktioniert sehr gut. Ich muss mich da vor meine Mitarbeiter stellen."

Hätten diese nicht so gut gearbeitet, würde die Situation heute ganz anders aussehen. "Es gibt Landkreise, die es nicht schaffen, die Leute dezentral unterzubringen und jetzt schon wieder Turnhallen belegen", stellt Schneider klar.


Wohnraum melden

Marr widerspricht weiterhin der These, er sei für große Sammelunterkünfte. Er sei sehr wohl für kleine Einheiten - allerdings müssten dafür auch weiterhin genügend Wohnungen gemeldet werden. Der Landrat bat deshalb Privatleute, aber auch Firmen und Gemeinden, sich mit dem Thema auseinander zu setzen und verfügbare Wohnungen im Landratsamt zu melden. Es gebe zudem interessante Förderungen, wenn neuer Wohnraum geschaffen oder bestehender saniert werde. Was er allerdings hervorhebt: Der Landkreis bezahle Wohnungen in Anlehnung an die ortsüblichen Mietpreise und nach Quadratmetern, nicht pro Kopf. Keiner dürfe in der Flüchtlings-Unterbringung den schnellen Euro sehen. Auch dürfe dadurch der Wohnungsmarkt für die Einheimischen nicht vergiftet werden.

Dass ein unregulierter Zustrom an Flüchtlingen auf Dauer für die Kreise und Kommunen nicht zu schultern ist, steht für Marr außer Frage. Deshalb würde er sich auch erhoffen, dass die Ankündigung von Kreisrat und MdL Jürgen Baumgärtner (CSU) Wahrheit wird, und der Kreis Kronach künftig ein deutlich kleineres Kontingent an Flüchtlingen aufnehmen muss. Einer strikten Aufnahme-Obergrenze für den Freistaat will Marr jedoch nicht zustimmen. "Die Leute riskieren auf der Flucht ihr Leben und das ihrer Kinder. Da braucht es auch eine menschenwürdige Lösung", fordert er insbesondere auf europäischer Ebene ein solidarischeres Verhalten. Man könne Menschen in Not doch nicht sagen, den 200 000. nehme man, den 200 001. aber nicht mehr. "Das könnte ich auch mit meinem Gewissen nicht vereinbaren."

Weiter fordert Marr, dass die Gemeinden Solidarität zeigen sollten. Manche hätten schon mehr als die angestrebten zwei Prozent der eigenen Einwohnerzahl an Flüchtlingen aufgenommen, andere noch nicht einmal ein Prozent. Im bayerischen Landkreistag mache man sich bereits Gedanken, ob auch unter dem Aspekt der Gleichbehandlung eine Zuweisungsregelung an die Gemeinden umsetzbar wäre. Zudem spreche man über eine zeitlich begrenzte Bleibepflicht nach der Anerkennung der Asylbewerber, um eine "Völkerwanderung" innerhalb Deutschlands zu vermeiden.

Das wichtigste Anliegen ist Marr aber, dass endlich der Hebel dort angesetzt wird, wo das Problem entsteht. In den Heimatstaaten der Flüchtlinge und in den Flüchtlingslagern vor Ort müsse Europa aktiv werden, um den Zustrom abebben zu lassen.