Nach einer Talkshow im Ersten distanzierte sich die JU Oberfranken um ihren Kronacher Vorsitzenden Jonas Geissler von einer konservativen Gruppierung innerhalb der CSU. Aus deren Lager hallten heftige Vorwürfe zurück.
Das Maß ist voll für Jonas Geissler. Als CSU-Mitglied David Bendels die AfD in der Talkshow "Menschen bei Maischberger" hoffähig macht und selbst eine zukünftige Koalition nicht ausschließt, ist für den Kronacher Stadtrat und JU-Bezirksvorsitzenden Geissler die Zeit gekommen, sich deutlich zu Wort zu melden.
"Schon während der Sendung habe ich SMS- und Whatsapp-Nachrichten bekommen; die Leute haben sich beschwert, haben geschrieben, das so etwas doch nicht gehe", erinnert sich Geissler an einen unruhigen Fernsehabend. Über die sozialen Medien hat er für die oberfränkische Junge Union Abstand genommen von den Äußerungen Bendels, der nicht für die Partei gesprochen habe, wie Geissler betont.
Kein Sprecher der CSU
Der Studiogast habe nur seine persönliche Ansicht und die einer Splittergruppierung in der CSU namens "Konservativer Aufbruch" (KA) dargestellt. "Da hast Du jemanden, der krude Ansichten vertritt, die aber nicht mehrheitsfähig sind", ärgert sich Geissler, dass Bendels - ein Mann ohne Parteiamt oder gewonnene Wahl - dann dennoch in der Sendung als offizieller CSU-Vertreter rüberkam.
Dass die AfD als denkbarer Koalitionspartner legitimiert wurde, erschreckt Geissler. Heute sei die AfD nicht einmal mehr so nebulös in ihrer Haltung wie zu Lucke-Zeiten zu sehen. Der JU-Bezirksvorsitzende erkennt bei dieser Partei inzwischen deutliche Tendenzen nach rechts. "Es ist, als ob man sagen würde, die Republikaner sind ein politischer Mitbewerber", zeigt Geissler wenig Verständnis für die Haltung des KA-Vertreters.
Heute noch AfD zu wählen, geschehe entweder aus Protest oder es sei schon sehr deutschtümelig, betont der Kronacher. Umso mehr freut er sich, dass er persönlich auf seine Kritik an Bendels und der KA durchwegs positive Resonanz erfahren habe. "Endlich sagt's mal einer", sei der Tenor gewesen.
Klare Kante zeigen
Genau wegen seiner öffentlichen, deutlichen Stellungnahme ist es für Geissler auch schwer nachvollziehbar, dass er nun von Seiten des KA in der Öffentlichkeit als "Karrierist ohne klare Kante" dargestellt wird. "Da wird gleich die Keule ausgepackt", schimpft er über "plumpeste Anfeindungen", die er und Gleichgesinnte nun erfahren. Er erzählt von vielen Malen, in der er und die JU Oberfranken schwierige Themen aufgegriffen hätten. Und man habe auch immer wieder Positionen bezogen, die parteiintern für Kritik gesorgt hätten.
Daher macht er bei sich und seiner Gruppierung "eine sehr klare Kante" aus.
Trotzdem will er den KA-Mitgliedern nicht generell ihre politischen Befähigungen absprechen. "Da sind auch Leute dabei, die schon in der Verantwortung stehen. Aber es sind eben auch viele Frustrierte dabei - und das sind die, die schießen." Was jedoch überhaupt nicht akzeptabel sei, das sei, einen politischen Dialog, beispielsweise mit den Grünen, zu ächten, auf der anderen Seite aber die AfD salonfähig zu machen.
Das sagen Kronacher Politiker
Das sagen politische Wegbegleiter und Mitbewerber zu Jonas Geissler und der Situation nach dem Maischberger-Talk:
Jürgen Baumgärtner (CSU-Kreisvorsitzender): "In dieser Sache verrenkt sich der Konservative Aufbruch", meint Baumgärtner.
Wenn die Gruppierung etwas erreichen wolle, solle sie sich in den Parteigremien einbringen und keine Medienshow abziehen. "Bei der Auswahl ihrer Studiogäste hätte ich von Sandra Maischberger - die ich sehr schätze - allerdings etwas mehr Seriosität erwartet", so der Kreisvorsitzende. Bendels könne natürlich als Einzelperson im Fernsehen sprechen und seine Meinung äußern. Doch Baumgärtner unterstreicht: "Nichts legitimiert ihn dafür, für die CSU zu sprechen." Für die Partei sei es wichtig, dass sie von jeher verschiedene Strömungen in ihren Reihen habe - "wir sind ja eine Volkspartei". Was es aber noch nie gegeben habe, sei, dass eine Strömung so aggressiv gegen die eigene Partei vorgehe. "Die AfD war, ist und bleibt kein Gesprächspartner", sagt Baumgärtner weiter. Und er betont: "Jonas Geissler ist ein fleißiger JU-Mann.
Dass er ein angepasster Karrierist ist, kann man ihm sicher nicht vorwerfen."
Sven Schuster (SPD-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat Kronach): "Ich habe Jonas Geissler im Rat schon als jemanden erlebt, der eine Meinung vertreten kann und der auch schon gegen seine Partei gestimmt hat", erklärt Schuster. Und dass sich Geissler zu Wort melde, sei in einem demokratischen Staat in Ordnung. "Man kann sich als Bundesbürger zu jedem Thema äußern."
Michael Zwingmann (FW-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat Kronach): "Damit, dass man rechtspopulistische Parteien nicht unterstützen darf, hat Jonas Geissler recht", stellt Zwingmann klar. Natürlich gebe es in Deutschland politischen Handlungsbedarf, aber Parolen seien da keine Hilfe, wendet er sich an rechtspopulistische Kräfte.
Zu Geissler sagt er: "Ich kenne ihn schon als einen, mit dem man diskutieren kann, der eine politische Linie hat."
Kommentar von Marco Meißner
Der Aufbruch sucht nach seiner Bühne
Eine fehlende klare Kante mahnt der "Konservative Aufbruch" beim JU-Bezirksvorsitzenden Jonas Geissler an. Parteikollegen, Mitbewerber, aber auch wir Journalisten haben Geissler unter anderem im Kronacher Stadtrat schon anders erlebt. Da ist er durchaus ein Freund klarer Worte - auch wenn seine Ansichten von der anderen Seite nicht geteilt werden. Pflegeleicht ist anders. Doch die Wortwechsel sind bisher sachbezogen und oberhalb der Gürtellinie ausgetragen worden.
Dass er in seiner Partei Ämter erreicht hat, nutzen der KA und seine Sympathisanten nun dazu, Geissler im Internet als aalglatten Karrieristen darzustellen.
Ok, der Kronacher hat in den Reihen seiner Partei schon Posten erreicht. Das ist ja auch legitim. Die Frage, ob es sein Ziel ist, weiter auf dieser Leiter zu klettern, kann letztlich nur er beantworten.
In einer völlig von diesem Thema abgetrennten Diskussion nun aber diese Erfolge als Argument zu nutzen, warum die Meinung Geisslers und seiner Gruppierung parteiintern nichts wert sein soll, klingt sehr nach gekränktem Stolz. Und es klingt nach einer Splittergruppe, die selbst nicht im Rampenlicht steht und verzweifelt nach einer Bühne für sich sucht.