Kronacher erlebt Hurrikan "Irma" hautnah mit

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Große Teile Cape Corals standen unter Wasser. Foto: privat
Große Teile Cape Corals standen unter Wasser. Foto: privat
Laubbäume hatten dem Hurrikan nicht viel entgegenzusetzen. Als deutlich anpassungsfähiger zeigten sich hingegen Palmen - von ihnen müssen die Straßen nun nicht befreit werden. Foto: privat
Laubbäume hatten dem Hurrikan nicht viel entgegenzusetzen. Als deutlich anpassungsfähiger zeigten sich hingegen Palmen - von ihnen müssen die Straßen nun nicht befreit werden. Foto: privat
 
Besondere Situationen erfordern besonderen Einfallsreichtum: Fatima Nenninger kochte kurzerhand über Holzfeuer auf dem Grill. Foto: privat
Besondere Situationen erfordern besonderen Einfallsreichtum: Fatima Nenninger kochte kurzerhand über Holzfeuer auf dem Grill. Foto: privat
 
Diether Nenninger (rechts) und sein Sohn Christian vor dem Generator, der die Familie mit Strom versorgt. Foto: privat
Diether Nenninger (rechts) und sein Sohn Christian vor dem Generator, der die Familie mit Strom versorgt. Foto: privat
 
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Am Sonntag zog der Wirbelsturm über die Westküste Floridas und hinterließ eine Spur der Verwüstung.

Die Sonne scheint, als wäre nichts passiert: Angenehme 28 Grad zeigt das Thermometer am Dienstagmorgen im beliebten Ferienort Cape Coral (USA) an. Fast wie immer, denn warme Temperaturen sind im Südwesten Floridas am Golf von Mexiko eigentlich ebenso garantiert wie ein blauer Himmel. "Jetzt herrscht traumhaftes Wetter, es ist ein wunderschöner Morgen", erzählt Diether Nenninger, als unsere Redaktion ihn über das wackelige Handynetz erreicht.

Seit 2002 wohnt der gebürtige Kronacher zusammen mit seiner Frau Fatima dort, wo andere Urlaub machen. Die beiden Söhne sind inzwischen ausgezogen, um zu studieren.


Flexible Palmen

Sonntagabend allerdings war nichts wie immer. Am Himmel dominierten Farben, die im dunkleren Bereich der Farbpalette zu finden sind. Mit Windgeschwindigkeiten von an die 200 Stundenkilometer zog Hurrikan "Irma" über die Westküste des sogenannten "Sunshine State" und hinterließ eine Spur der Verwüstung - auch in Cape Coral. "Das Schlimmste sind draußen die Überflutungen und die umgeknickten Bäume", sagt Nenninger. Betroffen seien vor allem Laubbäume, während Palmen kaum betroffen waren. "Wahrscheinlich sind die flexibler", schätz der 77-Jährige.

Im Umfeld seines Hauses sei Irma aber "zum Glück nicht mehr so stark" gewesen. "Hier sind nur ein paar Bäume umgeflogen." Einer der Gründe dafür: Seine Familie wohnt in einem Neubaubereich, für das bereits neue Bauordnungen galten. Die Häuser sind daher bereits gegen Hurrikans geschützt oder haben ihnen deutlich mehr entgegenzusetzen.

In der Altstadt des 180 000 Einwohner großen Ortes sah das hingegen deutlich anders aus. "Die ist von der Nationalgarde komplett abgesperrt", sagt Nenninger. "Wohl auch, damit keine Gaffer hineinkommen." Denn aus Steinhäusern wie Nenninger eines besitzt, besteht Cape Coral nur zur Hälfte. Die anderen 50 Prozent sind sogenannte "Frame Houses". Häuser, die größtenteils aus einem Holzgerüst sowie Rigipsplatten bestehen - und Hurrikans wenig entgegenzusetzen haben.


Eine trügerische Ruhe

Mit Hochwasser, das Stürme solch einer Größenordnung mit sich bringen, kennt sich der Ferienort übrigens bestens aus. Gleich ein Drittel der Häuser liegt an einem Kanal, um so per Boot schnell zum Golf hinauffahren zu können. "Wenn der Wind von Westen kommt und gerade Flut ist, wird das Wasser reingedrückt und der Fluss tritt über", erklärt Nenninger. Daher stehen viele Gebäude auch erhöht auf Pfeilern und sind so vor Hochwasser geschützt.

Im Wissen, weitestgehend geschützt zu sein, verzichtete die Familie Nenninger darauf, vor dem Hurrikan zu fliehen. Den Ablauf des Sonntagabends wird Nenninger wohl dennoch nicht so schnell vergessen. "Erst geht das Radio aus, dann wird der Wind immer lauter und schließlich peitscht der Regen gegen das Haus", erinnert der der Exil-Kronacher. Nach einer halben Stunde komme schließlich das Auge des Hurrikans. "Dann ist es praktisch windstill und es herrscht totale Ruhe."

Es ist eine trügerische Ruhe. Ist der Rand des Auges erreicht, kommt der Wind wieder. "Da rasseln dann die Jalousien und irgendwann fällt plötzlich der Strom aus", so Nenninger. "Man ist zwar vorbereitet, aber man ist das alles halt nicht gewohnt.

Die Vorbereitung begann bereits Tage bevor "Irma" eintraf. Fleisch wurde angebraten, um es nur noch aufwärmen zu müssen oder zur Not auch kalt essen zu können, dazu ausreichend Trinkwasser und Obst gebunkert. Das Wasser für die WC-Spülung stammt aus dem Pool und muss mit Eimern ins Badezimmer befördert werden.
Auch ein benzinbetriebener Generator sorgt derzeit dafür, dass die Situation deutlich angenehmer auszuhalten ist. Er versorgt nicht nur Kühlschrank und Herdplatten mit Strom, sondern sorgt auch für Licht im Wohnzimmer und Bad. Selbst das Internet steht teilweise zur Verfügung. Nenninger schätzt, dass es noch drei bis vier Tage dauern wird, ehe der Strom wieder wie gewohnt zur Verfügung steht: "Erst sind die Krankenhäuser wieder am Netz, dann die Geschäfte und schließlich die Haushalte."

Auf die Klimaanlage, die Luft im Haus normalerweise auf kühle 20 Grad bringt, müssen die Nenningers hingegen verzichten. Und wie fällt das Fazit nach dem überstandenen Hurrikan aus? "Ich würde jetzt vielleicht nicht sagen, dass die Situation romantisch ist, aber sie ist interessant", findet der 77-Jährige, der bis vor wenigen Jahren noch einen Betrieb für Heizungs- und Sanitärbedarf führte. "Da sieht man erst mal, wie gut wir es sonst haben. Denn durch die Zivilisation sind wir schon sehr verwöhnt."