Ein Mann aus dem Landkreis Kronach wurde angeklagt, seinen Penis vor seiner Kollegin entblößt zu haben. Bei der Urteilsverkündung sprach Richter Markus Läger vom Kronacher Gericht von einem "äußerst komplizierten Fall".
Ein 33-Jähriger wurde beschuldigt, sich am Arbeitsplatz dreimal vor seiner Kollegin entblößt zu haben. Der Angeklagte stritt die Vorwürfe ab. "Ich bin zu keiner Zeit ihr gegenüber getreten und habe meinen Penis entblößt", behauptete er gestern Nachmittag im Sitzungssaal des Kronacher Amtsgerichts. Die exhibitionistischen Handlungen sollen sich im Oktober vergangenen Jahres zugetragen haben.
Beim ersten Mal soll der 33-Jährige mit einer Schreibmappe ins Büro der 31-Jährigen gekommen sein und dabei seinen Penis aus der Hose hängen haben lassen. "Die Kollegen waren nicht da", schilderte die Zeugin die Tat aus ihrer Sicht. Der Chef habe im Büro nebenan bei geschlossener Tür telefoniert.
"Der Angeklagte machte einen ganz normalen Eindruck. Er hat regungslos geschaut", sagte die Zeugin. Sie sei geschockt gewesen, habe gewartet, bis er das Büro wieder verlassen hatte und sei anschließend ins Büro ihres Chefs gegangen, um ihm davon zu erzählen.
Einige Tage später soll sie nach der Mittagspause durch den Flur gelaufen sein. Der Angeklagte soll sie kurz aufgehalten haben, um ihr zu sagen, dass sie den Konferenzraum aufräumen solle. Dabei stand er hinter einem Tresen. Als sie weiter nach oben lief, soll er sie nochmal gerufen haben. Die 31-Jährige habe sich umgedreht, schildert sie. "Er stand mit den Händen in die Seiten gestützt da", sagte sie. Dabei soll er weder eine Hose noch eine Unterhose getragen haben. Die beiden seien alleine gewesen. Die Frau vertraute sich erneut kurz nach der angeblichen Tat ihrem Chef an. Dieser schlug vor, sie bei einer Ärztin untersuchen zu lassen. Diese stellte laut des verlesenen Attests fest, dass die Frau in ihrer Praxis unruhig war und stark geweint hat.
Zwei Tage später sei es zum dritten Vorfall gekommen. Der Angeklagte soll den Gang vor ihrem Büro vorbeigelaufen sein. Auch hier soll er sein Glied aus der Hose heraushängen gelassen haben. Auch in diesem Fall seien die beiden alleine gewesen.
Was könnten die Gründe sein? Der Angeklagte schilderte dem Gericht, dass er nicht mehr wisse, was sich an diesen Tagen abgespielt haben könnte. Auch wisse er nicht konkret, weshalb ihm die Kollegin diese Taten zur Last lege. Er habe nur einige wenige Anhaltspunkte.
Er habe mit dem Vorgesetzten Meinungsverschiedenheiten gehabt. Dabei soll es um eine Fortbildung gegangen sein, die die Kollegin aus Sicht des Angeklagten nicht unbedingt benötigt hatte. Außerdem wurde ihr Arbeitsverhältnis in eine unbefristete Stelle umgewandelt. "Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht in Ordnung finde."
Zudem warf er seinem Vorgesetzten und der Kollegin vor, mehrfach gemeinsam unterwegs gewesen zu sein. Der Vorgesetzte habe die Kollegin auf Termine mitgenommen, bei denen sie "sachlich" nichts dazu beitragen konnte. Der Angeklagte vermutete mehr als nur ein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen. Im Kollegenkreis habe man darüber gelästert, schildert er dem Gericht.
Sowohl die Kollegin als auch der Chef, der als Zeuge aussagte, bestritten diese Vorwürfe. Beide betonten, dass es sich um ein sehr gutes kollegiales Verhältnis handle. Sie seien nach gemeinsamen Terminen hin und wieder einen Kaffee trinken gewesen. Auch habe der Chef die Kollegin an ihrem Geburtstag besucht. Mehr als das sei aus Sicht der beiden nicht gewesen.
Der Verteidiger Till Wagler stellte einen Antrag auf einen Augenschein-Termin. Er zweifelte, dass die Lichtverhältnisse im Gang beim dritten Fall es überhaupt möglich machten, dass die 31-Jährige etwas gesehen haben könnte. Der Richter lehnte dies ab. Es sei in der Mittagszeit passiert, zudem soll es in dem Flur ein großes Fenster geben.
Glaubhaftigkeit der Zeugin Staatsanwältin Michaela Häublein glaubte den Aussagen der Zeugin, wie sie in ihrem Plädoyer schilderte. Es gebe keine Unstimmigkeiten zwischen den Aussagen der 31-Jährigen und ihrem Chef. Auch einen Belastungsgrund erkenne sie nicht.
Der Angeklagte sei bisher nicht straffällig geworden. Staatsanwältin Heublein plädiert für eine Geldstrafe: 100 Tagessätze von jeweils 90 Euro.
Verteidiger Wagler sah die Lage anders. "Der Ansatzpunkt ist falsch. Sie sprechen nur von der Glaubwürdigkeit der Zeugen." Die beiden Beteiligten sagen gegensätzlich aus. Der Chef sei in allen drei Fälle nicht anwesend gewesen. Es stehe somit Aussage gegen Aussage. "Genauso gut könnte man fragen: Ist jemand so wahnsinnig, so etwas zu tun?" Auch war er der Meinung, dass nicht alle Randumstände genau geprüft worden sind, beispielsweise die Lichtverhältnisse in dem Gang. "Wenn jemand schnell läuft, kann man es gar nicht gesehen haben." Wagler forderte daher einen Freispruch.
Das Urteil Eine Stunde später folgte das Urteil. Der Richter glaubte der Zeugin. Er habe keinen Zweifel an ihrer Aussage. Zudem sehe er die möglichen Motive für eine Lüge als unbegründet an. "Man merkte, der Zeugin war es unangenehm."
Der Angeklagte hat sich laut des Urteils in drei Fällen strafbar gemacht. Der Richter sprach ihn schuldig und verurteilte ihn zu 90 Tagessätzen zu jeweils 50 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.