Genüsslich beißt Pater Obergfell in den Krapfen. Doch ab heute ist's vorbei mit solchen Leckereien. Was Fasten bedeutet, muss jeder für sich selbst herausfinden, erklärt er. Man sollte sich aber wieder die Freude am Leben bewusst machen. Fotos: Vanessa Schneider
Pater Stefan Obergfell ist erst mit 39 Jahren zum Priester geweiht worden. Fasten bedeutet für ihn mehr als Verzicht.
Pater Stefan Obergfell isst gerne Krapfen. Doch in den kommenden Wochen wird er auf Süßigkeiten verzichten. "Bei uns gibt es keinen Nachtisch", erklärt der Leiter des Kronacher Oblatenklosters St. Heinrich. Früher hat er sich mit der Fastenzeit schwerer getan. Aber nicht wegen der Krapfen. Pater Stefan Obergfell ist ein Spätberufener. Erst mit 27 Jahren entschied er sich dazu, seinen Glauben auch beruflich auszuleben. Zuvor war er Drucker, wollte irgendwann heiraten und ging gerne tanzen. "Es war radikal. Ich wollte einen neuen Weg einschlagen."
Damals war für ihn das Fasten nach Fasching normal. Er besuchte keine Tanzveranstaltungen mehr bis Ostern. "Weil man das halt so macht", begründet der 52-Jährige sein Handeln. Den Sinn und das Ziel dahinter nahm er kaum wahr.
Keine Askese ohne Ziel Jetzt sei das anders. Mit 39 Jahren wurde Pater Obergfell zum Priester geweiht. Die Fastenzeit hat für ihn nun eine tiefe religiöse Bedeutung. "Es sollte keine Askese ohne Ziel sein."
Die Fastenzeit biete viele Chancen. "Der Körper braucht Zeiten, in denen er sich reduziert." Während des Jahres schlichen sich Gewohnheiten ein, die es es nach Fasching zu überdenken oder gar zu ändern gelte. Pater Obergfell rät, sich diese in der Fastenzeit bewusst zu machen und zu hinterfragen, was wesentlich für das eigene Leben ist. Essen allein sei damit aber nicht gemeint. Es gehe in der Fastenzeit auch um die Beziehung zu den Mitmenschen und zu Gott. Beispielsweise könne man sich in der Fastenzeit versöhnen, wenn man mit jemandem im Streit liege. Oder man ändere sein eigenes Verhalten, indem man öfter Nein sage.
Offen für Gottes Geist "Man soll neue Freude in sich entdecken und innerlich frei werden", erklärt Pater Obergfell. Dadurch sei man offen für Gottes Geist. Das Kirchenjahr ist ein Kreislauf und soll immer wieder in den Glauben hineinführen. Die Predigten und die Beichten seien für die Fastenzeit sehr wichtig. Sie unterstützen und bestärken den Fastenden. "Die Predigten geben eine neue Sichtweise auf die Dinge", erklärt Pater Obergfell. Damit könne der Anstoß geschaffen werden, länger auf diese Weise zu leben.
Doch wer nun sagt, er sei doch zufrieden und wolle gar nichts ändern? Zufrieden reiche nicht, erklärt Pater Obergfell. "Es lohnt sich, näher hinzuschauen. Man sollte sich fragen, ob man sich für etwas begeistern kann. Es gibt immer etwas Neues zu entdecken. Klage und Jubel gehören zum Leben dazu."
Fasching fehlt ihm Während für viele der Wechsel zwischen Fasching und Fastenzeit abrupt ist, verläuft der Übergang im Kloster sanfter. Pater Obergfell hat ihn schon in anderen Klöstern miterlebt. Auch dort gibt es die Tradition einer kleinen Feier. Manchmal fehlen Pater Obergfell aber die typischen Straßenumzüge. Früher habe er sich sogar mal freigenommen, um zu seiner Familie in den Schwarzwald zu fahren. Er mochte den harten Übergang vom Faschingsdienstag auf den Aschermittwoch.
Doch er freut sich auch auf die kommenden sieben Wochen, denn er mag die Vorbereitung auf Ostern, das wichtigste Fest im Kirchenjahr - Die Wiedergeburt Jesu wird gefeiert. Auch kulinarisch sieht es dann wieder anders aus. "Ich freue mich schon, den Frühstückstisch zu decken", sagt Pater Obergfell.