Vier Tage lang standen die Zehntklässler der Mittelschule Küps unter Dauerstress: Von A bis Z haben sie ein Projekt bearbeitet. In ähnlicher Form wird ihnen diese Übung auch in ihren Abschlussprüfungen zur Mittleren Reife begegnen.
Ein wenig abgekämpft sind die drei. Hinter Natascha Demel, Katrin Görl und Jana Hader liegen vier anstrengende Tage. Genauer gesagt, war es die Probe für den Ernstfall: Fast die ganze Woche haben die Zehntklässlerinnen der Mittelschule Küps, die im Sommer ihre Mittlere Reife machen wollen, an ihrer Projektprüfung gearbeitet, die ihnen in ähnlicher Form bei ihren Abschlussprüfungen wieder begegnen wird.
Hinter der Projektprüfung verbirgt sich einer der jüngsten Einfälle des bayerischen Kultusministeriums. Zum zweiten Mal ist sie heuer fester Bestandteil der Abschlussprüfung der bayerischen Mittelschüler, die entweder die Mittlere Reife oder den Qualifizierenden Hauptschulabschluss erreichen wollen. Binnen vier Tagen müssen die Schüler ein Projekt von A bis Z planen, in die Tat umsetzen und präsentieren.
Ob es sich um ein technisches, wirtschaftliches oder soziales Projekt handelt, können sich die Schüler aussuchen. Hinzu kommt ein allgemeines Referat aus dem Fach "Arbeit, Wirtschaft und Technik" (AWT).
Jana, Katrin und Natascha haben sich für den wirtschaftlichen Zweig entschieden. Die Aufgabe: Einen Kalender entwerfen, der die Tage bis zu den Abschlussprüfungen rückwärts zählt. Ihr Ergebnis hat wenig mit einem gewöhnlichen Kalender zu tun. An einem quer aufgehängten Ast baumeln rund 20 kleine Pakete, auf denen zum Beispiel "Noch 14 Wochen" steht. "Jedes Kästchen steht für eine Woche, und darin sind Glückskekse, in denen motivierende Sprüche über Schule und Bildung stecken. Die drei braunen Kästchen stehen für die drei Prüfungstage", erklärt Katrin.
Auf die Idee mit den Glückskeksen in den Päcken seien sie schnell gekommen, bestätigen die drei.
Mit dem Einfall war es jedoch nicht getan: Sie mussten die Kekse backen, das Internet nach passenden Sprüchen durchstöbern, den Kalender basteln, das Projekt dokumentieren und am Freitag präsentieren. Dazu kam ein Geschäftsbrief, den jede von ihnen verfassen musste. Nicht zu vergessen: das AWT-Referat.
Teamfähigkeit soll erlernt werden Jeder habe bei dem Glückskekskalender seine Ideen eingebracht, betont Natascha. Darauf komme es bei der Projektprüfung an, sagt Fachlehrerin Johanna Zeuß. "Gemeinsam sollen sie ein Projekt von Anfang bis Ende durchführen." Die Schüler sollen lernen, was heute in keiner Bewerbung fehlen darf - Teamfähigkeit. Genau das, was das bayerische Kultusministerium will.
Mit der praktischen Prüfung soll nach Angaben des Ministeriums der "Berufsorientierung eine größere Bedeutung zukommen, um dem besonderen berufsorientierenden Profil und dem handlungsorientierten Unterricht der Mittelschule gerecht werden zu können".
In Küps funktioniere das bereits gut, sagt Holger Pohl, Klassenlehrer von Jana, Katrin und Natascha. Seit vier Jahren betreut er deren M-Klasse, die auf die Mittlere Reife hinführt. "Das ist schon eine gewisse Verantwortung, dass es ein gutes Ende nimmt", sagt er, "aber so wie es aussieht, wird es das tun." Zwei Drittel seiner 22 Schüler hätten "nicht einen Vierer im Zwischenzeugnis", sagt er stolz.
An vier Tagen der Woche bis 15.30 Uhr Unterricht und der höhere Anspruch - das sei nicht immer leicht gewesen. "Die haben aber alle gelernt, dass bis 15.30 Uhr gearbeitet und nicht Party gemacht wird.
Sie wurden wirklich geschliffen, aber jetzt merken auch sie, dass es vorangeht." Schon jetzt, sieben Monate vor Ausbildungsbeginn, habe ein Drittel seiner Schüler Aussicht auf einen Ausbildungsvertrag. Einige Schüler bereiten sich darauf vor, kommendes Jahr auf die Fachoberschule zu gehen. Einer habe bereits die Prüfung zum Polizeibeamten bestanden, andere wollten Industriekauf frauen beziehungsweise -männer werden. Holger Pohl sieht sich bestätigt: "Das Niveau, das wir verlangen, passt. Das kriegen wir jetzt schon durch die Betriebe mit." Rektorin Silvia Krüger und Konrektor Hans-Peter Müller nicken zufrieden, während sie Holger Pohl zuhören.
"Kraftakt für die Schule" Dann meldet sich die Chefin zu Wort: Dadurch, dass die M-Klasse auch nachmittags Unterricht habe, habe die Schule "die Möglichkeit, einen umfangreichen Probelauf für die Projektprüfung zu
machen". Für die Schule sei das ein Kraftakt, ergänzt Konrektor Hans-Peter Müller, "weil viele Lehrer aus dem regulären Stundenplan herausgenommen werden müssen". Trotzdem, von der Projektprüfung ist er überzeugt. Genauso wie vom Prinzip der Ganztagsklasse. "Den meisten Regelschülern würde es gut tun, in eine Ganztagsklasse zu gehen", sagt Müller. Für diejenigen, die die Mittelschule nach neun Jahren verlassen, sei es oft schwierig, sich selbst zu organisieren. Was sein Vorschlag bedeuten würde, weiß Müller: "Wir bräuchten mehr Personal." Bis zu zwölf zusätzliche Stunden pro Ganztagsklasse wären einzuplanen.
Ja, manchmal seien die langen Tage stressig, gibt Katrin zu, "aber man gewöhnt sich daran". Die Vorbereitung auf die Projektprüfung habe sich für Jana, Katrin und Natascha jedenfalls gelohnt. "Da wir zu Dritt in der Gruppe waren, war es ganz gut machbar.
Wenn das in der Abschlussprüfung genauso gut läuft, schaffen wir das schon." Auch Natascha ist zuversichtlich und freut sich auf September. Unterschrieben sei zwar noch nichts, sagt sie schüchtern, aber es sehe gut aus, dass sie eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin machen kann.