Flüchtlinge: Keine "Kasernen" auf die grüne Wiese

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In der Kronacher Industeriestraße soll es keine Sammelunterkunft für Flüchtlinge geben. Foto: Marco Meißner
In der Kronacher Industeriestraße soll es keine Sammelunterkunft für Flüchtlinge geben. Foto: Marco Meißner
 
 

Kommunalpolitiker aus dem Landkreis sprechen sich gegen die Pläne von Alois Dechant für den Bau einer großen Sammelunterkunft aus.

Eine Idee des Weismainer Bauunternehmers Alois Dechant hatte elf Bürgermeister, den Landrat und den Abgeordneten zusammengeführt. Dechant hatte vorgeschlagen, in der Kreisstadt in der Industriestraße eine große Sammelunterkunft zu errichten. Er sprach zuletzt von Platz für etwa 160 Flüchtlinge in zwei Gebäuden gegenüber dem Kronacher Aldi-Markt. Ausgangspunkt der Planungen war jedoch ein Konzept für bis zu 500 Personen.
"Das Ergebnis ist: Sammelunterkünfte werden nicht größer als für 50 Personen ausgelegt - und auch da werden wir nochmal reden müssen", lautet Baumgärtners Fazit nach der Diskussion "in guter Atmosphäre". In solchen über den Landkreis verteilten Einrichtungen möchten die Diskussionsteilnehmer Platz für insgesamt etwa 200 Menschen bieten.
Auch der Weißenbrunner Bürgermeister Egon Herrmann (SPD) hält Massenunterkünfte für kontraproduktiv bei der Integration von Flüchtlingen. "Alle Bürgermeister waren sich einig, dass das Errichten so großer Einrichtungen ohne eine Einbindung der Bürgermeister und der Bürger nicht sinnvoll ist", erteilt auch er den Dechant-Plänen eine Absage. "Dass wir etwas tun müssen, ist klar", räumt Herrmann ein. Kleinere Einheiten machen da seiner Ansicht nach aber mehr Sinn, als "eine kleine Gemeinde" am Rande der Kreisstadt aus dem Boden zu stampfen. Mit diesen Überlegungen hört für Baumgärtner die Diskussion um die Zukunft der Flüchtlingsunterbringung im Landkreis allerdings noch lange nicht auf. Und er stellt auch klar, dass er die örtlichen Entscheidungsträger dabei mit in der Pflicht sieht. "Es ist wichtig, dass wir die Flüchtlingsherausforderung organisieren und managen", unterstreicht er, dass die Bürgermeister seiner Auffassung nach darin nicht bloß eine Regierungsaufgabe sehen dürfen, die man lediglich durchadministrieren muss.


Für Nachnutzung geeignet

So fordert er überschaubare Einheiten als Sammelunterkünfte, die später auch für eine Nachnutzung geeignet sein müssten. "Wir wollen keine Kasernen mit Sammelduschen", spricht er die Situation im Kreis Kronach an. Anderswo könne so etwas durchaus das richtige Konzept sein, für den Frankenwald aber nicht. Das liege daran, dass man auf Grund der Struktur des Landkreises bestrebt sein müsse, vor allem Flüchtlingsfamilien zugewiesen zu bekommen. Junge Leute werde man auf Dauer nicht hier halten können; sollten allerdings Familien kommen, die in der Region eine Perspektive sehen, könnte der Landkreis von der Situation profitieren. Das müsse die Politik auch der Regierung verdeutlichen. "Es muss nach oben kommuniziert werden, was wir schaffen können und was nicht", erklärt Baumgärtner - auch wenn man keinen direkten Einfluss auf die Zuweisung nehmen könne. Doch letztlich seien es die Politiker, nicht die Beamten, welche die Weichen in der Flüchtlingsfrage stellten. Die Politik mache die Vorgaben für die Behörden. Dort müsse der Hebel also auch angesetzt werden.
Baumgärtner fordert zudem eine Flüchtlings-Obergrenze für den Landkreis. 0,25 Prozent der Einwohnerzahl schweben ihm hierfür als Richtwert vor - mit einem kleinen Plus/Minus-Korridor. Das wären circa 275 Flüchtlinge pro Jahr. "Sowas halten wir auch aus."
Ob dieses Ziel erreichbar ist, daran zweifelt Herrmann noch. Diese Diskussion ist für ihn politisch motiviert, da man auf die Zuweisung keinen Einfluss habe. Vielmehr gehe es um eine menschenwürdige Unterbringung der Ankommenden. Das betreffe auch die kleineren Sammelunterkünfte, die man nun ins Auge fasse. Diese müsse man dort ansiedeln, wo die notwendige Infrastruktur schon vorhanden sei. Damit blieben eigentlich nur die größeren Kommunen als Standorte.
Landrat Oswald Marr (SPD) spricht davon, dass man zurzeit allerorten nach Möglichkeiten suche. Dabei ziele man nicht nur auf Bauplätze, sondern auch auf bestehende Gebäude ab. In Kronach gebe es bereits zwei, drei Überlegungen und in Küps habe sich ein verkaufswilliger Grundstückseigentümer gemeldet. Doch momentan sei alles noch in der Schwebe.
Das liege daran, dass erst einmal Verhandlungen geführt werden und dann auch noch die zuständigen Gremien entscheiden müssten. "Wir wollen ja nichts gegen die Gemeinden machen", betont der Landrat, "sondern mit ihnen". Eine Obergrenze für ankommende Flüchtlinge hätte der Landrat durchaus gerne. Allerdings sieht er in dieser Angelegenheit den Landtagsabgeordneten auf dessen Münchner Parkett in der Pflicht. Momentan stünden etwa 15 Flüchtlinge pro Woche vor der Landkreis-Tür. Somit weit mehr als das Doppelte dessen, was Baumgärtner vorschwebt.


Pläne nicht aufgegeben

Alois Dechant hält derweil Einheiten für weniger als 80 Personen für nicht sinnvoll. Größere Unterkünfte unterstützen in seinen Augen sogar eine schnellere Integration. Außerdem übernehme die Regierung dann die Verantwortung für die Unterbringung, was die Kommunen entlasten würde (Baumgärtner sprach von einer Übernahme ab 50 Personen). Auch rechnet Dechant nicht mit einer schnellen Umnutzung: "Die nächsten 20, 30 Jahre wird es die Flüchtlingsströme geben." Wogegen er sich zudem wehrt, ist es, als Profithai abgestempelt zu werden.
Trotz des neuen Sachstandes will sich Dechant weiter um eine Lösung bemühen, die auch in Kronach auf Gegenliebe stößt. Aber er betont erneut, dass Gebäude für weniger als 80 Personen für ihn kein Thema seien.