Andrea Engelhard ist gebürtige Kolumbianerin und hat gemeinsam mit ihrer elfjährigen Tochter eine Spendenaktion für die Flutopfer in Kolumbien gestartet.
Für Pablo Ayala und seine Frau Maria aus Puerto Asis im südwestlichen Kolumbien sollte es nur ein Ausflug in die 60 Kilometer entfernte Stadt Mocoa werden. Den Arzttermin wollten sie mit einem Besuch bei ihrer Tochter, dem Schwiegersohn und den zwei Enkeln verbinden. Doch der Besuch endete in einer Tragödie.
Es war Anfang April. Der 52-Jährige und seine Frau kamen abends bei ihrer Tochter an. Laut des Landwirts regnete es so viel wie noch nie zuvor. Kurz vor Mitternacht war plötzlich der Strom weg. Die Leute auf den Straßen fingen an zu schreien: "Erdrutsch. Verlasst die Häuser." Alles war dunkel. Die Wassermassen nahmen die Häuser in Beschlag. Pablo und seine Familie rannten nach draußen. Der 52-Jährige kehrte mit seinem vierjährigen Enkel noch einmal zurück zum Haus, um sich und dem Kleinen Schuhe anzuziehen. Plötzlich kam eine Schlammlawine, die auf seine Familie zurollte. "Ich sah zu, wie meine Familie hinweggerafft wurde. Ich fühlte mich nicht in der Lage, irgendetwas dagegen zu unternehmen", sagt Pablo.
Spenden für zwei Familien
Als Andrea Engelhard von Pablos Schicksal erzählt, wird ihre Stimme brüchig. Tränen sammeln sich in ihren Augen. Pablo gehört zu einer der zwei Familien, denen Andrea Engelhard mit den Spenden hilft. "Die Leute in Mocoa haben alles verloren. Ganze Familien wurden ausgelöscht", erzählt die gebürtige Kolumbianerin, die vor 16 Jahren durch ihren Mann Florian Engelhard nach
Kronach kam. Unter den mehr als 300 Menschen, die durch die Schlammlawine Anfang April ums Leben kamen, waren auch ihre Großcousine und deren achtjährige Tochter.
Pablo lief nach der Schlammlawine zu einem zweistöckigen Haus, in dem er mit seinem Enkel bis zum nächsten Morgen blieb. "Das Haus meiner Tochter war wie vom Erdboden verschluckt. Es war nichts mehr davon übrig", erzählt der fünffache Vater. Er ging raus, um seine Familie zu suchen. Nach zwei Tagen fand er die Leichen seiner Frau, seiner Tochter und seines Schwiegersohns. Sein Enkel bleibt verschwunden.
Ein Bild der Verwüstung
Eingestürzte Brücken, zerstörte Häuser und überall Schlamm - ein Bild der Verwüstung. "Am Anfang durfte niemand in die Stadt wegen dem beißenden Leichengeruch", erzählt Andrea Engelhard. Die Naturkatastrophe traf die Kolumbianerin und ihre Familie mitten ins Herz. Als die elfjährige Tochter Antonia Bilder vom zerstörten Mocoa im Fernsehen sah, wollte sie helfen. Sie bastelte eine Spendendose und warf gleich als erste 50 Euro von ihrem gesparten Geld rein.
In WhatsApp und über Facebook verbreitete Andrea Engelhard die Idee ihrer Tochter. "Es haben wahnsinnig viele Leute reagiert", sagt die Kolumbianerin. Innerhalb kürzester Zeit kamen knapp 2100 Euro zusammen. "Den Organisationen in Kolumbien kann man nicht vertrauen. Das Geld verschwindet einfach."
Spenden kommen direkt an
Deswegen schickte sie Ende April das gesammelte Geld an ihre Mutter und ihre Schwester, die in Kolumbien wohnen und die Spenden direkt an die Opfer weitergeben. Anfang Mai konnten die ersten Hilfsmittel und Essen davon gekauft werden. "Meine Mutter und meine Schwester haben zwei Familien ausgesucht. Für die sind wir sozusagen Paten", erklärt Andrea Engelhard. Töpfe, Elektroherde, Baumaterial und Lebensmittel - es fehlt den Menschen in Mocoa einfach an allem. "Die Leute weinen vor Freude, wenn meine Mutter und meine Schwester ihnen mit dem Geld Sachen kaufen", sagt Andrea Engelhard. Wenn sie darüber spricht, merkt man, wie nah ihr die Tragödie noch geht.
Jedem Spender wird, sobald der Name bekannt ist, der Eingang vom Geld auf das Konto bestätigt - das ist Andrea Engelhard und ihrer Familie wichtig. "Zudem schickt meine Schwester auch immer Bilder von den Familien und Quittungen von den Einkäufen, damit jeder nachvollziehen kann, was mit dem Geld passiert", erklärt sie.
Durch die Spenden haben Pablo und sein vierjähriger Enkel momentan zumindest wieder eine Grundausstattung und Lebensmittel, um zu überleben. "Die meisten Leute mussten lange auf Hilfe warten. Viele hatten nichts zu Essen und sind in der Zeit verhungert", sagt Andrea Engelhard, die weiter helfen will.
Hilfe für KolumbienSpendenkonto Wenn Spenden bei Andrea Engelhard eingehen, schickt sie diese komplett nach Kolumbien. Den Familien kann so direkt geholfen werden. Spendenkonto bei der Raiffeisenbank: IBAN: DE56 7736 1600 0000 0500 67, Verwendungszweck: Hilfe für Kolumbien.
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