Stefan Haufe geht 2020 in seine vierte Saison als künstlerischer Leiter der Rosenberg-Festspiele. Wie er seine drei Jahre in Kronach erlebt hat, schildert er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Vor drei Jahren sprang Stefan Haufe ins kalte Wasser. Nach dem Wirbel um die Kronacher Festspiele und der Trennung von zwei künstlerischen Leitern übernahm er das Ruder. Nun hat er seine dritte Saison absolviert und für 2020 unterschrieben. Im Gespräch geht er auf das Theater, Kronach und sich selbst ein. Ein Theater ist immer ein "Kind" seiner Macher. Wie viele Haufe-Gene stecken nach drei Spielzeiten in den Rosenberg-Festspielen?
Stefan Haufe: Ich glaube ziemlich viele - und das von Anfang an. Leute wie Anja Dechant und Axel Weidemann waren zwar schon im Boot, als ich kam, aber wir haben uns gleich im ersten Jahr super zusammengerauft. Im Künstlerischen habe ich das Gefühl, dass die ganze Sache von Anfang an meine war. Das andere ist die Infrastruktur; die ist nur sehr ... rudimentär. Was noch immer nötig und ein Prozess ist, genau diese Infrastruktur ein Stück besser aufzubauen. Außer einem kleinen Kostüm-Fundus war da ja nichts. Wie sehr kommt es für Sie auf Teamarbeit an?
Mir ist es wichtig, klarzumachen, dass Theater zwar eine hierarchische Struktur hat, es aber in großem Maße Teamarbeit ist, es immer ein Kreativteam gibt. Die vielen Beteiligten stellen gemeinsam ein Produkt auf die Beine. Regisseur, Dramaturg, Ausstatter. In Kronach ist es gezwungenermaßen eine Einzelkämpfer-Position, weil ich dieses Team in diesem Maß nicht habe und gucken muss, dass ich mir mit den eingeschränkten finanziellen Mitteln, diese Kräfte punktuell heranziehe. Das ist manchmal ein ziemlicher Spagat. Die Zugabe "Dinner for Chef" hat gezeigt, dass Sie eine pfiffige Rasselbande um sich geschart haben. Gibt's trotzdem auch mal Theater hinter den Kulissen des Theaters?
Das Plus dieser Festspiele ist, dass es genau das nicht gegeben hat. Und es ist das große Glück dieser Truppe, dass die Leute untereinander ein unglaublich großes Vertrauen gefunden haben sowie eine unglaublich große Lust darauf, miteinander zu arbeiten. Die Schauspieler kriegen weniger als bei vielen anderen Festspielen und müssen mehr dafür arbeiten. Ich weiß aber, dass die Leute, wenn es in ihren Zeitplan passt, sehr gerne kommen; es macht ihnen einen unglaublichen Spaß, in Kronach zu arbeiten. In welche Rolle Ihrer drei diesjährigen Stücke würden Sie selbst am liebsten schlüpfen?
Das ist ein bisschen schwierig zu sagen, weil ich mir selbst gar nicht anmaßen möchte, den Hauptmann von Köpenick zu spielen. Es ist eine genial schöne Rolle gewesen, die ein Gregor Nöllen mit solcher Bravour da oben hingestellt hat. Aber es ist natürlich die gehaltvollste Figur, die wir in den drei Jahren hatten. So eine Rolle käme für mich ohnehin nicht in Frage, weil ich eher ein Theatermacher bin. Ich komme vom Tanz und der Choreografie, bin aber kein ausgebildeter Schauspieler. Haben Sie sich durch die Arbeit in Kronach verändert?
Theater ist ein Business, in dem man durch Learning by Doing sehr weit kommen kann. Von den Schauspielern lernt man als Regisseur am meisten. Insofern habe ich mich als Regisseur in den drei Jahren sicherlich künstlerisch sehr weiterentwickelt. Aber an meiner Haltung zum Theater oder dem Umgang mit den Menschen hat sich nichts geändert. Wie hat sich Kronach aus Ihrer Sicht verändert?
Es sind die typischen Dinge, mit denen eine Stadt wie Kronach kämpft, wenn zum Beispiel Geschäfte schließen. Ich sehe im dritten Jahr den dritten Gastronomen da unten im Anflug (deutet in Richtung ehemalige "Mama Mia"; Anm. d. Red.). Erschüttert bin ich, dass Loewe in Insolvenz ging. Ich versuche den Menschen ein bisschen Lebensqualität zu bringen und bin dann natürlich sehr betroffen, wenn Dinge passieren, die den Menschen das Leben sehr schwer machen. Aber vielleicht ist es in so einer Situation umso wichtiger, dass es uns da oben auf der Festung gibt. Das ist vielleicht auch der richtige Ansatz, um über den Wert von Kultur nachzudenken. Was ich an Positivem mitbekommen habe, ist sowas wie die Festungsstraße oder die Entstehung des Jufa-Hotels. Ein Highlight war natürlich die Hollywood-Präsenz letztes Jahr - und wir waren mittendrin. Das war klasse. Wie sehr ist Theater heute eine Generationenfrage?