Gefangener des Systems
Burdich beschreibt Löwenstein als einen äußert umgänglichen Menschen: "Ich schätze ihn sehr." Er höre zu und erfasse schnell Probleme. Letztlich sei er aber ein Gefangener des Systems. "Allgemein sind die Geschäftsführer bei Helios Sachverwalter im Auftrag des Konzerns", erklärt Burdich, was er damit meint. Geschäftsführer, die auch mal querdenken, seien ihm bisher jedenfalls noch keine untergekommen.
Als Sachverwalter sieht sich Löwenstein allerdings nicht. "Ich habe natürlich keine Narrenfreiheit. Aber es ist ein dezentraler Ansatz", sagt er. Geschäftsführer hätten bei Helios viele Gestaltungsfreiräume. "Und da, wo ich sie nicht habe, ist es sehr hilfreich." Etwa gebe es regelmäßige Fachgruppentreffen, bei denen Angestellte aus allen Helios-Kliniken zusammenkommen. "Dort können wir etwa über Erfahrungen mit anderen Anbietern berichten und besprechen, wie wir Prozesse oder die Ausstattung verbessern können."
Verbesserungsbedarf sieht Burdich unter anderem auch in der Bereitschaft der Klinik. "Wir sind immer noch ein Krankenhaus, das den Versorgungsauftrag, den der Landkreis eigentlich hätte, nicht erfüllt", findet er. Sowohl in der Kardiologie als auch in der Gastroenterologie habe es zuletzt keine 24/7-Bereitschaft gegeben - also eine Erreichbarkeit rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche. "Aber das braucht man unserer Meinung nach für die Grundversorgung."
"Wir basteln daran"
Daran werde sich bald etwas ändern, verspricht Löwenstein. Dass das Herzkatheterlabor im Spätsommer 2018 phasenweise abgeschaltet werden musste, habe daran gelegen, dass es noch viele junge Mitarbeiter gab, die erst noch angeleitet werden mussten. "Aber die sind jetzt alle sehr gut ausgebildet." Seit Oktober des vergangenen Jahres habe es daher durchgehend eine 24/7-Bereitschaft zur Verfügung gestanden. Mudather Gailani, dem neuen Chefarzt der Kardiologie, sei eine solche auch sehr wichtig. "Dr. Gailani und ich sind einer Meinung, dass das Herzkathederlabor auch in Zukunft rund um die Uhr zur Verfügung steht", so Löwenstein.
Eine Abmeldung solle nur noch vorgenommen werden, wenn es auch im Sinne der Patienten ist. Beispielsweise wenn ein CT-Gerät gewartet werden muss. "Wenn es gut gemacht wird, sind Abmeldungen nichts Schlechtes. Doch nicht abgemeldet zu werden, bleibt mein höchstes Bestreben", verspricht er. Für die Gastroenterologie gelte dasselbe. Auch hier wolle die Klinik das Maximale anbieten. "Aber wenn wir den Facharzt nicht dahaben, würden wir sie abmelden." Dass bei dieser eine 24/7-Bereitschaft noch nicht möglich ist, sei jedoch kein Grund zur Sorge: "Aber wir basteln daran, dass wir schnell wieder bei 24/7 sind."
Fachabteilungen stärken
Und wie sieht es mit neuen Abteilungen aus? Wäre es denkbar, eine schon von vielen Stimmen geforderte Palliativstation einzurichten? Als ausgebildeter Sterbebegleiter, stehe er solchen Überlegungen "sehr aufgeschlossen" gegenüber, sagt Löwenstein. Trotzdem gelte es zunächst, die vorhandenen Fachabteilungen zu stärken. "2019 ist nicht das richtige Jahr, um zu neuen medizinischen Ufern aufzubrechen."
Ein großes Aushängeschild der Klinik sei etwa die Geburtshilfestation. Dass mit Gabriel Stoinescu gerade erst ein neuer Chefarzt eingestellt wurde, sei als Zeichen zu verstehen, weiter auf die Gynäkologie und Geburtshilfe zu setzen. Gerne würde er zukünftig über mehr Geburten berichten, als über die 430 des vergangenen Jahres. "Dafür müssen wir aber die Beziehung zu den Bürgern stärken, damit die Kronacher ihre werdenden Mütter auch hierhin schicken", fordert der neue Geschäftsführer.
Ein Vorhaben, das allerdings einige Jahre dauern könnte. Passt das zu der bisher eher überschaubaren Wirkungsdauer der Helios-Geschäftsführer? Löwenstein hätte nichts dagegen mit der "Tradition" zu brechen: "Ich würde gerne auch länger in Kronach bleiben."